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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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sind, gehe ich rüber und kümmere mich ums Abendessen. Viel Spaß dann.«
    Sie hatte den Garten bereits zur Hälfte durchquert, als Cassandra ihr »Danke« nachrief.
    Hazel winkte, ohne sich umzudrehen, und verschwand in ihrem Haus.

    Was war denn da passiert? Cassandra war mit dem Wunsch hergekommen, die Frau mit einem Fußtritt von der Veranda zu befördern, und jetzt dachte sie daran, ihrem Nähzirkel beizutreten?
    Jemand mähte in der Nähe den Rasen, gerade weit genug entfernt, dass das Geräusch beruhigend statt lästig war, und sie hörte Kinder spielen. Das Gras und die Bäume schimmerten grün im spätnachmittäglichen Licht, und der Geruch von Wildzwiebeln erinnerte sie an zu Hause. Daran, wie sie auf dem Hügel hinter dem Haus gelegen, den Himmel betrachtet und sich so gut, so frei gefühlt hatte. Sie saß im Schaukelstuhl, lauschte und wünschte sich, Dennis möge sich mit der Rückkehr Zeit lassen.
    Ich-Zeit, dachte Cassandra und schüttelte den Kopf. Immer wenn sie sich überlegen wollte, was sie gern tun würde, nur sie allein, ohne Rücksicht auf jemand anderen, schwirrte ihr der Kopf. Sie hatte so lange auf andere gehört, dass sie sich kaum erinnern konnte, wann sie das letzte Mal nach ihren eigenen Wünschen gehandelt hatte. Wahrscheinlich nach der Highschool, als sie sich für den Bürojob entschieden hatte, statt wie Ruth Ann und ihre Brüder in der Fabrik anzufangen. Sie konnten nicht verstehen, dass sie gern in einem Büro arbeiten würde, wo sie bei geringerem Verdienst den ganzen Tag hinter einem Schreibtisch sitzen müsste. Aber Cassandra hatte schon immer gut mit Zahlen umgehen können und sich sogar um die Buchhaltung ihres Vaters auf der Farm gekümmert. Als kleines Mädchen hatte sie gern Büro gespielt, mit dem Bügelbrett als Schreibtisch, wo sie so getan hatte, als telefoniere sie und tippe auf der Schreibmaschine. Sie musste es im Fernsehen oder einem Film gesehen haben, denn niemand, den sie kannte, arbeitete in einem Büro. Farmer und Fabrikarbeiter, das waren ihre Leute.
    »Auf den Takt eines andern Trommlers hören« - das hatte ihre Mutter immer gesagt. Sie legte den Kopf in den Nacken
und blickte zur blauen Verandadecke, dem Ersatzhimmel, hoch. Mama, dachte sie, inzwischen fällt es mir schwer, diesen Trommler zu hören. »Dann hörst du eben nicht richtig hin, Schätzchen. Hör genau zu«, hörte sie ihre Mutter über das einschläfernde Knarzen des Schaukelstuhls hinweg sagen.

28
    Abrupt schlug Doris die Augen auf, und ihr Blick fiel auf die Digitalanzeige ihres Weckers auf dem Nachttisch. Mitternacht. Sie setzte sich auf und horchte, während sie sich fragte, ob sie etwas gehört hatte, doch es war still im Haus. Es war nicht ungewöhnlich, dass May spät in der Nacht rausging und nach den Schildkrötennestern sah. Wahrscheinlich war es das gewesen. Mittlerweile hellwach, ließ sie sich in die Kissen zurücksinken.
    Wie idiotisch, dass May ihren erholsamen Schlaf sausen ließ, nur um ein Fleckchen Sand zu beobachten. Denn mehr war es in Wahrheit nicht - ein mit vier Stäben und gelbem Absperrband markiertes Quadrat am Strand. May konnte sie nicht alle beschützen, sosehr sie es auch versuchte. Wenn sie erst einmal das Wasser erreicht hatten, waren diese Babys auf sich gestellt, und ob es ihnen nun gefiel oder nicht, die Mehrzahl von ihnen würde sterben, noch bevor sie die Sargassosee erreicht hatten oder wo sie nach Mays Aussage auch leben mochten, bis sie ausgewachsen waren. Verlorene Jahre, so nannten sie es, wenn sie sich lediglich in den Algen herumtrieben und fraßen, bis sie endlich groß genug waren, um sich auf den Rückweg zu machen. Die Einzigen mit einer realen Chance waren die fünf oder sechs, die in den großen Tanks unten im Aquarium von Pine Knoll Shores aufgezogen wurden. Der Ozean war wild und launisch und scherte sich keinen Pfifferling um Schildkröten oder Menschen oder sonst was. Er nahm sich, was er wollte.
    Doris konnte das Meer nicht ansehen, ohne Hass dabei zu empfinden, und wenn man bedachte, dass sie auf einer Insel
lebte, kam auf diese Weise eine gewaltige Menge an Hass zusammen. Hätte sie auch nur einen Funken Verstand, würde sie mit Annie Laurie so weit ins Landesinnere von North Carolina ziehen, wie sie nur konnte - nach Asheville, zum Beispiel, oder nach Cherokee. Es musste nur weit weg im Westen liegen. Sie und Hubert hatten ihre Flitterwochen in Asheville verbracht; eine schöne Stadt, aber beim Anblick dieser wellenförmigen blauen

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