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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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wollte sie vergewaltigen. Heutzutage musste man sehr vorsichtig sein. Nein, er würde mit ihr ins Waffle House fahren, dafür sorgen, dass sie etwas zu essen bekam, und sich danach auf die Suche nach einer Unterkunft für sie machen, ein Hotel, einen Verwandten oder sonst etwas. Eine dicke, hungrige, weinende Frau war so ziemlich das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. Er schaltete das Radio wieder an. Alles war besser, als einer Frau beim Heulen zuzuhören, sogar Liebesschnulzen aus dem Radio.

7
    Sie folgte ihm blindlings, einem Wildfremden, als wäre er jemand, den sie kannte und dem sie vertraute. Der Grund dafür war, dass der Champagner ihr Gehirn getrübt zu haben schien und jedes Denken unmöglich machte. Darüber hinaus blendete das fluoreszierende Licht sie so sehr, als sie das Waffle House betraten. Wieso musste es eigentlich so hell sein? Vielleicht weil der Laden die ganze Nacht geöffnet hatte und man etwas unternehmen musste, um draußen in der Dunkelheit lauernde Verbrecher zu verjagen. Auch er könnte so ein Verbrecher sein.
    »Okay«, sagte der Mann. »Wieso setzen Sie sich nicht?«
    Stuhlbeine scharrten über den Boden. Sie schlug die Augen auf, blinzelte im Licht. Die ganze Welt drehte sich um sie, als sie aufsah, um herauszufinden, woher die Stimme kam.
    Ja, dachte sie, hinsetzen ist eine gute Idee. Der Metallrücken des Stuhls fühlte sich kühl und fest unter ihren Fingern an, als sie mit winzigen Schritten darum herumtappte, losließ und sich hinsetzte. Ehe er selbst Platz nahm, rückte er den Tisch für sie zurecht. Vielleicht gab es ja doch noch so etwas wie Ritterlichkeit, und er war offenbar ein perfekter Gentleman. Trotzdem konnte sie noch immer nicht fassen, dass sie zu einem wildfremden Mann in den Wagen gestiegen war und das Waffle House lebend erreicht hatte. Bestimmt drehte sich ihre Mutter jetzt im Grabe um. Doch er trug eine Uniform, und ihre Mutter hatte jedem Mann in Uniform vertraut, selbst wenn es nur der Kammerjäger war.
    Er schob ihr eine laminierte gelbe Speisekarte zu und griff nach der zweiten. Essen. Genau. Deshalb waren sie hergekommen.
Ihr Magen hatte laut genug geknurrt, dass er es mitbekommen hatte. Wie peinlich. Dann hatte er sie auch noch weinen sehen. Und fast nackt. Aber die Nacht war noch jung. Wer wusste, was noch passieren würde?
    Eines stand jedenfalls fest: Sie würde jetzt etwas essen. Und sie würde nicht auf die Kalorien achten oder sich Sorgen machen, dass sie in den Augen dieses Fremden wie ein Schwein aussah. Sie hatte das Frühstück und Mittagessen ausgelassen, aus Sorge, ihr Kleid könnte zu eng sein. Was für eine Idiotin sie doch gewesen war. Im März hatte sie das Kleid gekauft, drei Nummern zu klein, und war gezwungen gewesen, zu hungern, um hineinzupassen. Beim Anblick der Fotos von Eiern, Burger, Steaks und Pommes frites auf der Karte meldete sich ihr Magen erneut. Als die Kellnerin erschien, entschied sie sich für das, was sich am schnellsten zubereiten ließ: zwei beidseitig gebratene Spiegeleier mit Speck, Maisgrütze und Brötchen, dazu eine Diät-Pepsi.
    »Wie ich höre, sind die Schweinerippchen hier auch sehr gut«, bemerkte der Mann. Als sie den Kopf hob, sah sie, dass er grinste. Nicht gemein, sondern lediglich auf eine neckende Art, so als wüsste er ganz genau, wie es sich anfühlte, solchen Hunger zu haben. Er wirkte selbst wie jemand mit einem gesunden Appetit, deshalb war ihre Vermutung wahrscheinlich richtig. Sie schüttelte den Kopf und legte die Speisekarte beiseite. Nachdem er sich eine Portion Rippchen bestellt hatte, servierte die Kellnerin die Getränke, und dann waren sie allein, und ihre einzige Beschäftigung bestand darin, jeden Blickkontakt zu vermeiden, bis das Essen kam. Cassandra wusste nicht mehr, wann sie das letzte Mal in einem Waffle House gewesen war. Außerdem hatte sie es nicht so hell und mit weniger Plastik in Erinnerung. Von der Interstate aus wirkte die Beleuchtung so einladend und gemütlich und suggerierte, es sei ein angenehmer Ort, um bei Bedarf anzuhalten.

    Wäre sie jetzt allein, würde sie den Kopf auf die kühle Kunststofftischplatte legen und vielleicht ein kleines Nickerchen machen. Ihr Gesicht fühlte sich so heiß an, und selbst im Sitzen schwirrte ihr der Kopf. Sie versuchte, sich auf den Raum um sie herum zu konzentrieren und Einzelheiten auszumachen. Auf den Hockern an der Bar saßen drei alte Männer, allesamt verdreckt und mit zerknautschter Kleidung, als hätten sie sich seit

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