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In deiner Hand

In deiner Hand

Titel: In deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Tintenfee Lewis
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man zurückließ. Kurz kaute ich das eben gedachte durch und schämte mich meiner Gefühlslosigkeit wegen. Wie oft hatte ich schon überlegt von einem Hochhaus zu springen? „Sind alle Vampire so todsüchtig?“
„Wenn du tausende von Jahren auf der Erde lebst und immer wieder mit ansehen musst, wie diejenigen, die du liebst sterben, dann verliert jeder die Lust“, schniefte sie und verschmierte mit der rechten Hand ihr ganzes Mascara auf den Wangen.
„Erik hat sich also wieder … eh … gefangen“, lenkte ich ab, weil ich sah, dass hinter diesem vermeintlichen Junkie weitaus mehr steckte, als Linda zuzugeben bereit war. Um zu erkennen, dass es sie quälte, hätte ich sie nicht einmal ansehen müssen. Die Last der Vergangenheit machte ihre Zunge fahrig, die Gedanken träge. Sie zitterte heftig, als sie langsam Aufstand und beschämt ihren Rock glatt strich. Da fiel mir zum ersten Mal dieses merkwürdige Flimmern an meinem äußeren, linken Sichtfeld auf. Dem schenkte ich aber keine Beachtung, da Linda endlich die Kraft gefunden hatte weiter zu sprechen.
„Ja. Es hat fast zehn Jahre gedauert, bis er selbst davon überzeugt war niemandem etwas beweisen zu müssen. Zehn Jahre … und endlich fühlt er sich bereit für einen zweiten Start. Und dann tauchst du auf!“, warf sie mir leise vor und schüttelte den Kopf. Als sie mich ansah, stellte ich überrascht fest, dass ich nur noch die linke Seite ihres Gesichts erkennen konnte. Das Flimmern war mittlerweile so ausgeprägt, dass ich mir einbildete, es zu fühlen! Ein leichtes Kribbeln ging von meinem linken Auge aus und zog sich merkwürdigerweise über meine Wange, bis zu meinem Mund. Als wäre die Blutzuvor in Lippen und Zunge durch irgendetwas blockiert, setzte sch das leichte Prickeln auch dort fort.
„Was hat das denn jetzt mit mir zu tun?“, murmelte ich etwas beunruhigt.
„Du warst Erik gegenüber extrem aggressiv, so unglaublich bösartig. Keiner von uns verstand was da vor sich ging. Erik war nach dem ersten Tag so geknickt, dass er sich weigerte, zurück in die Schule zu gehen.“
„Meinetwegen?“, rief ich verblüfft und blinzelte. Irgendwie veränderten sich die Konturen des Zimmers, traten viel greller und schärfer hervor als gewöhnlich. Angespannt rieb ich mir über das Auge und den Mund und stellte entsetzt fest, dass meine Finger sich ebenfalls merkwürdig anfühlten. Scheiße! Was passierte hier?
„Natürlich! Mein Gott, Verry! Du warst so unfair! Ständig hast du ihn beleidigt, dich über seine Körperhaltung lustig gemacht. Mittlerweile verstehe ich deine Antipathie und weiß, dass sie nicht auf Erik basiert, sondern einen tiefsitzenden Grund hat. Aber am Anfang war ich so wütend, dass ich Rex beauftragte, dich rauszuschmeißen.“
„DU?“ Mir fiel die Kinnlade runter. Trotzt all der merkwürdig flackernden Facetten vor meinen Augen, konnte ich nicht umhin sie verblüfft anzustarren. Was mir wirklich schwer fiel, weil der fleischfarbene Fleck, der einmal ihr Gesicht war, immer größer wurde.
„Du hast ihn so extrem provoziert, dass ich davon überzeugt war, dass deine Anwesenheit Erik bis aufs Blut reizen und ihn irgendwann wieder durchdrehen lassen würde. Das konnte ich einfach nicht riskieren!“
Unruhig ballte ich meine prickelnde Hand, die sich anfühlte, als stecke sie in einem riesigen Ameisenhügel, welche mir bis zur Schulter hinaufkrochen. Das Kribbeln verschwand urplötzlich und machte einer merkwürdigen Taubheit Platz.
Schlaganfall!
war das Erste, das mir panisch durch den Kopf schoss. Halbseitige Lähmungen waren doch ein Anzeichen dafür, oder?
Ich versuchte weiterhin Lindas Worten zu folgen ohne mir anmerken zu lassen, dass ich gerade Todesängste durchlebte. „Und dann mischte Erik sich ein!“
„Was hat er mit ihr gemacht?“ Meine Zunge lag bleischwer in meinem Mund. Auch Linda fiel das auf, denn ihre Augenbrauen schossen kurz in die Höhe, dann hatte sie sich wieder gefangen.
„Er hat ihr seinen Willen aufgezwungen!“ Linda beobachtete mich mit gerunzelter Stirn, fuhr aber unbeirrt fort. „Für gewöhnlich verzichten sie darauf, diese Fähigkeit einzusetzen, denn es ist ihnen zuwider! Sie sind zivilisiert genug, um zu akzeptieren, wenn es mal nicht so läuft, wie sie es gerne hätten. Vor Jahrhunderten war es Gang und Gebe, dass sich Sterbliche dem Willen eines Vampirs zu beugen hatten. Eine Wahl bestand so gut wie nie. Doch das wurde mit der Zeit immer seltener angewendet, weil die Vampire begriffen, dass

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