In deiner Hand
den Augenwinkeln sah ich Haiss zwischen den Schülern verschwinden.
„Leg dich nicht mit ihm an, Verry!“, warnte mich Gadget und half mir beim Aufstehen. Er blickte mit gerunzelter Stirn in die Richtung, in der das Arschloch verschwunden war.
„Was bezweckt er damit, hm? Will er, dass ich mir die Knochen breche?“, knurrte ich und wollte ihm nach. Gadget hielt mich zurück.
„Verry! Reiß dich zusammen. Du weißt nicht, worauf du dich da einlässt!“
„Dieser Penner hat mein Board ruiniert“, blaffte ich und riss mich los. „Ich hätte mir den Hals brechen können!“ Ich schäumte vor Wut. Gadget schüttelte den Kopf.
„Vertrau mir. Es ist besser du lässt diesen … Typen einfach in Ruhe … und jetzt geh zurück in deine Klasse. Der Unterricht beginnt gleich wieder.“ Wer hatte eigentlich die Zehn-Minuten-Pause einfallen lassen? Welcher Schüler sollte sich in dieser Zeit entspannen, wenn er nicht gerade die Blase auf dem Klo erleichterte? Gadget duldete keine Wiederrede. Aber das war egal. Haiss würde ich mir in der Mittagspause schnappen!
In den nächsten drei Stunden verarbeitete ich alle meine Bleistifte zu Kleinholz. Sehnsüchtig starrte ich auf die Uhr über der Tür.
Noch fünf Minuten!
Sobald es klingelte sprang ich auf, viel zu schnell! In der letzten Zeit war mein Kreislauf wirklich nicht mehr der Beste. Tupfen tanzten vor meinen Augen und ich klammerte mich an mein Pult. Kurz wurde alles schwarz. Als ich mich schließlich umsah, war der Raum längst leer. Haiss war ebenfalls verschwunden.
„Verdammt!“
Ich eilte wie auf Eiern nach draußen und sah mich um.
Da!
Haiss Birne stach aus der Masse wie eine Giraffe aus einer Horde Elefanten. Er überragte die anderen Schüler um fast zwei Köpfe! Ich quetschte mich durch die drängelnden Teenies und biss bei jedem Stoß gegen meine rechte Seite, die Zähne zusammen. Haiss steuerte direkt auf den Hauptausgang zu. Perfekt! Von dort führte eine Freitreppe auf den weitläufigen Schulhof. Mit einem Seitenblick aus den hohen Fenstern konnte ich mich vergewissern, dass es genug Schaulustige geben würde. Voller Vorfreude überbrückte ich den Abstand und schob die Tussi, die ihm fast am Arsch klebte, zur Seite. Seine schwarze Jeanshose hing ihm wieder in den Kniekehlen. Kurz ließ ich den Blick über die graukarierte Boxershort wandern, die fast komplett herausschaute und überlegte, wie ich die Finger so in den Stoff bohren konnte, ohne dass er es merkte. Kurz und heftig schlug mir eine ordentliche Ladung seines After Shaves entgegen und lenkte mich ab. Komisch! Er roch heute verdammt gut.
„HEY, ERIK! Süßer!“, ertönte es von links. Haiss hielt inne, auf der obersten Treppenstufe! Die Schüler drängten an ihm vorbei. Ich blieb stehen, so dicht hinter ihm, dass meine Nase fast gegen seinen breiten Rücken stieß. War er gestern nicht viel schmaler gewesen? Haiss fluchte. Ich streckte die Hand aus. Er wirbelte herum. Ich griff mit beiden Händen nach seiner Unterhose und riss sie nach unten. Der ganze Schulhof schien die Luft anzuhalten.
Wir starrten uns an.
Haiss und ich.
An Flucht war jetzt nicht mehr zu denken. Ich blieb einfach stehen und erwiderte den mörderischen Blick, den er mir schenkte. An seiner Schläfe pochte eine Ader und schwoll daumendick an. Er bückte sich nicht, um sich wieder anzuziehen, sondern präsentierte den verstummten Schülern seinen nackten Arsch. Irgendwie hatte ich mir diese Aktion anders vorgestellt. Seine Nasenflügel bebten und etwas in seinen Augen geriet in Bewegung. Vielleicht bildete ich mir das aber auch nur ein. Ein beklemmendes Gefühl breitete sich in meiner Brust aus. Und dann knurrte er! Wie ein Hund! Er fletschte die Zähne und als er ausatmete, wurde mir so kalt, als hätte man mich nackt in eine Gefriertruhe gesperrt. Ganz langsam, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen, beugte er sich runter und zog die Hose hoch. Endlich kam auch Bewegung in den Rest der Schüler.
„Unverschämtheit“, schnauzte ein Mädchen neben mir. Andere stimmten mit ein. Mit hochrotem Kopf tauchte ich unter und schlich zurück ins Gebäude.
„Fuck!“, murmelte ich und ballte die Hände. Warum hat ihn niemand ausgelacht?
„Verry!“, trällerte es hinter mir. Haiss! Scheiße! Der war aber schnell! Ich blieb nicht stehen als er zu mir aufschloss. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich wartete darauf, dass er mir irgendetwas an den Kopf schmiss, auch wenn es seine Faust sein würde. Ehe ich mich versah, drängte er
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