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In deinen Armen

In deinen Armen

Titel: In deinen Armen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
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groß gewachsen, doch damit endeten die Ähnlichkeiten auch schon. Exzentrik hätte die zwischen ihren Fingern glimmende Zigarre erklären können. Aber nichts konnte diese Kleider erklären, diese Schminke, das ganze ungeheuerliche Erscheinungsbild dieser Frau von … von … vielleicht fünfundfünfzig Jahren?
    Offenkundig verabscheute sie Korsett und Unterröcke, denn sie trug ein Kleid, das wohl eher den Tagen ihrer Jugend angemessen war denn der heutigen Mode, und das von Skandal zeugte, nicht von gutem Geschmack. Der dünne Stoff war unterhalb des Busens zusammengerafft und fiel dann geradewegs und von keinerlei schicklichen Unterkleidern gehindert zu Boden. Tatsächlich konnte Emd die Silhouette der Beine erkennen, als Lady Bess an einem Licht vorüberging, und der Stoff legte sich an Stellen, wo er absolut nichts zu suchen hatte. Zumindest nicht, wenn Anstand gefragt war.
    Die Lady begab sich an ihres Sohnes Seite und fragte: »Möchtest du, nach langer Abwesenheit und all der Aufregung, vielleicht deine besorgte Mutter umarmen?«
    »Natürlich, Madam.« Er drückte sie, allerdings mit einem, wie Emd feststellen musste, scheußlichen Mangel an Zuneigung.
    Enid machte sich daran, Graeme zu untersuchen. Ein junger Dienstbote hielt einen Kandelaber hoch, um ihr Licht zu spenden.
    Sie dankte es ihm mit einem Lächeln.
    Ein stechender Whiskygeruch schlug ihr entgegen, als sie sich über Graeme beugte. »Mir geht's gut, Madam. Ist bloß ein Kratzer.«
    »Der Kratzer hat Ihnen aber die ganzen Kleider eingeblutet.« Enid strich das Haar auseinander und begutachtete die klaffende Wunde an seinem Kopf. »Es heilt besser, wenn ich es nähe.«
    Graeme sah beunruhigt drein, bis MacLean sich zu ihm gesellte.
    »Lass sie es machen«, sagte MacLean. »Sie wird dafür sorgen, dass du hinterher richtig gut aussiehst.«
    Einer der berockten Schotten rief: »Ist sie denn 'ne Wunderheilerin?«
    Dem Seitenhieb folgte das nächste brüllende Gelächter.
    »Sie wird jedenfalls keine Ruhe geben, bis du nicht ordentlich verarztet bist.« MacLean stand an Emds Schulter und verschaffte ihr Autorität. »Also sitz still, Graeme, und nimm den Schmerz wie ein Mann.«
    Ein Mann in den groben Kleidern eines Waldarbeiters sagte: »Wenn der das wie ein Mann nimmt,. dann
wissen
wir, dass sie 'ne Wunderheilerin ist.«
    Das Gelächter war diesmal noch lauter. Erst jetzt begriff Enid, was hier los gewesen sein musste. Überall in der Halle hatte man Tische und Bänke umgekippt. Ein paar der Männer hielten immer noch ihre Breitschwerter umfasst. Man hatte sie vor einem Angriff auf ihren Clansherrn gewarnt, also hatten sie zu den Waffen gegriffen und sich auf den Kampf vorbereitet. Dann hatte man sie zurückgepfiffen. Und jetzt war alles, von der Dienerschaft bis zu den Gentlemen und Ladys, rastlos und überdreht. Falls sie einen Beweis gesucht hätte, dass sie sich nicht mehr in England befand, diese gesellige, eingeschworene Gruppe unterschiedlichster Menschen hätte sie überzeugt.
    »Madam, hier ist eine Nadel und ein Katzendarm.« Donaldina stand neben Enids Ellenbogen und präsentierte ihr auf dem Silbertablett ein professionelles Arbeitsgerät. »Normalerweise macht Lady Bess die Näherei, aber sie ist nicht besonders vorsichtig, so dass Graeme sich freuen wird, wenn Sie's machen.«
    Graeme sagte schicksalsergeben: »Ja, Madam, das tu ich.«
    In einem riesigen Sessel am Ende der langen Tafel sitzend, zog Lady Bess an ihrer Zigarre. »Das merke ich mir, wenn mich das nächste Mal wer ruft, damit ich dich verarzte, Graeme.«
    Er rutschte in seinem Sessel zusammen und wirkte so besorgt, dass Enid ihn fragte: »Sind Sie denn öfters verletzt?«
    »Wenn irgendwo ein verirrter Pfeil herumfliegt oder es eine Glasscherbe zum Reintreten gibt, unser Graeme kriegt es ab, aber das ist deine erste Kugel, nicht wahr, mein Junge?«
    »Die erste, ja.« Graeme grimassierte. »Und die letzte.«
    »Sorge dafür.« MacLean legte die Hand in Enids Nacken und massierte die angespannten Muskeln. Eine kleine Geste nur, die aber jeder mit glänzenden Augen zur Kenntnis nahm.
    Genauso wie jeder zur Kenntnis nahm, dass sie seine Hand fortstieß und wütend zu ihm aufsah. Er brauchte nicht zu glauben, dass seine betörenden Tricks bei ihr wirkten.
    MacLean lächelte so voller Zuneigung zu ihr herab, dass sie sich auf Zehenspitzen erhob und zornig flüsterte: »Würdest du bitte damit aufhören?«
    »Womit?«
    »Dich zu benehmen, als gäbe es so zarte Bande zwischen

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