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in China

in China

Titel: in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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Außerdem«, fügte er beinahe schüchtern hinzu, »sind Sie wirklich fantastisch gewesen. Ich bin sehr froh, daß ich Sie endlich kennenlernen durfte. Ich meine, wirklich kennenlernen.«
    Sie lächelte gerührt. »Das gilt auch für mich.« Als er zur Tür ging und sie schon öffnen wollte, hielt sie ihn zurück. »Einen Augenblick noch«, und verschwand im Badezimmer. »Ihr Wasserglas«, erinnerte sie ihn.
    Er pfiff durch die Zähne. »Verdammt, das hatte ich ganz vergessen! Sie sind wirklich ein Profi und denken an alles.« Er nahm das Glas und ging.

8. Kapitel
    Am nächsten Morgen fuhren sie zum Grabhügel von Tjin-Schi Huangdi, dem ersten Kaiser Chinas (221-209 v. Chr.), den man bei der Ankunft schon von weitem sieht. Der Grabhügel, vom Kaiser selbst schon bei Beginn seiner Herrschaft in Auftrag gegeben, ist immerhin 90 in hoch und mißt am Boden über vierhundert Meter. Auch von den mannshohen
    Terrakottafiguren, den Tausenden von Kriegern der tönernen Armee‹, hatte sie schon viel gehört. Normalerweise wäre das einer der Höhepunkte dieser Reise gewesen, doch Mrs.
    Pollifax mußte ständig daran denken, wie Peter sie am Abend zuvor in ihrem Zimmer aufgesucht hatte, und was dabei alles zur Sprache gekommen war. Zunächst einmal verschlug es ihr die Sprache, was für eine ungeheuerliche Aufgabe man diesem jungen Mann anvertraut hatte. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie er es bewerkstelligen wollte, den Anschein zu erwecken, als sei er umgekommen, wie er einen Fremden aus einem
    Arbeitslager zu befreien gedachte, um dann Hunderte von Meilen durch die Wüste und über schroffe Gebirgsketten zurückzulegen. Der Mann, den Peter aus dem Lager schleusen sollte, mußte wohl sehr wichtig sein. Carstairs hatte ihr offensichtlich vieles verschwiegen.
    Überhaupt Peter... Sie konnte es immer noch nicht fassen, daß ausgerechnet er der Agent war, mit dem sie zusammenarbeiten sollte. Sie konnte nicht behaupten, daß ihr das mißfiel. Sie wünschte nur, er hätte das Glas nicht vergessen. Eine kaum nennenswerte
    Unterlassungssünde, an der seine Jugend schuld sein mochte sowie die Tatsache, daß das gewiß sein erster Auftrag war. Da hatte man ihm gleich zu Anfang eine äußerst schwierige Mission anvertraut. Doch er war ein ausgezeichneter Schauspieler, und er war intelligent. Sie hatte den Eindruck gewonnen, daß er sich in seinem jugendlichen Überschwang begeistert in das Abenteuer stürzte. Das mußte es wohl auch gewesen sein, was Carstairs an ihm
    aufgefallen war. Denn wenn er auch um Peter bangte, so konnte er doch sicher sein, daß Peter selbst nicht um sein Leben zitterte. Hinter der ausdruckslosen Maske, die Peter bis dahin zur Schau getragen hatte, war am Abend zuvor endlich der Mensch zum Vorschein gekommen.
    Seine Züge hatten sich entspannt und waren weicher geworden. Sie hatte ganz kurz einen Blick in sein Inneres tun dürfen und dabei erkannt, daß er zu den Einsamen, den
    Einzelgängern gehörte, die jeden Berg erklimmen mußten, der am Wege lag, die sich nach Gefahren sehnten und für die das Alltagsleben nicht von Interesse war. Er war wohl aus dem gleichen Holz geschnitzt wie zum Beispiel T. E. Lawrence, der berühmte Lawrence von Arabien. In Peter, diesem kühl wirkenden Zweiundzwanzigjährigen, war das alles erst im Ansatz vorhanden, doch für diese delikate Aufgabe war seine Lebenshaltung wohl von unschätzbarem Wert. Allerdings hätte er als Agent das Wasserglas auf keinen Fall vergessen dürfen, dachte sie.
    Vielleicht war das ja auch ein Grund, warum man ausgerechnet sie dazu ausersehen hatte, Peter zu begleiten, ging es ihr durch den Kopf. Sie sollte wohl ein wachsames Auge auf ihn haben und dafür sorgen, daß er stets besonnen handelte. Es amüsierte sie, daran zu denken, daß sie am Abend zuvor genau das getan hatte, als er in Panik zu geraten drohte, weil ihr Koffer durchsucht worden war. Sie hatte ihn beruhigt und sofort abgelenkt und ihn nicht merken lassen, daß ihr das auch zu schaffen machte. Selbst Carstairs hatte sich
    wahrscheinlich ins Fäustchen gelacht bei dem Gedanken, ein solches Gespann aufeinander losgelassen zu haben. Doch er wußte genau, was er tat. Sie mußte zugeben, daß er
    Menschenkenntnis besaß. Trotzdem hätte sie viel darum gegeben, ihn sich jetzt vorknöpfen und ihm Vorhaltungen machen zu können.
    Offensichtlich sollte ihre China-Mission nun doch nicht in Xian enden. Anscheinend fing das Abenteuer jetzt erst richtig an.
    Peter saß an

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