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In Blut geschrieben

In Blut geschrieben

Titel: In Blut geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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»Bob kennzeichnet seine Opfer mit einem Strichcode, er verwandelt sie in Konsumgüter, in Waren, die ihm dann offenbar gehören.«
    »Das kann ich nicht glauben, es muss noch etwas anderes geben …«
    »Möglicherweise«, meinte er und zuckte mit den Schultern.
    »Und die Skelette? Warum reduziert er sie zu Skeletten? Und dieses Paket, von dem Sie sprechen, warum tauschen sie die Teile aus?«
    »Wenn Sie etwas Neues haben, zeigen Sie es Ihren Freunden, oder? Genau das tun sie, denke ich. Das Fleisch und die Organe sind die Essenz des Lebens, verfallen aber nach kurzer Zeit, die Knochen sind haltbarer, enthalten Mineralstoffe, überdauern die Zeit. Ein Stück von jedem, um ein Leben zu symbolisieren. Genau weiß ich es natürlich auch nicht, das alles ist nur Theorie … Aber sie hat Hand und Fuß.«
    Angesichts dieser finsteren Betrachtungen ließ sich Annabel auf einen großen Stein sinken und streichelte den Hund.
    »Gut, und wie können wir Bob fassen?«, fragte sie mit leicht ironischem Unterton.
    »Auf dem Zettel, den ich gefunden habe«, fuhr Brolin fort, »wird ein Hof der Wunder erwähnt. Kennen Sie den?«
    Annabel musterte ihn mit einem seltsamen Leuchten in den Augen.
    »Der Hof der Wunder von Babylon. Ich habe davon gehört. Das können Sie vergessen.«
    Brolin runzelte die Stirn. Annabel erläuterte: »Das ist ein Mythos, nichts weiter, eine Legende.«
    »Und was besagt sie?«
    »Sie kennen doch diese Legenden, diese Geschichten, die jeder gehört, die aber niemand erlebt hat, für die es keine Beweise gibt. Wie, äh … wie diese Albinoalligatoren, die angeblich seit zwanzig Jahren in der Kanalisation der Stadt leben, die aber noch nie jemand gesehen hat. Diese Art Storys.«
    »Wo kann ich mich darüber informieren?«
    »Nirgends und überall, wie gesagt, es ist eine Geschichte, die erfunden wurde, um anderen Angst zu machen.«
    »Annabel, und wenn es nun keine Legende wäre?«
    Sie holte tief Luft und warf ihm einen ärgerlichen Blick zu.
    »Alle Polizisten von New York können Ihnen bestätigen, dass das nur Blödsinn ist … Aber wenn Sie unbedingt wollen, kann ich Sie mit einer Person bekannt machen, die daran glaubt. Sie hat mir davon erzählt, aber wenn Sie das hören, werden Sie entsetzt sein. Denn wenn es diesen Hof der Wunder wirklich gäbe, dann wäre es das Vorzimmer zur Hölle.«
    Lächelnd streckte sie ihm die Hand entgegen.
    Brolin ergriff sie und half ihr beim Aufstehen.
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    1 G-Men: Agenten des FBI

45
    Annabel fuhr bis zur Little Nassau Street, östlich von Fort Green. Die hohen Kräne des Brooklyn Navy Yard beherrschten das Hafenviertel. Die junge Frau hüllte sich in Schweigen und beantwortete keine von Brolins Fragen über den Hof der Wunder.
    Für einen Samstag war die Gegend eher ruhig. Werbeplakate und Graffiti bedeckten die Mauern wie eine zweite Haut. Sie hielten vor einer geöffneten Werkstatt, in der sich drei Afroamerikaner über dem Feuer in einem Eisenfass die Hände wärmten und sich dabei angeregt unterhielten. Auf die Wand gegenüber war eine riesige Fratze mit weit aufgerissenem Maul gesprüht. Annabel setzte den Fuß in die Öffnung, die sich in der Mitte des Rachens befand, zwinkerte Brolin zu und trat ein. Der Privatdetektiv folgte ihr, den Hund an den Fersen. Über der Tür am Ende des Flurs, die Annabel, ohne zu klopfen, öffnete, las Brolin höchst verwundert die Aufschrift: »Mae Zappe – Wasserspeier-Künstlerin«.
    Sie liefen durch einen schmalen Gang mit grauen Mauern und einer niedrigen verglasten Decke, durch die blasses Tageslicht drang. Es war hier genauso kalt wie draußen, so dass man den Atem vor dem Mund sehen konnte. An einer der Wände stand ein gusseiserner Dreifuß mit einem glühenden Räucherkegel darauf. Annabel schob eine Kaskade aus künstlichem Efeu auseinander, die den Gang wie ein Vorhang abschloss, und sie traten in Mae Zappes Atelier, einen höhlenähnlichen Raum, in dem es deutlich dunkler war.
    Brolin vergewisserte sich, dass Saphir ihnen folgte, und als er sich wieder umdrehte, stand er dicht vor dem Rachen eines gewaltigen Ungeheuers. Beim Anblick der steinernen Zähne, der tief liegenden Augen und der Krallenfüße musste Brolin unwillkürlich an einen Basilisken denken. Es war ein Wasserspeier von der Größe eines Pferdes. Der ganze Raum war von Wasserspeiern bevölkert, einer geheimnisvoller als der andere. Sie mussten von Meisterhand gefertigt worden sein, so vollkommen waren ihre Züge aus dem Stein gemeißelt. Mit

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