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In deiner Hand

In deiner Hand

Titel: In deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Tintenfee Lewis
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Loch im Teppich. Schaudernd steuerte ich den Kleiderschrank an und warf eine Shorts auf den Boden, erstickte damit die Erinnerung.
    „Ich hab Schokocroissants gekauft“, kicherte Mum kurz darauf und wedelte mit der Papiertüte. Sie hatte wohl den Wagen genommen. Sie lehnte im Türrahmen und grinste. Was aber in dem Moment erlosch, als ich mich zu ihr drehte. Sie riss die Augen auf, warf den Einkauf zur Seite und kam direkt auf mich zu. „Was ist denn passiert?“ Ihre Finger schwebten zitternd über dem großen Verband.
„Es hat gejuckt“, murmelte ich und zuckte die Schultern. „Ich hab mir im Schlaf alles aufgekratzt.“ Mum zog zischend die Luft zwischen ihre Zähne.
„Das tut mir sehr leid, Süße!“ Sie küsste mich auf die Nasenspitze. „Die Salbe hat so gut geholfen! Ich wette, von den Wunden ist bald nichts mehr zu sehen! Gestern war ich ganz verblüfft, wie gut dein Körper darauf anspringt! Natur pur eben!“, nickte sie ernst. „Den ganzen Chemiekram kann man doch vergessen! Die Natur bietet uns so viele Möglichkeiten! … Ach Liebes!“, rief sie und küsste mich schon wieder. „Wenn es juckt, dann heilt es! Das weißt du doch!“, schalt sie mich liebevoll und schmiegte sich an mich.
„Ich weiß“, murrte ich müde. Mum knuffte mir freundschaftlich in die Seite. Ihre Augen leuchteten wie sündhaft teure Edelsteine und spiegelten eine Lebensfreude wieder, die nur jemand empfinden konnte, der unglaublich glücklich war.
„Er scheint dir gut zu tun!“, grinste ich und es fiel mir nicht einmal besonders schwer. Ihre Wangen färbten sich sofort rosa und sie begann den Verlobungsring zu streicheln. „Er ist mir so wichtig!“, hauchte sie. „Jetzt, wo ich den Antrag angenommen habe, fühlt sich alles noch viel intensiver an! Ich vermisse ihn jetzt schon!“
„Dann geh doch zu ihm?“, schlug ich vor, in der Hoffnung dem Tag im Park zu entkommen. Ich fühlte mich nicht besonders gut. Geschlafen hatte ich seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr.
„Nein! Heute machen wir uns gemeinsam einen schönen Tag! Nur du und ich!“ Sie schlang ihre Arme fest um meinen Hals und schmatzte mir einen feuchten Kuss auf die Wange. „Du glaubst nicht, wie glücklich ich gerade bin!“ Sie seufzte zufrieden.
„Also wenn dir jetzt Schmetterlinge aus dem Arsch fliegen …“, murmelte ich. Mum wurde rot wie eine Tomate.
„Verry! Deine Ausdrucksweise lässt manchmal wirklich zu wünschen übrig!“ Mit gespielter Empörung hüpfte sie die Treppen runter. Auf der untersten Stufe angekommen, grinste sie schon wieder wie ein Honigkuchenpferd. Zu meiner Erleichterung war ihr nicht aufgefallen, dass ich mich die ganze Zeit über mit dem Rücken an die Wand gedrückt hatte. Nur so zur Sicherheit versteht sich. „Holst du mal bitte die Eierbecher aus dem Schrank, Liebes?“ Mum platzierte die Teller, Messer, Gabeln und Gläser in fast schon krankhafter Genauigkeit auf den Tisch. Alles farblich aufeinander abgestimmt. Ein hellgelber Strauß Rosen schmückte die Mitte des Tisches und sogar die kleinen Dekoküken passten dazu. Ich hatte allerdings nur Augen für den Stuhl, auf dem ich sitzen sollte. Er stand so gut wie mitten im Raum, die Rückseite zur offenen Tür gedreht. Mum bemerkte mein Zögern. „Ist alles in Ordnung? Gefällt dir die Farbe nicht?“
„Doch, doch! Alles total … hübsch!“ Schief grinsend setzte ich mich und reichte ihr die Eierbecher. Auf jedes verdammte Geräusch lauschend, stopfte ich mir ein Brötchen nach dem anderen zwischen die Beißer, schlang das Schokoladencroissant herunter und spülte alles mit Quellwasser nach. Mum starrte mich mit offenem Mund an, den Löffel mit dem viel zu weichen Ei in der Hand. Fasziniert beobachtete ich, wie das Eiweiß leicht wabbelte. „Ehm … du hattest wohl großen Hunger?“, stellte sie unnötigerweise fest. Ich nickte nur und schob den Stuhl unauffällig ein Stück weiter zur Spülmaschine. Ein dampfender, warmer Geschirrspülautomat im Rücken war weitaus sicherer, als eine offen stehende Tür. „Wollen wir direkt nach dem Essen los? Oder magst du noch eine Runde laufen?“
Bloß nicht Laufen!
Der Schock von gestern saß mir noch zu tief in den Knochen. Glücklicherweise waren meine Füße weitestgehend geheilt gewesen, ehe Mum sie zu Gesicht bekommen hatte. Sonst hätte ich sie mir heute auch noch verbinden müssen. Wenn ich mich weiter so schnell veränderte, würde es sicher nicht mehr lange dauern, bis ich mich mit blutrünstigem Geheul

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