In deinen Armen
doch sie war zu erschöpft, sich deswegen Sorgen zu machen. Er hatte sich ohnehin längst seine Meinung gebildet. »Ja. Jede Menge«, sagte sie.
»Haben sie dich extra bezahlt, damit du mich verführst, nachdem ich anfing, ans Fortgehen zu denken?«
Ihr stockte der Atem. Sie machte sich
sehr wohl
Sorgen, andernfalls hätte sie sein Misstrauen nicht so tief getroffen. »Bastard«, flüsterte sie.
»Wenn ich mich recht erinnere, bist du der Bastard.«
Sie schluckte schwer. Es war nicht das erste Mal, dass man sie einen Bastard nannte. Sie würde es überleben. Und sie hätte es auch überlebt, wenn er sie eine Hure genannt hätte. Fast erwartete sie schon, das von ihm zu hören.
Nicht erwartet hatte sie jedoch, dass sie daran zugrunde gehen könnte. Nicht an den Beleidigungen eines Mannes, den zu lieben sie sich weigerte. »Soll ich hier am Strand bleiben und am Morgen zum Hafen gehen? Ich finde bestimmt einen Fischer, der mich zurückbringt«, sagte sie und verhaspelte sich dabei nur ein einziges Mal.
Er legte ihr blitzschnell den Arm um die Taille. »So leicht kommst du mir nicht davon, Mädchen. So weit, wie du gekommen bist, kannst du jetzt auch den MacLeans gegenübertreten, mit all deinen Sünden auf deine Stirn geschrieben.«
Kapitel 20
»Also bist du nicht an meine – respektive Stephens – Seite geeilt, weil du auf Geld aus warst, sondern weil du mich … ihn … wirklich liebtest?« Kiernan hatte seinen Arm um Enid gelegt, während sie durch dunkle Wälder und über feuchte Wiesen auf Castle MacLean zumarschierten.
Sie stieß ihm den Ellenbogen in die Rippen.
Er zuckte zusammen, ging aber weiter, während er seine Enttäuschung zu meistern versuchte. Feststellen zu müssen, dass die Frau, von der sein Leben abgehangen hatte, die er verehrt und auf die er Anspruch erhoben hatte, nicht seine Frau war! Er hatte seine alten Erinnerungen zurück, ja. Aber er hatte auch neue. Er erinnerte sich, wie er mit Enid gelebt hatte, von ihr umsorgt wurde, mit ihr gestritten und mit ihr gescherzt hatte. Er wusste, wie scharf ihre Zunge sein konnte, wie golden ihr Lachen war und wie sie gähnte, kurz bevor sie einschlief.
Er wusste, wie sie nackt aussah.
Sie war seine Frau gewesen, und er wollte sie immer noch zur Frau haben.
Sie ging neben ihm, hielt mit seinem ausgreifenden Schritt mit und auch mit seiner Wut. Ach bin aus reinem Pflichtgefühl nach Blythe Hall gefahren, um meinen Gatten zu umsorgen. Mr. Kinman war schockiert, wie egal Stephen mir war. Aber Lady Halifax hat darauf bestanden, dass ich an deine … Stephens Seite … eile und mich wie eine brave, treu sorgende Ehefrau verhalte. Und das habe ich getan. Ich habe dich von der Schwelle des Todes zurückgeholt, dass du mir das nicht vergisst, du undankbarer Schurke!«
»Für Geld!«
»Ich hätte dich sterben lassen können und hätte das Geld dennoch erhalten. Und hätte mir Kummer und schmerzende Füße erspart.«
Verdammt sollte sie sein, diese Frau. Begriff sie denn nicht, dass sie ihn bis ins Mark getroffen hatte? Sie hatte ihn mit Stephen verwechselt! Seinem nichtsnutzigen, ruchlosen Cousin Stephen. Sie hatte sie beide nicht auseinander halten können. »Ich fühle mich geehrt, dass du mich nicht wegen einer Erbschaft umgebracht hast.«
»Wegen einer Erbschaft? Stephen hat nicht einmal einen Teekessel besessen, geschweige denn ein Fenster, zu dem er ihn hätte hinauswerfen können! Als er mich verlassen hat, hat er mir nichts als Schulden hinterlassen. Warum hätte es diesmal anders sein sollen? Und dass ich keine Erbschaft zu erwarten hatte, da war ich mir sicher, allmächtiger Clansherr der MacLeans! Das hattest du mir Ja damals schon in dem Brief klar gemacht, den du mir aus dem glücklichen Anlass meiner Vermählung geschrieben hattest.«
Er erinnerte sich an den Brief. Er war fuchsteufelswild darüber gewesen, dass Stephen sich unter Wert verheiratet hatte. Tante Catriona hatte bitterlich über ihren armen, leichtgläubigen Sohn geweint, und MacLean hatte sich erinnert, wie anfällig Stephen für Schmeicheleien war, und so war in seiner Vorstellung das Bild der opportunistischen Verführerin Enid entstanden. »Stephen hat dich nicht im Stich gelassen. Du hast ihn verlassen, weil er dir nicht das angenehme Leben bieten konnte, wie du es dir vom Sohn eines Lords erwartet hattest.«
»Ich wette, das hat Stephen dir erzählt.«
»Ja, hat er«, sagte er und musste ehrlicherweise hinzusetzen: »Ich nehme an, er hat mich belogen, um sein
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