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In deinen Augen

In deinen Augen

Titel: In deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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den ich noch im Ohr hatte, heraus und setzte mich auf. »Grace ist da draußen? Das ist nicht gut.«
    Es war mehr als nur nicht gut. Grace gegen Staranwalt Mr Thomas Culpeper war kein Kampf, bei dem ich gern zusehen wollte, weil ich nur zu genau wusste, wie er ausgehen würde.
    »Sag bloß, Prinzessin«, sagte Cole knapp. »Deswegen hätte ich jetzt auch gern, dass du zu deinem Vater gehst und ihm sagst, er soll das Telefon in die Hand nehmen und sie aufhalten.«
    Doch auch bei diesem Kampf war mir von vornherein klar, wie er ausgehen würde.
    »Das wird nicht funktionieren«, antwortete ich. »Es liegt nicht mehr in seiner Hand.«
    »Ist. Mir. Egal«, sagte Cole, langsam und geduldig wie zu einem Kind. »Geh zu diesem Bastard und sorg dafür, dass die Sache abgeblasen wird. Ich weiß, dass du das kannst.«
    Ich merkte, wie sein Tonfall alles in mir zum Sieden brachte. »Okay, erstens: Du sagst mir nicht, was ich zu tun habe. Und zweitens: Alles, was passieren wird, wenn ich da runtergehe, ist, dass ich ihn völlig umsonst ziemlich stinkig auf mich mache, und vielleicht, wenn ich richtig Glück habe, fängt er dann auch noch an, sich zu wundern, warum ich die Wölfe auf einmal so furchtbar lieb habe, und damit öffnen wir vielleicht die Büchse der Pandora, mit deren Inhalt ich mich dann den Rest des Jahres rumschlagen darf. Und weißt du, was er dann sagen wird? Dass es nicht mehr in seiner Hand liegt. Es wird Zeit, dass du deinen Plan umsetzt.«
    »Meinen Plan? Mein Plan würde nur funktionieren, wenn Grace hier wäre. Ohne Grace hab ich nur einen emotional instabilen Wolf und einen VW.«
    Das Haus war totenstill im Vergleich zum Gebrüll von vorher. Ich stellte mir vor, wie ich nach unten ging und meinen Vater wegen der Jagd zur Rede stellte. Es war zu lächerlich, um überhaupt darüber nachzudenken.
    »Ich mach das nicht, Cole.«
    »Wenigstens den Versuch bist du mir schuldig.«
    »Schuldig?« Ich lachte, ein hartes, abgehacktes Geräusch. Einen Moment lang schlitterten meine Gedanken von einem unserer Aufeinandertreffen zum nächsten und versuchten, auch nur ein Körnchen Wahrheit in dem zu finden, was er gesagt hatte. Aber ich fand nichts. Wenn überhaupt, war er mir etwas schuldig, und zwar einiges. »Wieso sollte ich dir irgendwas schuldig sein?«
    Coles Stimme war vollkommen ruhig. »Dein Scheißkerl von Vater hat Victor getötet und ihn mir vor die Füße geworfen.«
    Ich fühlte, wie mein Gesicht immer heißer wurde.
    »Ich bin aber nicht er. Ich bin dir einen feuchten Dreck schuldig, Cole St. Clair. Wenn ich vorher auch nur in Betracht gezogen haben sollte, da runterzugehen und mit meinem Vater zu reden, dann hat sich das spätestens jetzt erledigt und du kannst mich mal!«
    »Ach, wie reizend – und so erwachsen. Tolle Art, mit Problemen fertig zu werden. Sich an einer unwichtigen Kleinigkeit festbeißen, total ausflippen und das Ganze einfach jemand anderem zuschieben. Du bist echt Daddys kleines Mädchen, was?«
    Das tat weh, also lachte ich. »Musst du gerade sagen. Das Einzige, was mich gerade überrascht, ist, wie erstaunlich nüchtern du klingst. Na ja, wenn’s schiefgeht, kannst du dich ja immer noch umbringen, stimmt’s?«
    Er legte auf.
    Mein Puls raste, meine Haut glühte und plötzlich wurde mir schwindelig. Ich lehnte mich zurück und schlug die Hände vor den Mund. Mein Zimmer sah noch genauso aus wie vor dem Anruf.
    Ich warf mein Handy an die Wand. Als es schon mitten im Flug war, dachte ich noch, dass mein Vater mir den Kopf abreißen würde, wenn ich es kaputt machte, aber es knallte gegen die Wand und rutschte dann zu Boden, ohne dass irgendwelche Teile davon absplitterten. Es sah genauso aus wie vorher. Nichts hatte sich geändert. Gar nichts.

KAPITEL 62
SAM
    Cole explodierte in die Küche wie eine Nagelbombe. Es war beinahe ein Uhr nachts und in viereinhalb Stunden würden die Wölfe sterben.
    »Keine Chance, Ringo. Culpeper kann’s nicht mehr abblasen.« In seinen Augen lag einen Wildheit, die in seiner Stimme nicht zu hören war.
    Ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass er das tun würde, aber es war mir dumm vorgekommen, es nicht wenigstens zu versuchen. »Kommt Isabel?« Zu meiner Überraschung klang ich ganz normal, wie eine Tonbandaufnahme von mir selbst, die abgespielt wurde, während mein wahres Ich seine Stimme verloren hatte.
    »Nein«, sagte Cole. Einfach so. Es war kaum ein richtiges Wort. Nur hervorgestoßener Atem. Er riss den Kühlschrank so heftig auf, dass die

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