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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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einen Weg aus dem kleinen Loch zu finden. Aus irgendeinem Grund spürte er, dass er sich nicht in seinem Element befand und versuchen musste zu fliehen. Als sie die Hand über ihn stülpte, vergrub er sich eilig im Sand. Wieso machte er das? Woher wusste er, wo unten war? Oder wusste er es gar nicht, sondern ließ sich lediglich von seinem Instinkt leiten, begann, seine Füße zu bewegen oder wie man das bei diesen Tieren nennen würde, bis er spürte, dass er von Sand bedeckt war, und sich sicher fühlte?
    Cassandra sah sich am menschenleeren Strand um, ehe sie sich dem Meer zuwandte und sich hinsetzte - sie war ohnehin nass bis auf die Haut, außerdem setzte die Ebbe ein. Sie liebte Abende wie diesen am Strand, die orangefarbenen, rosa und gelben Streifen, die sich über den Horizont zogen, die Wellen, deren Geräusch um diese Tageszeit leiser zu werden schien, ein sanftes Psch, manchmal gefolgt von einem kurzen Platschen. Sie liebte es, wenn es ruhiger wurde, weil alle Menschen bereits zu Hause saßen oder Essen gegangen waren. Sie roch den Duft von gebratenem Fleisch, hörte Stimmen und Lachen von einer der Terrassen, die auf das Meer hinausgingen, leise und wie aus weiter Ferne. Sie verspürte einen Anflug von Einsamkeit beim Gedanken daran, wie diese Familien beisammensaßen, trotzdem wollte sie noch nicht zu May zurückgehen.
    Auch der Anblick des endlosen Ozeans ließ Einsamkeit in ihr aufsteigen, doch auf eine andere Art. Der Wind, die Wellen, der Himmel, sie alle leisteten ihr Gesellschaft, aber da war noch etwas anderes: jenes große Geheimnis, das Rätsel, das sich wie eine weiche Decke über die Welt legte, alle
Geräusche dämpfte, sie verebben ließ. Es fühlte sich an, als könne sie, wenn sie nur den Kopf neigte, etwas hören, das von der anderen Seite dieser endlosen Weite herüberdrang, so als empfange man ein Radiosignal aus Kanada oder anderswo her. Es fühlte sich an, als sei sie erfüllt davon, erfüllt bis an ihre Grenzen von der Gewaltigkeit dieses Mysteriums, von jenem Streben nach etwas Unbekanntem, das sie nicht benennen konnte.
    Cassandra breitete die Arme aus, ließ sich in den Sand sinken und schloss die Augen. Der Wind wehte aus Westen heran, blies über ihren Körper, weich und warm. Sie könnte die ganze Nacht dort liegen bleiben, sich einfach im Sand versinken lassen, wie der kleine Einsiedlerkrebs, warm, feucht und in Sicherheit. Sie sah auf und bemerkte den ersten Stern, der am Himmel über ihr blinkte, und schloss die Augen wieder. »Tausend kleine Sterne, erhellen jede Nacht, ein jeder sieht sie gerne in ihrer klaren Pracht. Fühlen wir uns einsam, verloren auf der Welt, dann sehen wir nach oben, empor zum Sternenzelt.« Sie blickte nach oben und bemerkte, dass sich eine Wolke über den Stern geschoben hatte. Nur dass es keine Wolke war.
    »Na, haben Sie schon wieder getrunken?«, fragte eine Stimme neben ihrem Ohr, und Cassandra fuhr so abrupt hoch, dass sie prompt mit den Köpfen zusammenstießen. Das hohle Ponk ließ sie auflachen, obwohl der Schmerz über ihren Augen bereits einsetzte.
    »Aua!«, stießen beide im selben Atemzug hervor und lachten, ehe er sich neben sie fallen ließ. Beide rieben sie sich die Stirn.
    »Dickschädel«, stellte Hector fest.
    »Herzlichen Dank«, gab Cassandra zurück. Seine Zähne sahen so weiß in der einsetzenden Dunkelheit aus, wie die der Grinsekatze aus Alice im Wunderland , nur nicht so unheimlich. Sie lächelte zurück.

    »Lassen Sie sich von mir nicht stören«, fuhr er fort, legte sich in den Sand und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Was für ein schöner Abend.«
    Normalerweise war sie viel zu schüchtern, um neben einem Mann zu liegen, den sie kaum kannte, doch in Anbetracht dessen, was Hector bereits gesehen hatte, gelangte sie zu dem Schluss, dass sie sich keine Sorgen machen musste. Sie stützte sich mit den Ellbogen im nassen Sand auf, ehe sie sich langsam tiefer sinken ließ und ebenfalls die Hände hinter dem Kopf verschränkte. Sie spürte Sand und kleine Muschelscherben in den Haaren und stellte sich vor, dass sie wie eines dieser Fischernetze aussehen musste, die in Restaurants immer an der Decke hingen, voller Seesterne, Muscheln und Algen. Wie das Haar einer Meerjungfrau, die im Ozean geschwommen und ans Ufer gekommen war, um dem Ruf ihres Geliebten zu folgen.
    Meine Güte, dachte sie, ich denke an das Wort »Geliebter«, während ich neben diesem Mann hier liege. Sie spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde, und

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