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In Blut geschrieben

In Blut geschrieben

Titel: In Blut geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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Gemeinsamkeit ins Auge. Sie hatten alle das Gesicht in seine Richtung gewandt. Sie belauerten ihn. Das war umso verwirrender, als er es beim Eintreten nicht bemerkt hatte, dabei hätte es ihm eigentlich auffallen müssen.
    Eine Marotte der alten Frau … Sie richtet ihre Werke auf sich selbst aus.
    Er strich Saphir beruhigend über den Kopf und stützte sich mit den Ellenbogen auf die Theke.
    Als sie fertig war, richtete sich Mae auf, nahm eine Kerze und stellte sie direkt unter Brolins Gesicht.
    »Glaubst du an die bösen Geister, mein Junge?«, fragte sie ihn.
    »Hm, nein, tut mir Leid.«
    »Das wird sich aber ändern müssen. Denn wenn du dorthin gehst, wirst du welchen begegnen. Vielen.«
    »Und wo?«
    Sie stieß ein schrilles Lachen aus.
    »Du warst es doch, der nach dem Hof der Wunder gefragt hat!«
    »Und was ist das, der Hof der Wunder?«
    Mae fuhr mit den Händen durch ihr schweres Haar und hob die Arme, so dass es an die Flügel einer Fledermaus erinnerte.
    »Ein Ort der Verdammnis.«
    Sie breitete die Arme noch weiter aus, und ihr Haar fiel auf ihre Schultern zurück.
    »Dort treffen alle Laster der Menschen aufeinander«, fuhr sie fort. »Hast du noch nie von einem Ort gehört, an dem sich die Ausgestoßenen versammeln, wo alle Perversitäten existieren, wo man sich alles beschaffen kann, alles, was übel ist? Das ist der Hof der Wunder. Ein geheimes Heiligtum der Verderbtheit, ein Treffpunkt derer, die im Blut der Unschuldigen leben. Diese Stadt ist die Hochburg der schlechten Seelen, und dieser Hof der Wunder ist das Herz, ist der Thron der Verdammten.«
    Die alte Frau bekam eine Gänsehaut.
    »Angenommen, ich wollte mich dorthin begeben, was müsste ich tun?«, fragte Brolin.
    Annabel schüttelte den Kopf.
    »Das ist nur ein Mythos …«
    »Nein, es gibt ihn!«, fiel ihr Mae ins Wort. »Du hörst nicht auf das Murmeln, Anna. Du hörst nicht mehr zu!«
    Hinter ihnen fiel ein kleiner Wasserspeier zu Boden und zerbrach in zwei Teile. Mae erstarrte.
    »Seht ihr, es gibt Themen, die stören die Lwa!«
    Brolin betrachtete die beiden Hälften. Dann bemerkte er den winzigen Vorsprung, auf dem die kleine Statue vor wenigen Sekunden noch gestanden haben musste. Ihr Sockel war viel zu groß, redete sich der Privatdetektiv ein. Die Vibrationen der U-Bahn oder eines vorbeifahrenden Lastwagens haben das prekäre Gleichgewicht gestört.
    »Warum willst du diesen verdammten Ort aufsuchen?«, fragte Mae.
    Brolin achtete genau auf die Wahl seiner Worte.
    »Ich will ein junges Mädchen retten. Und ich glaube, das Monster, das es in seiner Gewalt hat, frequentiert diesen Hof. Wenn Sie wissen, wie ich diesen Ort finden kann, dann sagen Sie es mir bitte.«
    Mae legte die Hände wie zu einem Gebet vor dem Gesicht zusammen.
    »Willst du es wirklich wissen?«
    Brolin nickte und biss die Zähne zusammen.
    »Sag mir, wie ich dich erreiche, dann will ich sehen, was ich für dich tun kann«, sagte sie widerwillig.
    Brolin schrieb die Telefonnummer seines Hotels auf. Die Flammen der Kerzen warfen den Schatten seines Kopfes auf die Theke. Mae legte eine Hand auf diesen Schatten.
    »Ich hoffe, du bist stark, und dein Herz ist rein«, warnte sie ihn, »denn die Dämonen, denen du dort begegnest, sind mächtig. Sobald du Schwäche zeigst, verschlingen sie deine Seele.«
    Ihre Augen blitzten auf.
    »So!«, sagte sie und schloss die Hand zur Faust, wie um Brolins Schatten zu fangen.
    Die Kerze vor seinem Gesicht erlosch.

46
    Brolin und Saphir speisten gemeinsam im Hotelzimmer. Der Privatdetektiv fand immer mehr Gefallen an seinem neuen Gefährten.
    Hin und wieder strich Brolin über ein sonderbares Collier aus bunten Holzperlen, das neben seinem Teller lag. Ein Pwen, hatte ihm Annabel gesagt, ein wertvoller Gegenstand, der vor Unglück schützen sollte. Mae Zappe hatte es ihm beim Abschied geschenkt.
    Seine einzige Chance, Rachel zu finden, tot oder lebendig, hing jetzt von einer alten exzentrischen Frau ab, die zwischen ihren Wasserspeiern lebte.
    Eine eigenartige Frau! Noch mehr aber wunderte Brolin, was Annabel alles über Voodoo-Praktiken wusste. Denn genau darum ging es. Mae hatte sich schließlich ein rotes Tuch ins Haar geknotet, das Symbol der Voodoo-Diener. Annabel hatte großen Respekt vor den religiösen Überzeugungen ihrer Großmutter, freilich ohne sie sich selbst zu Eigen zu machen, was bewies, dass sie selbst nichts Mystisches an sich hatte.
    Joshua trat an die Fensterfront und blickte auf den Innenhof, der in

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