In Den Armen Der Finsternis
kauerten da und starrten den bewusstlosen Priester gierig an, bevor sie zu Grant hinüberhuschten. Zee drängte sich dicht an ihn, legte eine Hand auf sein Knie, während sich Dek und Mal aus meinem Haar schlängelten und mit ihren Schwänzen an meinem Hals festhielten. Aaz beobachtete uns mit großen, roten Augen.
Ich sah zu Vater Ross hinüber. Seine Brust hob und senkte sich unter den Lederriemen, aber das war auch schon das einzige Lebenszeichen, das von ihm ausging. Sein Gesicht wirkte schlaff und bleich, fast wächsern. Zee beugte sich vor, schnupperte an dem Mann und fletschte dann die langen, von Speichel glänzenden Zähne. Seine glitzernde schwarze Zunge zuckte hervor. »Blutläufer. Von Blut durchtränkt. Man hat ihn manipuliert. Er ist verwandelt worden.«
Das war schlimm. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, was in Vater Ross verwandelt worden sein mochte, aber ich dachte an Franco, und dann war mir schnell klar, dass es unzählige Möglichkeiten gab. Zee stieß einen Strom von Worten aus, der an die anderen gerichtet war. Rohw und Aaz erstarrten, während Dek und Mal knurrten und Rauch aus ihren Nüstern ausstießen. Sie alle musterten Vater Ross.
»Was ist?«, erkundigte ich mich und wechselte einen besorgten Blick mit Grant.
»Wir kennen doch den Geruch«, antwortete Zee, während Aaz leise grollte. »Häuter-Gestank.«
»Kennt ihr den Namen des Avatars?«
»Zu viele Namen«, flüsterte der kleine Dämon. Hass funkelte in seinen roten Augen. »Trägt zu viele Häute.«
In dem Flur vor dem Zimmer hörte ich Schritte. »Maxine, Schwierigkeiten«, hauchte Zee.
»Wie große Schwierigkeiten denn?«, fragte ich ihn, während
sich Rohw und Aaz gegen die Tür stemmten und ihre Krallen gleichzeitig in den Boden gruben. Zee neigte den Kopf, als lausche er, dann bellte er ein scharfes Wort. Die kleinen Dämonen schossen von der Tür weg und in den Schatten unter das Bett. Dek und Mal verschwanden in meinem Haar. Zee tauchte als Letzter ab und warf mir einen rätselhaften Blick über die Schulter zu, bevor er mit der dünnen Schattenlinie unter der Tür verschmolz. Es war so, als sehe man zu, wie ein Wolf von einem schwarzen Faden verschlungen wird. Ich blinzelte, um meine Augen zu klären, während Grants Musik nach wie vor in meinem Kopf pulsierte.
Die Tür schwang auf. Ich blinzelte erneut.
Vor mir stand Vater Lawrence. Er keuchte, seine braunen Wangen waren gerötet. Er hielt eine Waffe in der Hand.
»Jägerin Kiss!«, stieß er hervor. »Sie müssen flüchten, und zwar schnell!«
10
I ch hielt nicht viel von Höflichkeiten, auch nicht Priestern gegenüber. »Was soll der Scheiß …?«
»Der Scheiß ist das hier«, erwiderte Vater Lawrence eher nachsichtig, während er mit der Waffe zur Decke zeigte. »Sie müssen verdammt noch mal aufstehen und Ihren knackigen kleinen Arsch aus dieser Hütte schaffen, und zwar schleunigst.«
Verblüfft starrte ich ihn an. Grant rappelte sich mit Hilfe seines Gehstocks und eines Stuhls, auf den er sich stützte, mühsam hoch. Er wischte sich das Blut vom Mund und warf dem kleinen, dicken Priester einen eindeutig tadelnden Blick zu. »Frank, unsere letzte Begegnung ist zwar schon zehn Jahre her, aber wenn ich mich recht entsinne, hast du dich dieser behämmerten Sprache damals noch nicht bedient.«
»Und du bist ein erwachsener Mann, der trotzdem immer noch das Wort behämmert benutzt. Also los, bewegt euch!«
Ich bewegte mich aber keinen Millimeter weit. Vater Lawrence kam mir viel bedrohlicher als Zombies oder Männer mit Reptilienaugen vor. Der unbeholfene kleine Priester sprach noch immer leise, aber das war auch schon die einzige Ähnlichkeit zwischen jenem Mann von vorhin und dem, der da jetzt vor mir stand. Seine Verwandlung war vollkommen unerklärlich,
selbst seine Haltung hatte sich verändert. Ich sah Grant an, dieser aber hatte nur Augen für Vater Ross, der immer noch bewusstlos und entspannt unter seinen Halteriemen lag.
»Ich kann ihm helfen«, sagte Grant, aber sein Gesicht wirkte furchteinflößend bleich. Dann hustete er plötzlich in seine Hand hinein, warf einen Blick auf den Handteller und ballte die Hand dann zu einer Faust, die er vor mir verbarg.
»Nein.« Vater Lawrence stieg über Cribari hinweg, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. »Sie müssen ihn verlassen. Er hat sich jetzt ziemlich verändert. Er ist nicht länger der Mann, den Sie einmal kannten.«
»Doch, das ist er. Ich kann es ja sehen.« Grant richtete seinen
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