in China
wovon die Rede war.
»Dieser Kerl da, der in Schwarz, ist also vom Himmel herabgestiegen«, sagte sie
unüberhörbar, »um den Tod von - wer war das doch gleich wieder, Mr. Li? - zu rächen...«
»Na, und erst dieser schrille Gesang«, unterbrach Peter sie lachend. »Wie nasal das alles klingt, als hätten alle eine Wäscheklammer auf der Nase!«
Jenny kicherte. »Und wie die Prinzessin in ihren Ärmel prustet, die in dem knallroten Gewand.«
Häßliche Amerikaner, dachte Mrs. Pollifax enttäuscht. Sie wollte sie gerade ins Gebet nehmen, da kam ihr George Westrum zuvor. Er drehte sich um und knurrte: »Nun paßt lieber mal auf, anstatt euch so aufzuführen. Man kommt ja gar nicht erst dazu, sich auf das Stück zu konzentrieren. Eure Manieren lassen sehr zu wünschen übrig. Was ihr da betreibt, ist eine grobe Unhöflichkeit!«
Mrs. Pollifax kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sie hatte sich ebenfalls umgewandt.
Jenny wurde ganz verlegen und errötete, doch Peter starrte nur mit eisigem Blick wie versteinert vor sich hin. Sie machten jedoch keine dummen Bemerkungen mehr. Mrs.
Pollifax widmete sich wieder ganz der Oper, doch die Faszination war dahin. Die Harmonie war gestört, das Miteinander der Reisegruppe hatte einen Knacks bekommen.
Ein Gefühl von Scham hatte sich eingeschlichen. Jenny schämte sich, und Mrs. Pollifax war das Verhalten ihrer Landsleute überaus peinlich. Sie genierte sich vor Mr. Li und hatte China gegenüber ein schlechtes Gewissen. Es war ein ungutes Gefühl, und als sie in der Pause gingen, äußerte sich auf der Rückfahrt zum Hotel niemand zu der Oper. Das Schweigen lastete auf ihnen. Niemand, außer Iris und Mrs. Pollifax, wünschte Jenny und Peter eine gute Nacht.
Kaum war sie ein paar Minuten allein in ihrem Zimmer, als die Tür schon wieder aufging.
Erschrocken fuhr sie herum. Peter war hereingekommen, ohne anzuklopfen. Sie war entsetzt und abgestoßen, weil er nicht einmal die simpelsten Anstandsregem beherzigte. Selbst wenn er gekommen war, um Abbitte zu leisten, entschuldigte das sein Verhalten nicht. Sie fuhr ihn wütend an: »Es ist üblich anzuklopfen, Peter, ist Ihnen das nicht bekannt?«
Verdrossen, arrogant und mit abweisender Miene stand er vor ihr. Er hatte die Tür hinter sich geschlossen, war durch das Zimmer gegangen und hatte die Vorhänge fest um die
Klimaanlage drapiert. Dann erst wandte er sich um, als bemerkte er sie jetzt erst. Mit einer völlig fremden Stimme, die sie noch nie bei ihm gehört hatte, sagte er seelenruhig: »Ich bin gekommen, weil ich Sie fragen wollte, ob Sie heute Verbindung mit Guo Musu ufgenommen haben.«
7. Kapitel
Mrs. Pollifax starrte ihn ungläubig an. »Sie?« keuchte sie. »Sie sind es also!«
Er schwieg und stand abwartend da.
»Sie sind doch noch viel zu jung«, schleuderte sie ihm entgegen. »Sie sind doch erst zweiundzwanzig. Wie können Sie denn da schon einer von Car...« Sie unterbrach sich erschrocken.
»Einer von Carstairs Agenten sein«, beendete er den Satz.
Es war ein richtiger Schock für sie. Es wollte ihr einfach nicht in den Kopf, daß ausgerechnet Peter derjenige war, mit dem sie in China zusammenarbeiten sollte. Alles drehte sich um sie.
Es war also nicht Joe Forbes, nicht Malcolm Styles und auch nicht George Westrum. Sie tastete sich langsam vor und sehnte sich nach etwas Konkretem. »Aber es ist doch völlig ausgeschlossen, daß Sie chinesisch sprechen oder...«
»Doch, ich spreche fließend chinesisch. Nicht nur Mandarin, sondern auch noch mehrere Dialekte.«
»Ach ja, richtig, Ihre Großmutter...«
»Ja, ja, meine Großmutter.« Ein schwaches Lächeln erhellte seine Züge. »In Wahrheit ist sie in Kansas City in Missouri geboren, und was China betrifft, ist sie über Mahjong nie hinausgekommen.«
»Sie waren mir ja regelrecht zuwider,« fauchte sie ihn an. »Als Sie gerade ohne anzuklopfen hier hereingeplatzt sind, ist mir erst so richtig klargeworden, wie unsympathisch Sie mir waren. Verwöhnt, immer mürrisch, kein bißchen aufmerksam oder feinfühlig...«
»Gar nicht schlecht, was?«
Mrs. Pollifax fing an zu lachen. »Ach so ja. Sie haben Ihre Rolle glänzend gespielt, und ich führe mich auf wie eine Idiotin.« Sie streckte ihm die Hand hin. »Es tut mir leid.«
Sein Händedruck war kräftig. »Als ich Sie das erstemal sah, war das für mich auch ein Schock«, erklärte er. »Wo das war, verrate ich nicht; aber ein Schock ist es gewesen, das können Sie mir glauben.«
»Auch nicht
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