In Blut geschrieben
irgendwo versteckt halten oder jeden Moment das Haus betreten. Dann würde er sofort merken, dass etwas nicht stimmte, denn Brolin hatte die Hintertür nicht wieder abgeschlossen.
Ein metallisches Dröhnen ließ den Privatdetektiv zusammenfahren.
Mit einer Sekunde Verzögerung begriff er: In der Garage hatte jemand geschossen!
Er hob den Kopf und riskierte einen Blick nach draußen.
Alles schien ruhig. Nichts regte sich.
Dann aber kam Lucas Shapiro aus der Garage gestürmt wie ein Running-back beim Football – eine wahre Kampfmaschine. Bis Brolin seine Waffe gezogen – diesmal hatte er sie nicht im Hotelsafe gelassen – und die Tür geöffnet hatte, saß Shapiro schon in seinem Wagen.
Der Motor heulte auf, als Brolin den Fuß ins Freie setzte.
Würde Shapiro den Rückwärtsgang einlegen, um auf die Zufahrt und von dort auf die Straße zu gelangen, könnte der Privatdetektiv ihn unter Beschuss nehmen.
Doch der Mörder setzte nicht zurück, sondern gab Vollgas, so dass der Lieferwagen einen Satz nach vorne machte und durch den Zaun des dahinter liegenden Brachlands fuhr.
Brolin und Annabel, die inzwischen aus der Garage gekommen war, zielten mit Glock und Colt auf die Reifen. Nach zwei Schüssen warf die junge Frau ihre leere Waffe weg und setzte dem Flüchtigen nach, wobei sie Acht gab, nicht in Brolins Schusslinie zu geraten.
Der Wagen holperte über das unebene Gelände, hob sich mehrmals gefährlich vom Boden hoch, bis er schließlich aus der Kurve getragen wurde und gegen die erhöhte Betonplatte des verfallenen Schuppens prallte. Geräusche von berstendem Blech und splitterndem Glas hallten bis zu den beiden Schützen herüber. Dann verstummte der Motor.
Annabel war auf halbem Weg, als sie sah, wie sich Lucas Shapiro zum Handschuhfach beugte, etwas herausnahm und sich durch die zerbrochene Windschutzscheibe aus seinem Wagen schob, um Brolin nicht ins Visier zu geraten. Sie verfluchte sich, weil sie ihre Waffe in der Garage zurückgelassen hatte, doch sie hatte nicht die Zeit gehabt, nach ihr zu suchen. Einen chromblitzenden Revolver in der Hand, stürzte der Mann los.
Er ist bewaffnet!
Shapiro rannte in Richtung Gitter, plötzlich schnellte er herum und gab mehrere Schüsse ab. Dabei zielte er zunächst auf Brolin, der inzwischen ebenfalls seine Verfolgung aufgenommen hatte. Dann aber registrierte er Annabel aus den Augenwinkeln und richtete den Lauf seiner todbringenden Waffe auf sie.
Die junge Frau warf sich zu Boden.
Noch im Fallen hörte sie das Pfeifen des Projektils, das ihre Schulter streifte.
Sie landete unsanft in einem Haufen Gerümpel. Instinktiv griff sie sich an die Schulter. Sie spürte ein Brennen, doch das Geschoss hatte lediglich das Leder der Bomberjacke gestreift und einen feinen Riss, wie von einer Rasierklinge, hinterlassen. Sie blutete nicht, in ihren Ohren pfiff es. Als sie langsam wieder aufstand, sah sie, dass Shapiro bereits über das Gitter geklettert war und nun den Weg entlanglief, der zum Parkplatz des Supermarkts führte. Er bog ab und verschwand.
Verfluchter Mist!
Ohne Waffe konnte sie gegen einen Typen wie ihn nichts ausrichten. Zu ihrer Linken sah sie, wie sich Brolin über den Zaun schwang, um dem Mörder nachzusetzen. Fluchend rannte sie zur Garage zurück, um nach ihrer Beretta zu suchen.
*
Brolin lief mit großen Schritten und keuchte vor Anstrengung. Er versuchte, tief in den Bauch zu atmen. Shapiro hatte ein beachtliches Tempo vorgelegt und außerdem einen deutlichen Vorsprung.
Als der Privatdetektiv den Parkplatz erreichte, dankte er dem Himmel, dass dieser leer war; eine Geiselnahme hätte ihm gerade noch gefehlt. Er beugte den Oberkörper so weit wie möglich vor, stieß sich mit den Füßen ab und verlagerte alle Kraft auf die Oberschenkel.
Die beiden Männer liefen durch eine schmale Gasse, dann durch eine andere und schließlich über einen kleinen Pfad, der an einer Bahnstrecke entlangführte.
Bei der Anstrengung sah Brolin Shapiro nur noch verschwommen vor sich.
Die ganze Umgebung schien zu schwanken wie bei einem gewaltigen Erdstoß.
Seine mit Kohlendioxyd voll gepumpten Lungen schwollen an und zogen sich schmerzhaft glühend wieder zusammen. Brolin warf seinen Körper nach vorne, verlangte ihm das Letzte ab.
Mit jedem Atemzug wurde ihm schwindliger.
Er hatte kein Gefühl mehr in den Beinen.
Das Kribbeln setzte sich bis in seine Arme fort. Sein Magen krampfte sich zusammen, als führe eine Granate durch seine Eingeweide.
Shapiros
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