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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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gefangen in diesem Zwischenstadium. Wo sie gerade beim Thema war: Eigentlich hatten sie im Hinblick auf Hormone und all das sogar eine Menge gemeinsam, mit dem Unterschied, dass die von Annie Laurie sich gerade zu entwickeln begannen, wohingegen die von Cassandra sich allmählich verabschiedeten. Ein Gedanke, der sie ein wenig traurig stimmte. Aber es war nur ein weiteres Zeichen, dass sich ihre Zeit allmählich dem Ende zuneigte, und sie konnte einen Anflug von Neid nicht leugnen. Trotzdem war es genauso, wie es ein berühmtes Model einmal gesagt hatte: Ich würde nie im Leben wieder in meinen zwanzigjährigen Körper schlüpfen, es sei denn, ich könnte mein fünfzigjähriges Bewusstsein mitnehmen. Das Leben war nun einmal ein großer Kompromiss.
    Vor dem Wagen blieb das Mädchen stehen und schnappte nach Luft. Sie war ein klein wenig mollig, wie Cassandra mit einem Hauch Mitgefühl registrierte. Sie wusste nur zu gut, was das für sie bedeutete.
    Das Mädchen sah zur Beifahrerseite. »Wo ist Daddy?«, fragte sie, als Cassandra ausstieg.
    »Er ist bei deiner Großmutter im Krankenhaus geblieben.
Ich soll dir sagen, dass alles in Ordnung ist und er heute Abend kommt.«
    »Oh.«
    Sie sahen sich eine Weile lang an, ehe Annie Laurie das Wort ergriff. »Das Essen ist gleich fertig.« Die Fenster standen weit offen, so dass Cassandra bereits der Duft von gebratenem Hühnchen in die Nase gestiegen war. Wieder knurrte ihr Magen, was Annie Laurie ein Kichern entlockte. Cassandra grinste und tätschelte ihren Bauch. »Gutes Timing«, bemerkte sie.
    »Cassandra!« May, in Kittelschürze und mit einer Gabel in der Hand, war auf die Veranda getreten. Sie war noch immer dicklich, aber nicht mehr ganz so sehr wie in Cassandras Kindertagen. Ihre Beine, die aus den Shorts ragten, waren von einem dichten, landkartenartigen Netz blauer Venen durchzogen. »Komm ins Haus, Schatz. Wir warten schon auf dich.« May benahm sich, als seien nicht Jahre, sondern gerade einmal ein paar Tage seit Cassandras letztem Besuch vergangen.
    Sie trat auf die Veranda und umarmte May, die nach einer Mischung aus Brathähnchen und Babypuder roch - ein Geruch, der sie so sehr an ihre Mutter erinnerte, dass sie gegen ihre aufsteigenden Tränen anblinzeln musste, als sie sich von ihr löste.
    »Fang bloß nicht an«, warnte May. »Sonst heule ich gleich mit.«
    Onkel Walton saß in seinem Sessel und sah fern. Er hatte sich kaum verändert, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, nur sein Haar war schütter geworden, und er hatte etwa zwanzig Kilo Gewicht verloren. May hatte ihn nach seinem Herzinfarkt auf eine spezielle Diät setzen müssen, fiel ihr wieder ein. »Hallo!« Er stand auf und trat zu ihr, um sie in die Arme zu schließen. »Meine Güte, du bist aber schlank geworden, seit wir dich das letzte Mal gesehen haben.« Dies war
die lebhafteste Erinnerung, die sie an ihn hatte - dieses verschmitzte Funkeln in seinen blauen Augen.
    Wieder kicherte Annie Laurie, und Cassandra musste ebenfalls lachen. »Ich bin immer noch die Fetteste in der Familie.«
    »Ich bin in meiner Familie auch die Fetteste«, erklärte Annie Laurie.
    Meine Güte, dachte Cassandra, so früh fängt es also schon an, diese hasserfüllte Stimme, die dir ständig vorhält, du wärst nicht perfekt. Nicht so wie alle anderen.
    Walton legte Cassandra den Arm um die Schultern. »Nur ein bisschen mehr, was man lieben kann«, erklärte er und grinste sie an.
    »Genau«, bestätigte Cassandra mit einem verstohlenen Blick zu Annie Laurie.
    May, die in der Küchentür stand, wandte sich ihnen zu. »Kommt rüber und leistet mir Gesellschaft, während ich das Essen fertig mache. Walton, schalt den Fernseher aus und hol mir ein Glas eingemachte Feigen aus der Garage.«
    Cassandra setzte sich an die alte Esszimmergarnitur, die sie aus ihrer Kindheit kannte - mit minzgrünem Vinyl bezogene Stühle, die um einen Tisch mit Chromleiste und einer minzgrünen Kunststoffplatte gruppiert waren. Sie musste Stunden unter diesem Tisch verbracht und mit ihren Puppen gespielt haben, während ihre Eltern mit May und Walton hier gesessen, gelacht, geredet, Kaffee getrunken und Zigaretten geraucht hatten. Sie vermisste diese Zeiten, vermisste die Cassandra von damals, so unschuldig, so beschützt vor all den Problemen, geborgen in der Sicherheit dieser Küche.
    »Hector hat vorhin angerufen und gemeint, dass Doris wieder gesund wird. Ich schwöre, ich verlor die Fassung, als sie wie ein Kartoffelsack einfach

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