in China
hox, aber man spricht es horsch aus, und aromat heißt dankeschön, wird aber rockmet ausgesprochen. Mao hat versucht, die Uiguren-Überzahl zu unterwandern, indem er Tausende von Chinesen in Sinkiang ansiedelte. Doch dort leben immer noch vor allem Mohammedaner. Es kommt immer wieder zu sogenannten
Zwischenfällen.«
»Was denn für Zwischenfälle?« fragte Mrs. Pollifax verwundert.
»Na ja, man kann nicht direkt von Aufständen sprechen. Die Bevölkerung leistet passiven Widerstand. Im Jahre 1962 haben sich zum Beispiel etwa sechzigtausend nomadisierende Kasachen einfach abgesetzt und sind über die Grenze ins sowjetische Kasachstan gezogen.«
»Das ist wirklich faszinierend«, sagte sie erregt. »Ich wünschte, Mr. Li würde uns auch so gut informieren.«
Doch Peter schüttelte den Kopf. »Das dürfen Sie Mr. Li nicht anlasten«, erklärte er nüchtern.
»Wenn man bedenkt, wie alt er ist, muß er zur Zeit der Kulturrevolution herangewachsen sein. Eine absolute Eiszeit. Was nicht in Maos Sinne war, wurde einfach erstickt und lahmgelegt. Wahrscheinlich wissen Sie mehr als er über China und seine Geschichte. Aber er lernt sehr schnell.« Wieder schüttelte Peter den Kopf. »So ein jäher Wechsel und
Umschwung muß psychologisch gesehen die Hölle für die Menschen gewesen sein. Da
wurden Klöster geplündert, Schulen geschlossen und die Intellektuellen zur Feldarbeit abkommandiert oder ins Gefängnis geworfen, und schon im nächsten Jahrzehnt werden die Schulen wieder geöffnet, die Lehrer und Wissenschaftler wieder von den Reisfeldern weggeholt und die Klöster wieder aufgebaut. Das erinnert mich irgendwie an Alice im Wunderland. Sie nicht auch? Mao mag ja ein hervorragender Revolutionär gewesen sein, aber von logischen Zusammenhängen, Folgerichtigkeit und Beständigkeit hielt er wohl nicht viel. Ach du lieber Himmel, da kommt Jenny«, stöhnte er. »Da mache ich wohl besser Schluß mit der Politik und unterhalte mich mit ihr. Also dann bis später«, flüsterte er ihr noch rasch zu. Dann ging er Jenny entgegen. Sein Gesicht war wieder eine ausdruckslose Maske.
Am Nachmittag fuhren sie zum Gästehaus der heißen Quellen von Huatjing. Dort war
Tschiang kaischek unter Zurücklassung seiner Zähne der Gefangenennahme durch die
Kommunisten entgangen. Es war ein zauberhafter Ort mit Teichen und geschwungenen
Brücken, doch Mrs. Pollifax setzte die Hitze sehr zu. Ihre Füße schmerzten, und sie setzte sich so oft wie möglich hin, immer ganz nah ans Wasser. Außerdem, dachte sie verärgert, war Tschiang kaischek vielleicht aus dem Fenster geklettert und hatte den hinter dem Zimmer liegenden Berg erklommen, aber er war nur gefangengenommen und schließlich wieder freigelassen worden.
Für sie war der junge Kommunist viel interessanter, der nach Xian geeilt war, um mit Tschiang zu verhandeln, als der gefangensaß. Der junge Mann hieß Tschou Enlai. Mrs.
Pollifax hatte ihn früher öfter im Fernsehen gesehen, und er hatte es ihr angetan. Sie verstand die Reaktion auf seinen Tod im Jahre 1976 sehr gut. Da hatten die Chinesen Mao und der Polizei getrotzt und sich auf dem von Monumentalbauten umgebenen T'ienanmen-Platz vor dem »Tor zum himmlischen Frieden« versammelt. Dort hatten sie um Tschou Enlai getrauert.
Ihr Kummer, ihre Liebe und ihre Sorge hatten sich ganz spontan Bahn gebrochen. Als Mao acht Monate später starb, war davon nichts zu spüren gewesen.
Als sie gerade auf einer Bank saß und über all das nachdachte, kam Peter angeschlendert und setzte sich zu ihr. Mit unbeweglichem Gesicht sagte er rasch: »Jenny ist auf die Toilette gegangen, wir haben also nicht viel Zeit. Schnell - haben Sie Papier und Bleistift?« Es amüsierte sie zu sehen, daß er wie ein Gangster im Kino aus dem Mundwinkel sprach.
Sie nickte, wühlte in ihrer Handtasche herum und fischte schließlich einen Notizblock heraus.
»Ich habe Mr. Li gefragt, was wir uns in Urumchi ansehen werden. Es klingt alles sehr vielversprechend. Sieht ganz danach aus, als wenn wir genau die richtigen Sachen
besichtigen. Aber wenn er das mit Ihnen bespricht - und das wird er natürlich tun, weil er Sie zur Leiterin ernannt hat -, sorgen Sie dafür, daß wir die Kasachen oben auf dem Weideland erst nach der Übernachtung in Turfan aufsuchen. Sie können zwar nicht wissen, warum das so wichtig ist; aber ich habe keine Zeit mehr, es Ihnen zu erklären. Notieren Sie sich das bitte, ja?«
Mrs. Pollifax schrieb TURFAN ERST BESICHTIGEN. »Hat das
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