In deiner Hand
geschworen, dass sie nie wieder irgendeinen Mann an sich heranlassen würde. Nicht so nahe!
Damian kam immer erst nach Sonnenuntergang zu Besuch. Mum erklärte mir, dass er eine seltene Hautallergie hatte und extrem überempfindlich auf Tageslicht reagierte. Selbst im Haus wurden jedes Mal die Lichter gelöscht und an ihrer statt Kerzen aufgestellt, wenn er da war. Aber das störte mich nicht. Jedes Mal wenn er zu uns kam, wurde es besonders gemütlich in unserem Häuschen. Damian brachte eine Atmosphäre in unser Heim, die ich nirgendwo sonst erlebt hatte. Es machte mich glücklich, Mum so befreit lachen zu sehen und ich war froh, dass es diesen Mann gab. Er war wie ein richtiger Freund. Jemandem bei dem man sich regelmäßig auskotzen konnte. Ich erinnerte mich noch ganz genau an den Song, der alles veränderte. Das Lied war von Thomas D , einem bekannten Sänger aus Europa. Den Großteil des Textes verstand ich nicht. Aber mir gefielen der englische Refrain und der Sound, die Verzweiflung, die darin steckte:
I wish I was a hunter in search of different food
I wish I was the animal which fits into that mood
I wish I was a person with unlimited breath
I wish I was a heartbeat that never comes to rest.
Damian hörte wie ich die Textstelle sang und war davon erstaunlich begeistert. Seine grauen Augen leuchteten fasziniert.
„Willst du das wirklich? Unendlichen Atem und einen Herzschlag, der nie zur Ruhe kommt?“ Ein merkwürdiger Ausdruck stahl sich in sein Gesicht. Irgendetwas war anders. Seine Konturen wurden schärfer und die Nase kam mir spitzer vor als sonst.
„Wer will das nicht?“, hatte ich nach kurzem Zögern gestanden. „Ich könnte für immer leben. Immer jung und stark bleiben!“ Die Fantasien einer dummen Göre eben.
„Dafür müssen sich deine Knospen aber erst noch öffnen!“ Er grinste fürchterlich gierig und streichelte mir über die Wange. Damals begriff ich nicht, was er damit meinte und ich fragte auch nicht nach. Von diesem Moment an ließ er mich nicht mehr aus den Augen. Ich spürte seine Blicke, die mir Unbehagen bereiteten. Nachts begann ich auf unerhörte Weise von diesem Mann zu träumen. In diesen Träumen steckte ich im Körper einer reifen, jungen Frau und er stellte ekelhafte Dinge mit mir an. Mum erzählte ich nichts davon. Sie war so aufgedreht und fröhlich wie lange nicht mehr, und ich wollte nicht, dass sie wieder so traurig und niedergeschlagen wurde, wie in all den Jahren zuvor. Davon abgesehen waren es auch nur Träume, nichts worüber man sich ernsthaft Sorgen machen sollte.
Eines Nachts stand er einfach vor meinem Bett und hielt Nessa, meine Grandma, im Würgegriff. Ich würde niemals ihre weit aufgerissenen Augen vergessen, den Mund und die grauenvollen Geräusch, die daraus hervor drangen. Sie war extra von Maine gekommen, um uns in Washington zu besuchen. Nur ein paar Nächte wollte sie bleiben. Sie hatte uns vermisst, hatte sie gesagt und wollte mal sehen, ob ich wirklich so schnell laufen konnte, wie Mum immer am Telefon erzählte. Stolz sei sie auf mich, meinte sie immer und flocht meine hüftlangen, goldblonden Haare zu Zöpfen. Von Grandpa erzählte sie viel und wie gerne sie gemeinsam Angeln gewesen waren, bevor er von uns gegangen war. Sie vermisste ihn noch mehr als uns.
In dieser Nacht hatte Damian Malik meine Großmutter getötet. Natürlich wies nichts auf einen Mord hin, denn er hatte die Würgemale an ihrem schmalen Hals einfach verschwinden lassen. Der Arzt stellte nur einen Herzinfarkt fest, den sie wohl aufgrund ihres hohen Alters erlitten haben musste. Meinen Schock führte man darauf zurück, dass sie Tod vor meinem Bett zusammengebrochen war. Kein schöner Anblick für ein junges Mädchen! Noch heute sah ich sie oft in meinen Träumen fallen. Sah ihr schneeweißes Haar wie Nebelschwaden durch die Luft wirbeln, ehe sie auf den Teppichboden vor meinem Bett aufschlug. Damian hatte mich damals böse angegrinst und war zu mir aufs Bett gekrabbelt. Nicht einmal geschrien hatte ich als er mich in seine Arme zog und mir zuflüsterte, dass er Mum umbringen würde, wenn ich ihm nicht gab, was er am meisten begehrte - Mich! Wehtun wollte er ihr, drohte damit, ihr so viele Schmerzen zuzufügen, wie kein Mensch ertragen konnte. Er sprach von Messern und Ketten, vom Zerreißen von Fleisch und dem Brechen von Knochen. Damian sinnierte über Mums Schreie, während er mein Haar streichelte. Und dann zeigte er mir seine schwarzen, messerscharfen Fingernägel und
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