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in China

in China

Titel: in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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einem Jahr chinesisch«, verriet Joe Forbes Mr. Li, der ihm gegenübersaß. »Ab und zu möchte ich das gern mit Ihnen praktizieren. Würde man mich zum Beispiel einen da bi zi nennen?«
    Mr. Li und Mr. Tung brüllten vor Lachen. »Xiao hua«, rief Mr. Li begeistert.
    »Was heißt denn das?« erkundigte sich Jenny.
    Joe Forbes erklärte ihr: »Ich kann nur hoffen, daß ich gefragt habe, ob mich die Chinesen eine Langnase nennen würden; aber es ist furchtbar schwierig, die Tonhöhe und Klangfarbe richtig zu treffen. Na, wie steht's damit?«
    »War richtig, ja«, versicherte ihm Mr. Tung. »Und Genosse Li hat gesagt Xiao hua, heißt ›ein Scherz‹!«
    »Aber man nennt uns doch hier sicher Rundaugen und nicht Langnasen«, wandte Malcolm ein.
    »Hauptsache, wir sind nicht mehr die ›fremden Teufel‹«, mischte sich Jenny ein.
    »Vielleicht sind wir in den Augen der Chinesen lauter durch und durch korrupte
    Kapitalisten«, überlegte Iris laut und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
    Mr. Tung lächelte gequält. Doch Mr. Li hob sein Glas mit wäßriger Orangenlimonade und schlug vor: »Trinken wir auf Freundschaft zwischen China und Amerika!«
    Mrs. Pollifax hob ihr Limonadenglas, die anderen ihre Gläser mit chinesischem Bier. Mrs.
    Pollifax nahm sich fest vor, dieses Bier am nächsten Tag auch zu probieren. Wasser zu trinken erschien ihr nicht ratsam, der Tee war unsäglich schwach, und die Limonade schmeckte wie gefärbtes Wasser. Sie konnte es kaum erwarten, George Westrum zu fragen, was seine Tätigkeit im Auftrag der Regierung gewesen war. Er war sehr verschlossen, doch wenn er erst einmal redete, sprach er ganz flüssig. Sein Gesicht war ausdruckslos, fast grob zu nennen, doch dann trat ganz plötzlich ein Glitzern in seine Augen, das darauf schließen ließ, daß er Humor besaß. Er mußte seinen Dienst frühzeitig quittiert haben, was bei Leuten vom CIA schon fast die Regel war. Das hatte ihr Bishop anvertraut. George Westrum hatte die Fünfzig vermutlich noch kaum überschritten.
    Er war ein kraftstrotzender Mann. Mrs. Pollifax hatte den Eindruck, daß ihm nichts und niemand entging. Er war ein guter Beobachter und stets auf der Hut. Es amüsierte Mrs.
    Pollifax, daß ihm Iris aufgefallen war. Doch die Gelegenheit, George Westrum weitere Fragen zu stellen, ergab sich vorerst nicht. Mr. Li war hocherfreut, daß Forbes Mandarin lernte, und packte die Gelegenheit beim Schopf, um seine Englischkenntnisse zu erweitern.
    Alle lauschten dem Gespräch. »Ja, ic h bin Dozent für Geschichte an einer kleinen Universität im Mittleren Westen«, erklärte Forbes. Er lächelte, doch Mrs. Pollifax hatte inzwischen erkannt, daß er gar nicht permanent lächelte. Dieser Eindruck entstand fälschlicherweise durch seine Gesichtszüge. Jetzt, da er tatsächlich lächelte, war der Unterschied ganz deutlich.
    »Professor?« sagte Iris und machte erschrocken eine heftige Handbewegung. Dabei stieß sie eine Bierflasche um, die sofort vom Tisch rollte. Iris verfärbte sich. »Oh«, japste sie, »das tut mir so leid!« Ihre Serviette entglitt ihr, und sie bückte sich, um unter dem Tisch nach der Bierflasche zu suchen.
    Doch Malcolm legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm und sorgte dafür, daß sie sitzen blieb. »Bitte, nicht schon wieder! Überlassen Sie das mir.« Er lächelte.
    »Vielen Dank«, stammelte Iris. Ihre Wangen brannten. Doch schon kam ein Kellner
    herbeigeeilt, um das verschüttete Bier aufzuwischen. Gleichzeitig erschien ein anderer Kellner mit einer riesigen Suppenterrine.
    »Die sieht furchtbar schwer aus. Die wird Iris sicher nicht umwerfen«, bemerkte Jenny lachend.
    »Soviel ich weiß, ist die Suppe in China der letzte Gang«, warf Forbes ein. »In Amerika wird die Suppe vor dem Hauptgericht serviert, Mr. Li.«
    Die beiden Chinesen sahen angewidert drein.
    »Wir finden hier, daß die Suppe den Abschluß bilden muß«, erklärte Mr. Li mit unendlicher Sanftmut. »Den krönenden Abschluß«, fügte er hinzu.
    »Vergessen Sie nicht«, meldete sich Malcolm zu Wort, »daß wir die Seide, die
    Buchdruckerei, das Pulver, das Porzellan und noch vieles andere von den Chinesen
    übernommen haben.«
    »Doch die Auffassung, daß man die Suppe als letzten Gang servieren muß, hat sich bei uns nicht durchgesetzt«, bemerkte Jenny.
    Mrs. Pollifax legte ihre Eßstäbchen weg. Was für ein üppiges Mahl! Melonen, Reis, Schweinefleisch, Garnelen, Eier, Tomaten - sie hatte bald aufgehört, die Gänge zu zählen.
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