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in China

in China

Titel: in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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zurück, dann nehmen sie mich voller Mißtrauen unter die Lupe, versichern mir, daß sie hocherfreut sind und machen sich aus dem Staub. Aber ich muß sagen, Sie haben es sehr gut verkraftet.«
    »Mich überrascht so leicht nichts«, erklärte Mrs. Pollifax. »Zumindest jetzt nicht mehr.
    Früher war das selbstverständlich anders.... Da haben Sie bestimmt ein schönes und sorgenfreies Leben.«
    »Ja, so könnte man es nennen«, meinte er leichthin. »Ich schreibe und illustriere jetzt nur noch ein Buch pro Jahr. Es bleiben mir dann sechs Monate zum Reisen und für alles, was mir sonst noch Freude macht.«
    Sechs Monate! Sie ließ sich das durch den Kopf gehen. Kein Zweifel, das ließ alle möglichen Schlüsse zu, und seine Bücher waren eine wunderbare Tarnung. »Erhoffen Sie sich auch von dieser Reise Anregungen für ein neues Buch?«
    »Nein, eigentlich nicht, aber ich werde mich sicherlich regenerieren. Ich freue mich sehr auf die Qin Shi Huang Gräber sowie auf die Museen und Tempel. Ich werde natürlich wieder viel zeichnen.«
    »Ja, ich auch.«
    In der hereinbrechenden Dunkelheit waren sie durch viele unbeleuchtete Straßen gefahren.
    Inzwischen war es Nacht geworden, doch selbst aus den Wohnungen schimmerte das
    elektrische Licht nur ganz schwach. Sie hob den Kopf und sah in die Fenster. Zumeist hing nur eine nackte Birne von der Decke und verbreitete fahles gelbliches Licht. Hinter einem Fenster die dunkle Silhouette eines Mannes, der hinaussah. Jemand saß an einem Tisch und las. Die Beleuchtung setzte Licht und Schatten auf dem Gesicht deutlich voneinander ab. In Hongkong hatte das grellweiße Neonlicht in den Augen geschmerzt - hier drang das trübe gelbe Licht kaum bis in alle Winkel.
    Mrs. Pollifax wies auf die schwach erleuchteten Wohnungen und murmelte: »Das sind doch allerhöchstens 20-Watt-Birnen.«
    »Ich glaube, fünfundzwanzig Watt«, entgegnete er.
    Großes, dunkles China, dachte sie. Dunkelheit und Stille und das Fehlen von Autos nahmen sie gefangen. Die Häuser wurden immer spärlicher. Bald fiel das Scheinwerferlicht des Kleinbusses nur noch auf Lehmmauern, dann auf die Bäume am Straßenrand. Ganz in der Ferne glomm ein einsames Licht auf - vielleicht eine Kommune -, dann bog der Bus in einen Kiesweg ein, der durch eine waldige Gegend führte. Lichter brannten, und sie hielten vor einem riesigen, erst halb fertigen supermodernen Gebäude.
    »Ich hoffe nur«, sagte Mrs. Pollifax pikiert, »daß unsere Hotels nicht immer so weit außerhalb der Stadt liegen.«
    »Es fragt sich nur«, sagte Malcolm und legte ihr die Hand auf den Arm, »ob sie versuchen, uns von den Chinesen fernzuhalten oder die Chinesen von uns.«
    Sie betraten eine große, laute Halle, die schon fast eine Parodie auf die moderne Architektur war. Die Stühle ganz bewußt im dänischen Design, ein Fischteich aus Pflastersteinen im Art Deco-Stil, von dessen Grund eine Wasserfontäne aufstieg. Mit Ausnahme der jungen Frau am Empfang, die ihnen die Zimmerschlüssel aushändigte, war die riesengroße Halle ganz verlassen.
    »Koffer um halb acht vor Zimmer stellen«, bat Mr. Li. »Nicht vergessen, wir kehren morgen nicht in Hotel zurück.«
    »Das würde ja auch Stunden dauern«, bemerkte Iris spöttisch.
    George Westrum lächelte ihr mit Verschwörermiene zu.
    Mrs. Pollifax hatte Zimmer 217. Es war nett eingerichtet und erstaunlicherweise sogar gemütlich. Nachdem sie erfreut festgestellt hatte, daß es fließendes heißes Wasser gab, ließ sie sich ein Bad ein und stieg in die Wanne. Sie hatte sich ein Buc h über die Geschichte Chinas unter den Arm geklemmt, doch zum Lesen kam sie nicht. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, sich Gedanken zu machen, was ihr wohl in diesem riesengroßen Land
    bevorstand. Was ging in den anderen vor? Wer von der Gruppe war in Gedanken schon in Xian oder sah sich im Geiste schon in der Provinz Sinkiang ganz im Nordwesten Chinas? Ihr fiel wieder ein, was für ein sonderbares Sammelsurium von Dingen sie nach China
    mitgenommen hatte. Eine Unmenge Vitaminpillen und Dörrobst, Thermosocken und
    Schokolade. Sie hörte Carstairs wieder sagen: »Es ist fast ebenso schwer und so gut wie ausgeschlossen, einen Agenten nach China einzuschleusen, wie einen Menschen aus China herauszuholen.« Aus China heraus... das war ihr durch den Kopf gegangen, seitdem sie von dem Auftrag wußte. Wie um alles in der Welt gedachten sie X aus China
    herauszubekommen? Sie hatte Zuflucht zu der ausgezeichneten topographischen

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