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In deiner Hand

In deiner Hand

Titel: In deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Tintenfee Lewis
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aus dem Klassenzimmer stürmten, saß ich auf meinem Platz und glotzte entgeistert auf meinen Tisch. Was zur Hölle war passiert? Um mich zu vergewissern, dass ich mir nichts einbildete, beugte ich mich zu Annies Schreibtisch rüber und schielte in ihre Notizen. Tatsache! Wir hatten immer noch Donnerstag!
„Das ist unmöglich!“, murmelte ich und kniff die Augen zusammen. Mit zitternden Fingern massierte ich mir die Schläfen. „Verry! Heute noch! Ich muss den Raum abschließen!“, grummelte Gadget. Völlig durch den Wind erhob ich mich. Ich mied seinen Blick und schlurfte in den Gang. Ich konnte das doch unmöglich geträumt haben? Selbst der fragwürdige Dialog hallte mir noch durch den Kopf. Nie zuvor war ich im Unterricht eingeschlafen! Allerdings sprach die feuchte Speichelspur an meinem linken Mundwinkel dagegen. Rasch wischte ich sie fort und linste den Flur runter. Da lief Haiss, wie in meinem Traum, nur steuerte er bereits auf den Ausgang zum Schulhof zu. Dann ertönte draußen „HEY, ERIK! Süßer!“. Nur der Neugierde halber quetschte ich mich durch die Schüler und eilte dem Typen hinterher. Fast wäre ich in ihn reingelaufen. Haiss stand auf dem oberen Treppenabsatz, genau wie vorhin, und war ein bisschen weiter in die Knie gegangen, so, dass sein Kopf nicht über die Masse von Schülern hinaus ragte. Jetzt fluchte er und wirbelte zu mir herum. Ein Schwall seines Deos oder After-Shaves schlug mir entgegen. Ich stand einfach nur da und starrte völlig entgeistert auf seine graukarierte Boxershorts. Wie meine Hände zum Bund seiner Hose kamen, wusste ich nicht mehr. Völlig entsetzt sah ich dabei zu, wie sie die Boxer mitsamt der Jeans von seinen Hüften bis in die Kniekehlen zerrten. Mein Herzschlag dröhnte in meinem Schädel. So laut, dass er alles andere übertönte. Die geschockten Blicke der anderen Mädchen neben mir sprachen allerdings Bände. Ich sah niemanden lachen, geschweige denn grinsen. Ich brauchte auch gar nicht den Kopf zu heben, um den Ausdruck auf Haiss Gesicht zu deuten. Wie Säure brannte er auf meiner Schädeldecke. Ich machte einen schnellen Schritt zur Seite, wollte in der Masse untertauchen. Eine Hand packte mich, riss mich fort vom Geschehen. Farbe und Konturen der Schüler, des Schulhofs, sogar des Himmels verschwammen zu einem Wirrwarr aus bunten Schlieren. Alles dehnte sich aus und mündete schließlich in einem langen schwarzen Tunnel.
VERSTAND!
, donnerte es durch meinen Schädel. Meine Synapsen blitzten grell auf.
VERLOREN!
Am Ende des schwarzen Flures, oder in was auch immer ich da gerade blickte, bewegte sich eine dunkle Silhouette. Mit einem leisen
Zipp
, so als würde man einen Reißverschluss zuziehen, kam das schwarze Ende direkt auf mich zu. Sonnenstrahlen durchbrachen die Finsternis, farbige Silhouetten stahlen sich zwischen die Schatten, splitteten sie.
„Du hast sie doch nicht mehr alle!“, hallte es wie in einem Echo von überall her. „Hast du den Verstand verloren? Was zum Teufel ist nur in dich gefahren?“ Ich wurde durchgeschüttelt. Finger schnipsten vor meinen Augen, bis mein wirr umherirrender Blick sie ganz fixierte.
„Verry! Hast du Drogen genommen?“
„Annie?“
„Du hast … was ist los mit dir? Seit wann benimmst du dich so derart daneben?“ Ich musterte ihr weiches, rundes Gesicht und die dunklen Locken. Sie schürzte entrüstet die Lippen. Die Arme hatte sie wie meine Mum früher, wenn ich heimlich Schokoladekekse aus der Keksdose geklaut hatte, in die Hüften gestemmt. Jetzt fehlte nur noch das Tippen mit der rechten Schuhspitze und ich hätte mich heulend auf den Boden geworfen und den Diebstahl gebeichtet.
„Verry!“, schnauzte Annie wieder. „Meine Güte! Reiß dich gefälligst zusammen!“ Ich schüttelte den Kopf, um die wirbelnden Gedanken aus meiner Birne zu katapultieren. „Was hast du genommen?“, fauchte sie. „Irgendwelche Schmerzmittel?“ Kurz hob sie die Hand und strich mit ihren Fingerspitzen hauchzart über meine lädierte Wange. „Vielleicht hast du doch eine Gehirnerschütterung? Warst du beim Doc?“ Dann erstarrte sie, schüttelte nun ebenfalls ihren Kopf und schloss die Augen. Mit einem Seufzen entwich der Atem ihrem Mund. „Du hast Erik vor der gesamten Schule lächerlich gemacht!“, flüsterte sie fassungslos. „Was hast du dir nur dabei gedacht?“
Gar nichts?
„Der Anblick hat sich auf jeden Fall gelohnt!“, kicherte es hinter mir. Einige Mitschülerinnen flitzten mit geröteten Wangen und

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