In Den Armen Der Finsternis
Perspektive Sie ihn betrachten.«
»Woher stammt diese Tätowierung?«
Vater Lawrence rollte den Ärmel wieder herunter. »Das weiß ich nicht, aber wir suchen danach.«
Ich hatte noch viel mehr Fragen, doch er nahm Grant die Pistole wieder ab und öffnete ohne ein weiteres Wort die Tür am Treppenabsatz. Dann bedeutete er uns, ihm zu folgen. Ich wollte zwar nicht, aber Dek und Mal schnurrten und Grant berührte sanft meinen Ellenbogen. Wir hörten Schreie unter uns, das Trampeln von Stiefeln auf Treppenstufen. Unsere mysteriösen Verfolger hatten es offenbar geschafft, die Tür aufzubrechen.
Der Flur, in den wir eintraten, sah genauso aus wie die anderen. Schmal, lang und von Türen gesäumt. Vater Lawrence führte uns zur ersten Tür auf der rechten Seite, die dem Treppenhaus am nächsten lag, und öffnete sie. Das Innere des Zimmers sah genauso aus wie der Raum, den wir gerade verlassen hatten, nur dass eine leere Matratze auf dem Bett lag, und eine dicke Staubschicht den Boden und die Möbel bedeckte.
Die Staubflocken waren so groß wie kleine Bälle und wehten vor meinen Stiefeln her.
»Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Kulturrevolution waren die Jesuiten, die nach China zurückkehrten, ein bisschen paranoid«, sagte Vater Lawrence rasch, während er die Tür hinter uns schloss. Die Tür hatte bemerkenswert viele Schlösser, drei Riegel, zwei Ketten und einen Balken, der in den Boden ragte. Die Türangeln waren ebenfalls verstärkt. »Also haben sie Vorsichtsmaßnahmen getroffen, als sie die Gelegenheit bekamen, dieses Gebäude zu bauen. Solche Sicherheitsmaßnahmen sind in keiner Blaupause verzeichnet.«
Er öffnete die Schranktür.
»Sie machen wohl Scherze«, sagte Grant.
»Ach bitte«, gab Vater Lawrence zurück. »Sie waren doch Historiker. Erklären Sie mir jetzt bloß nicht, dass Sie überrascht sind.«
Grant sah zu, wie der Priester ein Bodenbrett aus dem Schrank hob. »Was Geheimtüren und geheime Gänge angeht? Natürlich nicht. Ich meinte die Größe dieses Schlupfloches. Da passen Sie niemals durch.«
»Ich muss Sie darüber in Kenntnis setzen, dass mein fetter Bauch ein ausgesprochen geschmeidiger Teil meiner Anatomie ist«, antwortete der Priester. »Sie können also Ihren Arsch darauf verwetten, dass ich durch dieses Loch passe.«
Er trat zurück und deutete auf die Öffnung, die sich vor ihm im Schrank befand und in der es pechschwarz war. »Ladies first.«
Ich setzte mich auf den Rand und ließ meine Beine runterbaumeln. Kleine Hände packten meine Knöchel mit beruhigender Kraft, und so ließ ich mich hinab. Meine Füße berührten sofort den Boden. Es roch muffig, die Luft war kalt. Mich
beschlich das Gefühl, dass nur sehr wenige Leute diesen geheimen Raum jemals benutzt hatten.
Rote Augen glitzerten mich an. Ich hob die Arme, um mit Rohw und Aaz zusammen Grant herunterzuhelfen. Es war ganz schön eng hier. Seine Brust und Schultern blieben stecken, er musste sich winden und so kräftig wie möglich ausatmen, während wir anderen an ihm zogen, bis er endlich hindurchrutschte. Er landete auf seinem gesunden Bein und hüpfte ein bisschen in unseren Armen, um sein Gleichgewicht zu halten. Die kleinen Dämonen verschwanden im Schatten, als Vater Lawrence Grants Gehstock und sein Flötenetui hinabreichte.
Aber er stieg nicht zu uns hinunter.
»Ich habe Sie belogen«, erklärte der Priester. »Ich bin nämlich so fett wie ein Schwein. Leider haben unsere Brüder diese Möglichkeit nicht bedacht, als sie dieses Schlupfloch bauten.«
Er reichte uns ein Stück Papier, Geld und die Pistole. »Ich habe Ihnen eine Adresse aufgeschrieben. Gehen Sie ins French Quarter. Das ist nicht weit. Halten Sie sich auf der Hauptstraße, Henshan Lu, bis Sie eine Bar erreichen, die Lucky John’s heißt. Fragen Sie dort nach Killy. Sie wird Ihnen weiterhelfen.«
Grant nahm das Papier und die Pistole. »Was wird aus Ihnen?«
»Diese Männer kennen mich. Ich komm schon klar.«
Er log. Ich trat direkt unter das Loch und sah ihm in die Augen. »Warum helfen Sie uns?«
Vater Lawrence zögerte einen Moment, dann lächelte er. Es war ein schwaches, aber aufrichtiges Lächeln, ein bisschen traurig, ironisch und von Furcht getrübt. »Weil ich an Sie glaube, Jägerin. Ich glaube, dass Sie gut sind und dass Ihr Auftrag ebenfalls gut ist. Ich glaube, dass Sie uns retten können, auch wenn
Sie uns genauso gut vernichten könnten. Aber ich habe Vertrauen in Ihr Herz, also - ich vertraue Ihnen.«
»Warum?«,
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