In deiner Hand
dass mir einfach die Luft aus den Lungen gepresst und ich fest an seine Brust gedrückt wurde. Gerade begannen bunte Sterne vor meinen Augen zu tanzen, da stoppte er urplötzlich. Hätte er mich nicht festgehalten, wäre ich womöglich mit voller Wucht gegen den Lattenzaun unseres Gartens gedonnert.
„Leck mich am Arsch“, krächzte ich und hustete. „Das war … schnell!!!“
„Die Zeit ist gegen uns. Tut mir leid!“ Vorsichtig ließ er mich runter und beobachtete mich dabei, wie ich ein paar wackelige Schritte vor und zurück machte, ehe ich einigermaßen gerade stehen konnte. Haiss hatte sich zwischen Haus und Mülltonnen gestellt, so, dass uns von der Straße oder vom Nachbargebäude aus niemand sehen konnte. Ich lehnte mich gegen die Restmülltonne und schnappte nach Luft.
„Du musst jetzt gehen!“, drängte er und nickte zum Haus. Beunruhigt folgte ich seinem Blick. Wieder wurde mir bewusst, in welch großer Gefahr Mum jetzt schwebte.
„Malik ist nicht tot“, flüsterte ich. Maliks Rache würde grausam sein, dessen war ich mir sicher!
„Nein … mir fehlten die nötigen Kräfte! Aber wir kriegen ihn! Mach dir darum bitte keine Gedanken! Jemand ist bereits auf dem Weg hierher, um das Haus im Auge zu behalten! Malik kommt nicht an euch heran! Das versichere ich dir!“
Ich drehte mich langsam zu Haiss um. Stünden wir unter anderen Umständen dort, hätte ich mich über seine merkwürdige Körperhaltung lustig gemacht. Die herunter hängenden Arme, die stark angewinkelten Beine, der viel zu weit vorgebeugte Oberkörper. Er sah wirklich bescheuert aus. Erik spürte meine Blicke und sofort wuchs er ein bisschen, reckte das Kinn. Trotzdem gelang es ihm nicht ganz, den Berggorilla aus seiner Haltung zu vertreiben. „Warum stehst du so komisch da?“
Bist du total bescheuert? Sowas fragt man doch nicht!
, stöhnte ich innerlich.
Der Typ hat dich gerettet! Bedank dich lieber, du dämliche Kuh!
Sofort verdüsterte sich sein Blick und das, was von seinem Kiefer zu sehen war, stach scharf hervor.
„Kümmere dich um deinen Kram, Jones!“, giftete er und verschwand direkt vor meinen Augen.
„Scheiße!“, murmelte ich und raufte mir die Haare. „Ich bin so ein Idiot!“
Da ich meinen Hausschlüssel nicht mitgenommen hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als nach einem angelehnten Fenster Ausschau zu halten und wie ein Einbrecher ins Haus einzusteigen. Mum hatte sie alle verriegelt. Ich hatte absolut keine Ahnung wie ich hinein kommen sollte. „Fuck!“, fluchte ich leise und trat mit dem nackten Fuß gegen einen Baumstumpf. Schließlich stand ich einfach nur planlos vor dem Küchenfenster und starrte ins Innere. Plötzlich öffnete es sich mit einem verhaltenen Knarzen. Wie von der Tarantel gestochen sprang ich zur Seite und zog den Kopf ein. Mit angehaltenem Atem lauschte ich. Nichts! Vorsichtig spähte ich nach oben. Da wurde ich schon gepackt, von den Füßen gerissen und durch das Fenster ins Haus gezerrt.
„Bleib locker!“, zischte eine Frau. Die Stimme kannte ich!
„Das Tittenmonster?“, flüsterte ich mit vor Überraschung weit aufgerissenen Augen. „Was machst DU denn hier?“
Sie grinste. Jedenfalls nahm ich das an, weil ihre schneeweißen Zähne in der Dunkelheit aufblitzten. „Für einen roten Teppich hat die Zeit leider nicht gereicht“, sagte sie trocken und schnaubte leise. „Du solltest duschen gehen! Du siehst aus wie ein Schwein auf dem Schlachthof. Und du riechst auch so!“ Völlig verdattert stand ich da und starrte sie einfach nur an. „Wie bist du hier reingekommen?“, schaffte ich schließlich zu fragen. Sie streckte den Arm nach mir aus und ein messerscharfer Fingernagel strich über meine Unterlippe.
„Das war leicht!“ Ihr Kopf fuhr herum. „Deine Mutter befindet sich schon lange nicht mehr in der Tiefschlafphase. Ihr Unterbewusstsein ist sehr aufmerksam!“ Die Tussi hüpfte geräuschlos auf die Anrichte vor dem Fensterbrett und kletterte nach draußen. Ihre Silhouette hob sich pechschwarz vom Hintergrund ab. „Beweg dich endlich!“, zischte sie und schloss das Fenster von außen. Haiss. Gadget. Das Tittenmonster. Onyx? Wo zur Hölle war ich da nur hinein geraten?
Meine Gedanken kreisten in verwirrendem Chaos durch meinen Kopf, während ich die Wattestäbchen für die Ohren unter warmes Wasser hielt und damit in meinen Nasenlöchern herum puhlte. Die Tussi hatte recht behalten! Als ich mich auf Zehenspitzen ins Badezimmer schlich und in den Spiegel spähte, traf
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