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In deiner Hand

In deiner Hand

Titel: In deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Tintenfee Lewis
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weiter. Dafür war ich ihr sehr dankbar. Den ganzen Film über schwieg ich, während Mum völlig hingerissen immer wieder in die Hände klatschte. Ich konnte nur dasitzen und die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.
Oh Gott, bitte erlöse mich von diesem Film!
Mum kicherte ausgiebig, als der Entführer und sein Opfer eine Nummer auf dem Fahrersitz seines Autos schoben. Im Hintergrund stand sein Stiefbruder, wenn ich das richtig verstanden hatte, und beobachtete die beiden mit wütendem Funkeln in den Augen. Erst zum Ende hin wurde mir klar, dass kein einziges Mal erklärt wurde, warum man das Mädchen überhaupt entführt hatte. Letztendlich wurde ihr Entführer und Betthase von seinem Stiefbruder erschossen. Sie erschoss den Stiefbruder und flüchtete in den strömenden Regen. Aus die Maus.
„Toller Film! Hoffentlich gibt es noch eine Fortsetzung“, kicherte meine Mum und nickte zufrieden. Ich versuchte erst gar nicht sie darauf hinzuweisen, dass der Film ein einziger Logikfehler war und die Charaktere so schlecht ausgearbeitet worden waren, dass man sich mit keinem von denen identifizieren konnte. Eigentlich ging es nur um geile, halbnackte Arschlöcher und den „besten Fick ihres Lebens!“, wie die entführte Tussi ihrem Macker ins Ohr schrie, während er sie auf dem Küchentisch genommen hatte. Was mich zurück zu dem Gedanken brachte, wieso ich mir so einen Film in ihrer Gegenwart überhaupt ansehen durfte. Für gewöhnlich hätte sie Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, dass derartige Filmchen verbrannt wurden, damit ich gar nicht erst in Versuchung geriet. Mum lächelte aufmunternd und räumte die Teller ab. „Vielleicht redest du mal mit ihm, mit diesem Haiss. Erklär ihm deinen Standpunkt. Er wird es ganz bestimmt verstehen!“ Für mich klang das eher nach: Entschuldige dich wenigstens bei ihm! Er kann ja nix dafür, dass du so reagiert hast. Er konnte ja nicht wissen, dass du es nicht magst von wildfremden Kerlen angefasst zu werden!
„Ja. Gleich Morgen werde ich zu ihm gehen.“
In der Mittagspause, wenn alle Schüler in den Fluren unterwegs sind und dann werd ich ihm zeigen, was es heißt, sich mit mir anzulegen.

Mum hatte ich nicht erzählt, dass dieser Idiot die Schuld daran trug, dass ihre geliebte Tochter ihr Gesicht und das Skateboard verloren hatte. Ich konnte nur hoffen, dass Gadget ebenfalls die Klappe hielt.
    An Schlaf war in dieser Nacht nicht zu denken. Die ganze Zeit über geisterte mir der bescheuerte Film durch den Kopf. Als es mir doch gelang, fand ich mich gefesselt auf einem Stuhl wieder. Ich war diejenige die Haiss, der krumm und mit hängenden Armen vor mir stand, anhimmelte und die Brüste rausstreckte, damit er begriff, dass sie ihm gehörten. Neben uns stand Mum und klatschte begeistert in die Hände. Annie war auch da und starrte mich eifersüchtig an.
„Ich hasse dich!“, schrie sie und warf einen Stein nach mir. Haiss sprang vor und der Ziegelstein explodierte zu einer Rauchwolke, als er ihm gegen die Stirn prallte. Rex war ebenfalls dort, splitterfasernackt und stürzte sich auf Haiss, rieb ihren nackten Hintern an seiner Hüfte. Mum klatschte immer noch. Linda kam auf mich zu, mit gespitzten Lippen und blinzelte wie verrückt.
„Du bist so sexy!“, flüsterte sie mit rauer Stimme. „Du hast mir mein Herz geraupt!“ Keine Ahnung wieso sie das Wort so merkwürdige falsch betonte. Hinter ihr ließ Haiss gerade die Hosen runter und kletterte ungelenk auf den Tisch, auf dem Rex lag und mit einer Peitsche knallte. Mum klatschte energischer.
„VERRY! LOS JETZT!“, polterte sie. Ich riss die Augen auf und richtete mich keuchend auf. „Heilige Mutter Gottes!“, stöhnte ich angewidert.
„Liebes! Wenn du wirklich in die Schule willst, musst du los! Der Bus fährt in zwanzig Minuten!“ Während ich noch mit den Bildern vor meinem inneren Auge kämpfte, hetzte Mum bereits die Treppen runter. Sie rief meinen Namen noch lauter. Etwas rumste, sie fluchte. Ich erinnerte mich ganz genau an Haiss schlaffe, haarige, pickelige Arschbacken. Angeekelt sprang ich aus dem Bett und rannte ins Bad. Die zwanzig Minuten vergingen wie im Flug. Mir blieb keine Zeit, etwas Mascara aufzutragen, damit man sehen konnte, dass ich wirklich Wimpern hatte. Im Vorbeigehen drückte Mum mir die Salbe in die Hand. „Die Pflaster lass lieber weg! Es heilt an der Luft schneller. Und pass bitte auf, dass kein Dreck reinkommt, ja?“ Sie drückte mir den Rucksack in die Hand und musterte mich kurz.

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