In dein Herz geschrieben
lediglich an, dann streckte er die Hand aus und strich ihr Haar zurück, das der Wind über ihre Wange geweht hatte. Ihr Instinkt riet ihr, zurückzuweichen, was sich wegen all des Sands um sie herum als unmöglich herausstellte.
Sein Gesicht näherte sich, immer weiter, bis sie in seinem Atem den Duft von Kaffee und Pfefferminz wahrnahm und das Licht sah, das in seinen Augen funkelte. Was tat er da? Und dann tat er es. Er küsste sie. Seine Lippen fühlten sich trocken an, heiß, und sein Bart kratzte an ihrem Kinn. Wieso mussten Männer immer alles ruinieren, indem sie so etwas taten?, war ihr erster Gedanke. Wie schön war es gewesen, einfach hier zu liegen und zu den Sternen hinaufzuschauen, und er musste alles kaputt machen. Und doch konnte sie nicht behaupten, dass es ihr nicht gefiele.
Das ist Hector, den ich da küsse, dachte sie. Hector küsst mich. Und es ist, dachte sie, ganz schön. Es fühlte sich nicht wie einer von Dennis’ Küssen an. Oh, die Bestandteile waren dieselben, ebenso wie die Grundidee, doch in Hectors Kuss schwang etwas Neues mit, etwas Unsichtbares und dennoch Mächtiges. Seine Hand wanderte zu ihrem Hals, und die Wärme fühlte sich so köstlich an. Für den Bruchteil einer Sekunde löste er sich, ehe er sie erneut küsste, diesmal ein wenig eindringlicher. Ihre Nasen berührten sich, bis er den Kopf neigte und ihre Gesichter zueinander fanden, perfekt wie die Teile eines Puzzles.
Sie erinnerte sich nicht daran, dass sie aufgehört hatte zu denken, doch ihr wurde bewusst, dass sie es getan hatte, als sie etwas Helles vor ihren Lidern registrierte und sich zwang, aus den Tiefen aufzutauchen, in die sie mit Hector hinabgestiegen war. Als er sich wieder von ihr löste und etwas zu ihr sagte, das sie nicht richtig hören konnte, spürte sie einen kühlen Luftzug, der ihr eine Gänsehaut bescherte. Noch immer benommen, hob sie den Kopf und schirmte mit der Hand die Augen gegen das helle Licht ab.
»Cassandra?«, sagte eine Stimme. Eine Stimme, die wie ein Zentnergewicht auf sie herabfiel.
Oh Gott, dachte sie und ließ den Arm sinken. »Oh, Dennis«, sagte sie.
Hector beobachtete Cassandra, wie sie diesem Burschen zum Wagen folgte, ehe er sich umwandte und aufs Meer hinaussah, unsicher, was er nun tun sollte. Er wollte nicht wie ein Idiot hier herumstehen und ging deshalb durch den Laden und ein Stück den Pier hinunter, wie er es eigentlich vorgehabt hatte. Er musste sich sammeln. Es war, als könne er seit seiner ersten Begegnung mit Cassandra an nichts anderes mehr denken als an sie - ein Gedanke, der ihn zu allerlei Unsinn hinriss.
Harry Jack, der an seinem Stammplatz im vorderen Viertel des Piers stand, hob bei Hectors Anblick die Hand, ehe er sich wieder seiner Angel widmete.
Hector lehnte sich neben ihn ans Geländer. »Schon was angebissen?«
»Nein«, antwortete Harry Jack mürrisch, spulte die Schnur ein Stück zurück und lehnte die Angel ans Geländer. »Aber am Strand war auch ziemlich viel los.«
Hector folgte seinem Blick zu der Stelle, an der Cassandra und er gelegen hatten. Er konnte sie unmöglich gesehen haben. Dieser Teil des Strands war stockdunkel. Doch der alte Mann musste mitbekommen haben, dass Dennis auftauchte und dann alle drei zurückkamen, einer nach dem anderen wie in einer Karawane. Okay. Er könnte sich ohrfeigen für seine verdammte Dummheit. Das erste Mal, dass sie allein waren, und schon musste er sich über sie hermachen. Obwohl er wusste, dass es da einen Verlobten gab, der keineswegs von der Bildfläche verschwunden war. Hector war doch klug genug, um das zu wissen, wieso war er also nicht klug genug, die Finger von ihr zu lassen?
»Frauen«, bemerkte Harry Jack.
»Allerdings«, bestätigte Hector. Er malte sich zwar aus, wie er hinunter zum Parkplatz laufen und Cassandra von diesem Dennis wegholen würde, blieb jedoch genau dort stehen, wo er war. Das Ganze ging ihn nichts an, und er würde sich bestimmt
nicht noch mehr zum Narren machen, als er es schon getan hatte.
Harry Jack begann sich zu räuspern, etwas, was bei ihm länger dauerte als bei den meisten anderen Menschen. Hector konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen. »Alles klar, Kumpel?«
Harry Jack nickte und warf eine große Auster aufs Meer hinaus. »Wo wir gerade dabei sind«, meinte er. »Ich wollte sowieso über etwas mit dir reden.«
»Worüber denn?«
»Ich habe vor, deiner Mutter den Hof zu machen.«
Wie in Zeitlupe wandte Hector den Kopf und richtete den Blick
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