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In Blut geschrieben

In Blut geschrieben

Titel: In Blut geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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würde ein Zentnergewicht darauf lasten.

55
    Der Nachmittag neigte sich dem Ende zu, das Dämmerlicht wurde vom Blauschwarz der Nacht abgelöst, das die Schatten von Phillipsburg zum Leben erweckte. Sheriff Murdoch saß an seinem Schreibtisch und lauschte Annabel, die berichtete, was sie und ihre Kollegen über den Caliban-Kult wussten. Über Spencer Lynchs Festnahme, die Entdeckung der Fotos und des lateinischen Psalms, Lucas Shapiros Tod, den Waggon mit den Skeletten und Bobs Eindringen in ihre Wohnung. Fast hätte sie auch von Malicia Bents erzählt, doch das war unmöglich, ohne Brolin zu erwähnen, das heißt, ihn mit Shapiros Tod in Verbindung zu bringen.
    Hinter der imposanten Gestalt des Sheriffs hing die amerikanische Flagge neben einem Bild des Präsidenten.
    Annabel vermutete, dass Bob in der Umgebung wohnte. Er war vorsichtig und tat alles, um seine Spuren zu verwischen. Doch er konnte unmöglich potenzielle Opfer, die weit entfernt wohnten, regelmäßig überwachen und ihre Gewohnheiten ausspionieren. Bob musste seine Beute also im Umkreis von Phillipsburg aufspüren.
    »Vielleicht ist das eine falsche Spur«, warf Murdoch ein. »Wenn er wirklich so intelligent ist, würde er doch keine solche Dummheit begehen, oder? Ich denke vielmehr, er will uns nur vormachen, dass er aus dieser Ecke kommt.«
    »Nein, es gibt einen Punkt, in dem er uns nicht täuschen kann«, erwiderte Annabel. »Wir wissen, dass er seine Aktionen sorgfältig vorbereitet, darum gibt es auch nie Zeugen. Er beobachtet das Haus und den Alltag der Leute. Bei Opfern, die auf der anderen Seite des Hudson wohnen, wären die Wege viel zu weit – er hat ja schließlich auch eine Arbeit. Diese Beute hat er Lucas Shapiro und Spencer Lynch überlassen.«
    »Wie können Sie da so sicher sein?«, fragte sich Murdoch. »Es wäre auch möglich, dass dieser Bob keinen festen Wohnsitz hat und in einem Campingbus oder so lebt.«
    Annabel schüttelte den Kopf.
    »Er hält seine Opfer oft über mehrere Wochen bei sich gefangen. Vergleicht man das Datum der Entführung mit dem auf den Fotos, die Bob und seine Komplizen aufgenommen haben, stellt man Überschneidungen fest. Das bedeutet, dass es zu manchen Zeiten bis zu fünf Gefangene gleichzeitig gegeben haben muss. Für ihre Ernährung braucht man Geld und natürlich einen geeigneten Ort, der abgelegen, ausreichend groß und gut isoliert sein muss, um sie dort einzusperren. Also verfügt Bob über die nötigen finanziellen Mittel, das heißt, er hat einen Job. Vermutlich gibt er seine ganzen Ersparnisse für diese ›Aktivität‹ dieses Hobby, wenn ich so sagen darf, aus.«
    Beeindruckt von den Schlussfolgerungen der jungen Frau, nickte Murdoch.
    »Und wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte er.
    Thayer, der sich zurückgelehnt und die Hände hinter dem Kopf verschränkt hatte, schnalzte mit der Zunge und fragte:
    »Ich nehme an, Sie wissen, dass wir nicht in offizieller Mission hier sind, da das FBI den Fall übernommen hat.«
    »Ja, das habe ich verstanden. Aber Sie besuchen mich als Erste, was sollte also schlecht daran sein, Ihnen zu helfen?«, antwortete Murdoch mit einem verschwörerischen Lächeln.
    »Solange die anderen nicht hier sind …«
    Die Rivalität zwischen Polizei und FBI war keine Legende, Murdochs Hilfsbereitschaft aber, so schloss Thayer, hatte mehr mit seinem Interesse an Annabel zu tun.
    »Gut«, erklärte Thayer, »könnten Sie uns in diesem Fall die Akten über sämtliche Entführungen in der Gegend zur Verfügung stellen?«
    »Die, die in meinem Zuständigkeitsbereich liegen, schon.«
    Murdoch suchte in einem Metallschrank und zog schließlich verschiedene rote Umschläge heraus. Jeder von ihnen enthielt ein Foto der entführten Person, die Vermisstenmeldung der Familie sowie einen ersten Untersuchungsbericht. Es waren insgesamt neun, unter anderem auch der Bericht über Rachel Faulet. Beim Anblick des lachenden Gesichts des Mädchens mit den funkelnden Augen, den seidigen Locken und den Sommersprossen dachte Annabel an Brolin und seine verbissene Suche nach ihr.
    Sie schloss den Umschlag und sah Eric Murdoch fest an.
    »Sheriff, wir brauchen Ihre Hilfe. Wir müssen all diese Akten gründlich durchgehen, und wie ich Ihnen schon am Telefon gesagt habe, suchen wir nach Museen oder Fachleuten in Sachen Transportwesen in New Jersey.«
    »Ja, ich habe mich schon erkundigt. Ich denke, ich kann für Sie einen Termin mit einem gewissen Calvin Valentin ausmachen, der sich auf diesem

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