In deinen Armen (German Edition)
Bitte.« Marios Lippen flüsterten jedes Wort leise in ihr Ohr und Emma verstand, dass sie kurz davor war, eines der Geheimnisse der Erwachsenenwelt zu lösen. Es fühlte sich gut an und beruhigte sie plötzlich. Die Aufregung der letzten Minuten ebbte langsam ab und sie spürte die Müdigkeit bleischwer in ihren Knochen.
»Okay«, flüsterte sie. Aber nach meinen Regeln, ergänzte sie trotzig im Stillen. Langsam verschränkte sie ihre Finger mit seinen und zog seine Hand dahin, wo sie sie schon die ganze Zeit haben wollte, näher an sich, an ihre Brust. Sie schmiegte sich egoistisch enger an Mario und deckte sich mit seinem Körper zu. Was auch immer das war, sie wollte es und sie spürte daran, wie Marios Arm sie nun doch an sich drückte und er seinen Kopf an ihren hielt, dass er es auch spürte und es nicht halb so falsch sein konnte, wie er ihr weis machen wollte.
Das Gewitter ebbte langsam ab und während nur noch der Regen gleichmäßig auf das Dach tropfte, schlief Emma ein, unwissend, dass in dieser Nacht etwas ganz Besonderes geschehen war. Und der volljährige Mario ab diesem Augenblick alles unternehmen würde, um dieses kleine, dreizehnjährige Mädchen auf Abstand zu halten.
2
2012
»Du musst kommen, Emma! Bitte, bitte, bitte! Keine Ausrede auf der Welt lass ich gelten! Zu einer perfekten Hochzeit gehörst auch du.«
Monatelang hatte Diana Emma per Telefon belagert. Seit beide Freundinnen beruflich getrennte Wege eingeschlagen hatten, sprachen sie zwar weiterhin regelmäßig, sahen sich jedoch höchstens einmal im Jahr. Ein ganzer Ozean und unzählige Verpflichtungen trennten sie. Diana hatte in Italien Kunstgeschichte und Design studiert und ein eigenes Studio in Florenz eröffnet. Emma konnte ein Stipendium für das renommierte Massachussets Institut of Technology in den USA, kurz MIT, ergattern und war nach Amerika ausgewandert. Mit Hartnäckigkeit und ziemlichem Glück schaffte sie es, sich danach im Silicon Valley zu etablieren – und das, obwohl sie nicht mit dem blond-braunhäutigen Kalifornien-Look sondern Sommersprossen und widerspenstigen, roten Haaren gesegnet war.
Vor gerade einmal vier Wochen hatte Emma endlich zugestimmt, nicht nur für drei Tage zur Hochzeit ihrer besten Freundin an die Adria zu reisen, sondern auch noch die erste Brautjungfer für Diana zu spielen – aufgrund der knappen Zeit ohne die sonst üblichen Verpflichtungen. Sie müsste sich nicht um den Brautschmuck kümmern, sie müsste keinen Junggesellinnenabschied organisieren, sie müsste einfach nur kommen. Okay, sie war überredet.
»Hier hat sich wirklich nichts verändert«, murmelte Emma und kurvte am Tag eins des Hochzeitswochenendes das letzte Stück Straße entlang. Die Gegend hatte ihren Zauber nicht verloren. Die weiße Sommervilla, wo sie früher ihre Ferien mit Diana verbracht hatte, thronte auf einer Felserhebung mit Blick auf die azurblaue Bucht, umsäumt von einem Blütenmeer aus Rosen, Oleander und Flieder und Terrassen voll wildem Wein. Es existierte also immer noch, das Stückchen Paradies auf Erden, mit dem sie so vieles verband.
Zum Anwesen von Dianas Familie gehörten Ställe für Pferde und Sportplätze. Direkt am Haus schloss sich eine traumhaft schöne Poollandschaft mit verschiedenen Kanälen und Brücken an, die sich bis ins Untergeschoss des Hauses fortsetzte, so dass selbst im Winter, wenn das Meer zu rau stürmte, niemand aufs Schwimmen verzichten musste. Im Landhaus gab es mehrere Salons, die durch Flügeltüren verbunden waren. Bewirtet wurde das Haus von Maria und Alfonso, die ein kleines Cottage auf dem Besitz bewohnten.
Emma lächelte und streckte sich kurz. Endlich ein paar Tage frei. Oder zumindest ein Tapetenwechsel. Direkt Urlaub hatte sie nämlich nicht bekommen. Ihr Laptop lag auf dem Beifahrersitz und ihr Blackberry klemmte dazwischen. Der einzige Grund, warum gerade Ruhe herrschte, war die Zeitverschiebung. Wenn hier Vormittag war, so gingen in Kalifornien langsam die Lichter aus und der Arbeitstag war zuende.
Emma hielt in ihrem japanischen Kleinwagen, einem gut geflickten Toyota, der bei ihren Eltern auf ihre Rückkehr gewartet hatte, mit einem Knall vor der Toreinfahrt des Anwesens. Sie überreichte dem Wachmann wie selbstverständlich die Einladung, die sie mit goldenen Lettern als eine der Gäste der großen Hochzeit zwischen Diana und dem englischen Banker Philipp Weston auswies.
Die Security drehte und wendete ihre Einladung, warf einen Blick auf sie und
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