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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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war endlos erleichtert, dass es inzwischen ganz dunkel geworden war. Selbst wenn er sie ansähe, was er natürlich nicht tat, würde er nicht bemerken, dass ihr diese schmutzigen Gedanken die Röte ins Gesicht trieben. Nicht dass »Geliebter« ein schmutziges Wort war, nein, nur das, was es implizierte. Wie kam sie nur auf dieses Wort? Eigentlich gehörte es gar nicht zu ihrem Sprachschatz. In der Gegenwart von Dennis war es ihr jedenfalls ganz bestimmt nie in den Sinn gekommen, obwohl es weitaus angemessener gewesen wäre. Tolerierbare Vokabeln für Männer, bei denen es sich nicht um Brüder, Väter, Onkel oder Cousins handelte, waren züchtig, Worte aus den Fünfzigern, die so anständig und brav klangen wie eine verwandtschaftliche Beziehung: Bekannter, Freund, Verlobter, Ehemann. Aber »Geliebter«, das war etwas völlig anderes.
    Sie warf Hector einen verstohlenen Blick zu, aus Sorge,
das Wort könnte ihr unwillkürlich entschlüpft sein, wie diese Blauflossen oder Meeräschen, die manchmal ohne Grund aus dem Wasser sprangen und einen zu Tode erschreckten. Doch er lag da und blickte zum Himmel hinauf. Sein Geruch stieg ihr in die Nase, diese Mischung aus Schweiß, Deo und einem Hauch Aftershave, ein Geruch, den sie irgendwoher kannte, aber nicht recht zuordnen konnte. Er lag so ruhig da, dass sie geschworen hätte, er schlafe, wären seine Augen nicht weit geöffnet.
    Sie wandte den Kopf und blickte ebenfalls zu den Sternen hinauf, und wieder kam ihr das Wort »Geliebter« in den Sinn. Es erfüllte sie mit Unbehagen. Es war zu wild, zu exotisch oder so etwas wie eine TV-Miniserie eines Jackie-Collins-Romans. Es klang so leidenschaftlich, auch etwas, was in ihrem Sprachschatz normalerweise nicht vorkam. Sie hatte es nur bei einer einzigen Gelegenheit bewusst wahrgenommen - in einer Zeitungsschlagzeile: MANN BRINGT EHEFRAU UND ANSCHLIESSEND SICH SELBST UM. VERBRECHEN AUS LEIDENSCHAFT. Cassandra hatte nie verstanden, wie man so die Kontrolle über sich verlieren konnte, dass man einen so drastischen, endgültigen Schritt unternahm. Irgendwann rutschte einem etwas wie »Ich hätte ihn umbringen können« oder »Sie hat mich so wütend gemacht, dass ich sie am liebsten erschossen hätte« raus, aber niemand meinte es doch wirklich so. Aber manche Leute eben doch, wenn man den Zeitungen Glauben schenken durfte.
    Gerade in diesem Augenblick huschte eine riesige Sternschnuppe über den Himmel, und Cassandra schnappte nach Luft. Wie in Zeitlupe, als habe sie alle Zeit der Welt, beschrieb sie einen weiten Bogen übers Meer und den Strand, bis sie im Osten verglühte.
    »Ich konnte fast das Zischen hören«, bemerkte Hector.
    Nach einer Weile spürte Cassandra, wie Wärme ihren gesamten Körper durchströmte. Sie war nicht sicher, ob es an
seiner Gegenwart, von einer ihrer Hitzewallungen herrührte oder von beidem. Aber es fühlte sich gut an. Die nächtliche Luft hatte ein wenig abgekühlt, so dass sich die andere Seite ihres Körpers anfühlte, als sei sie nackt. Sie erschauderte.
    »Kalt?«, fragte er.
    »Nein.«
    Er widersprach nicht, und das Seltsame war, dass sie den Eindruck hatte, als verstehe er sie sogar. Es war ihr wichtiger, hier zu bleiben, als warm zu werden; sie wollte den Augenblick andauern lassen, weil er so schön und so friedlich war, aber auch, weil sie nicht wusste, was als Nächstes kommen würde - weder an diesem Abend noch in ihrem Leben insgesamt. Sie wollte hier bei den Einsiedlerkrebsen unter ihr liegen bleiben, unter all den Sternen, einfach nur hier sein. Noch seltsamer war, dass es ihr gefiel, ihn neben sich zu spüren, und nicht nur wegen der Wärme, die sein Körper verströmte. Normalerweise ruinierten die Leute Augenblicke wie diesen, indem sie redeten, unruhig herumrutschten, sich langweilten und viel zu schnell aufstehen und wieder gehen wollten. Es war wie an diesem Abend auf seinem Boot. An dem Abend, als sie beschlossen hatte zu bleiben.
    Ein Teil von ihr hätte gern die Augen geschlossen und ein Nickerchen gemacht, der andere Teil jedoch wollte nicht aufhören, zu den Sternen hinaufzusehen. Könnte sie dieses Gefühl einfangen, würde sie Millionen damit verdienen. Reiner Frieden, ohne störende Nebenwirkungen. Und sollte dieses Gefühl süchtig machen - wen kümmerte das schon?
    Gerade als sie die Augen für einen Moment schließen wollte, rollte sich Hector auf die Seite und stützte sich auf einen Ellbogen, um sie anzusehen. Vielleicht wollte er etwas sagen, doch er sah sie

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