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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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und kühl blieben. Annie Laurie ging neben ihr, klapperte von Zeit zu Zeit mit der Munitionsschachtel und ließ den Lichtkegel der Taschenlampe über den Sand wandern, um nach Quallen und Krabben Ausschau zu halten.
    »Ich erinnere mich nicht, dass ich in dieser Richtung ein Nest gesehen habe«, meinte Cassandra. »Hast du nicht gesagt, das eine läge auf der Patrouillenroute und das andere in der anderen Richtung?«
    »Es ist noch nicht zu spät für neue Nester«, sagte May und blieb abrupt stehen. »Licht.«
    Annie Laurie schwenkte die Taschenlampe in ihre Richtung. May hielt ein kleines Notizbuch hoch, blickte zu einem Haus in den Dünen hinüber und notierte etwas.
    »Was ist denn das?«, fragte Cassandra.
    May setzte sich wieder in Bewegung, dicht gefolgt von Cassandra und Annie Laurie. »Das sind die Leute, denen sie einen Brief schreibt«, erklärte Annie Laurie. »Die, die ihre Verandabeleuchtung nachts nicht ausschalten. Sie halten die Schildkröten davon ab, an den Strand zu kommen.«
    »Was passiert, wenn sie ihre Briefe nicht beachten?«
    »Dann geht sie zu ihnen und bringt ihnen rote Glühbirnen.«
    »Rote?«
    »Rotlicht können Schildkröten nicht ausmachen.«
    »Und wenn sie die roten auch nicht verwenden?«
    Annie Laurie schüttelte den Karton mit der Munition und lehnte sich zu ihr herüber. »Nur für die Waschbären«, flüsterte sie.

    Cassandra sah, wie May vor ihnen herging. So viel zum Thema verborgene Eigenschaften, dachte sie. Wie wenig sie in Wahrheit über die Frau wusste, mit der sie verwandt war. Wie war sie zur Retterin der Schildkröten von Salter Path geworden? Ihr war klar, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt war, sie danach zu fragen. May war auf einer Mission, und Cassandra hatte keine Lust, eine spitze Bemerkung zu kassieren, nur weil sie sie von ihrem Vorhaben abgelenkt hatte.
    Eine Zeit lang kamen sie an Häusern vorbei, in denen höchstens Licht im Wohn- oder Schlafzimmer brannte. May machte sich keine Notizen, woraus Cassandra schloss, dass dieses Licht nicht hell genug war, um die Schildkröten zu stören. Doch ein Stück vor ihnen sah sie einen Lichtschein, der von der Veranda eines riesigen, allein stehenden Hauses herüberdrang. Es musste dieses große weiße Haus sein, zu dem Annie Laurie jeden Tag ging. In beiden Stockwerken brannte gleißend helles Licht, als fände eine Party statt oder als führe die Polizei eine Hausdurchsuchung durch.
    Als sie vor dem Haus standen, zog May das Notizbuch aus der Tasche ihrer Schürze und streckte die Hand aus. Annie Laurie knallte die Munitionsschachtel in ihre Handfläche, wie eine Krankenschwester, die dem Chirurgen das Skalpell reicht, und hielt die Taschenlampe, während May die Waffe lud. Staunend beobachtete Cassandra die Präzision ihrer Bewegungen. Die beiden machten ernst.
    »Ihr bleibt hier«, befahl May mit der konzentrierten Feierlichkeit eines John Wayne, der seine Truppe zurücklässt, um einen im Gebüsch verborgenen Feind auszukundschaften. Cassandra hätte gelacht, wäre ihre Angst nicht so groß gewesen, May würde sich umdrehen und sie erschießen. Sie und Annie Laurie standen da und sahen zu, wie May durch den knietiefen Sand stapfte und auf eine Treppe zuging, die zu einem Pavillon auf der Düne führte.
    »Was ist, wenn jemand sie sieht?«, wisperte Cassandra,
auch wenn sie nicht wusste, weshalb, schließlich war keine Menschenseele am Strand.
    »Das wird sie nicht«, sagte Annie Laurie. »Im Pavillon brennt kein Licht. Ich hoffe nur, dass Sugar nicht anfängt zu bellen.«
    »Sugar?«
    »Der Hund.«
    Gütiger Himmel, dachte Cassandra. Sie hatten das Haus also tatsächlich vorher ausgekundschaftet. Allmählich wurde sie nervös, vor allem wegen Annie Laurie. »Weiß dein Daddy, wo du bist?«
    Annie Laurie gab keine Antwort, was Cassandra als ein Nein wertete. Tja, jetzt war es sowieso zu spät.
    May erklomm langsam die Treppe. Ihre armen alten Knie, dachte Cassandra. »Du sagtest, May sei schon mal bei dieser Frau gewesen?«
    »Mehr als einmal«, erwiderte Annie Laurie. »Immer wenn sie Glühbirnen hingebracht hat, wollte Mrs. Lundy nicht aufmachen. Die meisten helfen gern, nur sie nicht. May hat geredet und geredet und geredet, hat ihr geschrieben, aber Mrs. Lundy ignoriert sie einfach.«
    »Hast du schon mal mit ihr gesprochen?«, fragte Cassandra. »Wie ist sie denn so?«
    »Wie ein Gespenst.«
    Oh Gott, dachte Cassandra. Dieses Mädchen und ihre Fantasie. Sie hätte nie anfangen dürfen, ihr

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