In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)
weshalb hätte sie die Fenster verrammeln sollen, wenn er immer noch dort wohnte? Es sei denn, sie hätte ihn vor die Tür gesetzt …
Er schüttelte den Kopf. »Sie hat sich geschämt. Es hat nichts an meiner Liebe zu ihr geändert, sie hatte es sich nicht selbst zuzuschreiben.«
»Sie haben Recht. Es war nicht ihre Schuld.« Anya griff nach einem Papiertuch aus dem Spender auf der Arbeitsplatte und reichte es ihm. »Wie ging es ihr danach?«
»Furchtbar. Sie hätte unbedingt noch einmal zu Ihnen kommen müssen, aber sie hat andauernd gesagt, sie nimmt die Sache selbst in die Hand. Sie hat gesagt, mit jedem Nagel, den sie einschlägt, gewinnt sie ein weiteres Stück Kontrolle über ihr Leben zurück. Schauen Sie sich die Fenster an – das hat doch nichts mit Kontrolle zu tun, das ist ein Gefängnis, was sie da gebaut hat.«
Anya wollte nach der Pille danach fragen. »Das ist eine sehr persönliche Frage, ich weiß, aber haben Sie mit Kondomen verhütet?«
»Nein. Das mussten wir nicht. Ich habe vor Jahren eine Vasektomie vornehmen lassen. Wir haben überlegt, sie rückgängig machen zu lassen.«
Anya wünschte sich, dass er ruhig bliebe. Wenn er die Wahrheit sagte, dann war Greg nicht der Vergewaltiger. »Hat sie deshalb die Pille danach verlangt? Weil der Mann, der sie vergewaltigt hat, kein Kondom benutzt hat?«
»Sie war so durcheinander, dass sie sich nicht daran erinnern konnte. Gewusst hat sie nur, dass sie auf keinen Fall ein Kind von ihm wollte.«
Meira kam näher. »Nach dem Überfall, ist sie da zu Hause geblieben?«
»Am Wochenende sind wir zu ihrer Schwester gefahren. In die Blue Mountains.« Er brach wieder in Tränen aus. »Um Gottes willen, der hab ich es noch gar nicht gesagt. Und jetzt steht es in allen Zeitungen.«
»Die dortige Polizei hat sie inzwischen mit Sicherheit informiert«, beruhigte Anya. Sie hätte es unangemessen gefunden, noch weiter in ihn zu dringen. Zumindest im Moment. »Nur eines noch. Hat der Mann, der sie vergewaltigt hat, irgendetwas mitgenommen?«
»Bargeld, Kreditkarten und ein Foto von ihr, vom Kühlschrank.«
»Dieses hier?« Auf einem Pappteller brachte die Ermittlerin ein zerrissenes, blutbeschmiertes Foto, sorgsam darauf bedacht, es nicht zu berühren. »Das haben wir draußen aus der Tonne gefischt.«
Greg warf einen Blick darauf, lief zur Spüle und würgte.
Anya fragte sich, weshalb der Mörder das Foto als Trophäe mitnehmen sollte, nur um dann eine Woche darauf an den Tatort zurückzukehren und es dort zu zerreißen. Und überhaupt, wenn Vergewaltigung und Mord von ein und demselben Täter verübt wurden, weshalb hat er Liz dann nicht gleich bei der Vergewaltigung umgebracht?
Einen Moment lang beobachtete sie Greg und wusste nicht, was sie denken sollte. Er mochte nicht der Vergewaltiger sein, aber er war noch immer der Hauptverdächtige für den Mord an seiner Lebensgefährtin.
Beim Hinausgehen legte Meira Sorrenti ihre Sicht der Dinge dar. »Wenn ihr mich fragt, die Dorman hatte mit irgendjemandem was am Laufen, ihr Freund ist ihr draufgekommen, und sie hat die Vergewaltigungsstory erfunden, um da wieder rauszukommen. Deswegen hat sie die Pille danach gebraucht, und deswegen hat sie sich nicht untersuchen lassen wollen. Es gab keine Verletzungen.«
»Und was ist mit dem Foto?« Hayden klang nicht überzeugt.
»Das hat sie ihrem neuen Verehrer vermacht, ihr Freund hat es zurückgeholt und sie abgestochen. Er weiß, mit wem sie’s getrieben hat.«
Hayden räusperte sich. »Das erklärt aber nicht, wieso Elizabeth die Fenster verbarrikadiert hat und trotzdem bei ihrem Freund geblieben ist.«
Der einzige Grund dafür, überlegte Anya, war, um zu verhindern, dass jemand die Fenster aufmachte, und um sicherzustellen, dass nie wieder jemand hereinsehen und sie beobachten würde.
23
Quentin Lagardia stellte seinen silbrigen Aktenkoffer auf dem Boden des Empfangsraums des Zentrums für sexuelle Übergriffe ab.
»Ich bringe den Autopsiebericht von Elizabeth Dorman. Da sind noch ein paar Punkte, die ich gerne mit Ihnen besprechen würde, da Sie ja über die anderen Vergewaltigungsopfer Bescheid wissen.«
Hayden Richards zog sich die Hose hinauf, die diesmal sogar noch lockerer saß. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich Mäuschen spiele. Vielleicht lerne ich ja noch was.«
»Kein Problem.« Anya führte die beiden in ihr Büro. Das Zimmer hatte eher die Ausmaße eines größeren Kleiderschranks. Nicht breit genug, um ein Bett darin
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