In deiner Hand
ausgetrickst und uns gezeigt, was wir zu sehen erwarteten. Die Umkleideräume und Duschen werden nicht überwacht, weshalb es ihm ein Leichtes war, dort einzudringen. Das System war darauf aufgebaut, die Schüler zu ... beschützen", grummelte sie. "Vor einer Gefahr von 'Innen'! Dieses Projekt läuft praktisch im Geheimen ab, nur die Wenigsten wissen davon. Niemand von uns rechnete mit einem solchen ... Vorfall." Sie inspizierte kurz ihre Fingernägel. "Das wird nie wieder vorkommen! Das schwöre ich dir!"
„Die Titanic war auch unsinkbar!“, bemerkte ich trocken und machte auf dem Absatz kehrt.
Das klang alles so sehr an den Haaren herbeigezogen. Ich war keineswegs davon überzeugt, dass die Sache so toll war, wie Linda mir weißmachen wollte. Diese Vampire waren alle nicht ganz dicht und Linda schien auch nicht mehr alle Tassen im Schrank zu haben.
„Verry! Warte! Das ist doch albern!“
Ich war schon auf dem Flur und einige Spätzügler beobachteten mit aufgerissenen Augen, wie Linda mich an der Schulter wieder zurück in ihr Büro zerrte. Mit ganzer Kraft stemmte sie ihren zarten Körper gegen meinen und drückte mich von innen gegen die Tür. „Wenn du jetzt gehst, wird Erik sterben! Das kann ich nicht zulassen, Verry!“
„Was willst du tun, hm? Mich einsperren und mir einen intravenösen Zugang legen?“
„Für dich würde er sein Leben geben, Verry! Verstehst du das nicht? Er ist nicht der Killer für den du ihn hältst! Er hat ein gutes Herz! Die Menschen waren es, die ihn dazu brachten die Kontrolle zu verlieren!“
„Lass es einfach, Linda.“
Ich hatte keinen Bock mir dieselbe Leier erneut anzuhören. Der Schrott, den man mir hier auftischte, reichte für die nächsten zwanzig Jahre.
Linda ließ sich von meiner entschlossenen Miene nicht beirren. Sie drückte ihre schmalen Finger fest gegen meine Schultern und sah mit einem leidenschaftlichen Funkeln in den Augen in mein Gesicht. Gleichgültigkeit war das einzige, was sie von mir bekommen würde. Ich überlegte, welchen Song ich in Gedanken singen könnte, damit ich mir nur nicht weiterhin ihr dämliches Gefasel anhören musste.
I got a lot to say tooo yoouu, yeah i got a lot to saaaaay! I notice your eyes are always glued to me…
„Erik hatte wahnsinnige Angst! Er wurde so verunsichert und eingeschüchtert, dass er fast gekrochen ist, weil er nicht die Stärke fand sich zu konzentrieren und seine Haltung zu bewahren. Sie haben ihn ausgelacht, Verry! Sie haben ihn verhöhnt und ihn herum geschubst.“ Jetzt weinte sie richtig. „Sie waren so gemein zu ihm!“
If you want to play it like a game, well come on, come on, let´s plaaayyy …
„Ich dachte, er hätte seine Aura trainiert?“ Ach verdammt. Ich hörte ja doch viel zu aufmerksam zu!
„Danach! Ja … aber vorher musste er sich ganz auf seinen Körper und seine Willensstärke verlassen! Er war so ein guter Junge! So ein liebevoller, strebsamer Schüler. Er wusste auf alles eine Antwort und wenn er gelacht hat, blühte einem das Herz auf. Erik war ein wunderbarer Junge, mit einem großen Herzen. Aber er war noch nicht bereit für die Menschen und sie waren noch nicht bereit für ihn.“
„Hmm.“ Mir war der blöde Songtext entfallen, also blieb mir nichts anderes übrig als ihren Worten mit ätzend großem Interesse zu lauschen. Nicht einmal mich selbst konnte ich belügen! Was für eine Kacke!
„Verstehst du nicht? Erik war so lange allein! Keiner von uns wollte ihn so leiden sehen! Jeder von uns wünschte sich von ganzem Herzen, dass er endlich glücklich wird! Wir waren alle so darauf erpicht, ihn unter die Leute zu bringen, dass wir nicht verstanden, dass er zwar alles was wir ihm beibrachten aufnahm, es aber nicht verinnerlichte. Erik kopierte unsere Worte, unsere Gesten, unser Benehmen. Er war der geborene Schauspieler! Er tat das aber nicht bewusst! Er war von unseren Lobeshymnen so gepusht worden, dass er selbst keine Zweifel mehr an der Durchsetzung unseres Plans hegte. Er brannte vor Neugier, war aufgeregt wie ein kleiner Junge bei seiner Einschulung. Wir begriffen viel zu spät, dass er uns nur stolz machen wollte, dass er dieses Bild von sich nur aufrecht hielt um UNS glücklich zu machen. Dabei sollte es anders herum sein. Etwas in ihm zerbrach an dem Tag.“
Linda zog sich zurück, taumelte, bis sie mit ihrem Hintern gegen die Tischkante stieß, sich auf die Platte setzte und mit abwesendem Blick fortfuhr. Unterdessen strich ihre Hand grob über ihr Dekolleté und
Weitere Kostenlose Bücher