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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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als er mich auf die Fläche führte und einen Walzer mit mir tanzte, der uns zwischen die Uhrwerk-Tänzer führte, die uns unter ihren Masken beobachteten. Noch ein Spiel, sagte ich mir. Das ist ein Teil dieses alten, finsteren Spieles. Nur war dies da vor mir kein Dämon, sondern etwas ganz anderes.
    Ich war eigentlich keine gute Tänzerin. Ich hatte kein Rhythmusgefühl. Aber an diesem Ort schienen meine Füße zu schweben, und ich bewegte mich wie in einem Kampf - ohne nachzudenken. Mr. Koenig hielt mich nicht sehr fest, und doch war sein Griff kühl und kräftig. Er wirkte zwar nicht entspannt, aber auch nicht ängstlich. Vielleicht eher vorsichtig. Er hatte gewollt, dass ich hierherkam. Die Rädchen drehten sich, er hatte
einen Plan. Und mir wurde klar, dass Jack die Wahrheit gesagt hatte. Wen auch immer Mr. Koenig für den Mord an Ahsen verantwortlich machen mochte, mich jedenfalls nicht.
    »Da sind wir wieder«, murmelte er. »Tanzen umeinander her, während wir an den Tod denken.«
    »Sie haben keine Angst vor mir«, erwiderte ich. »Ganz gleich, was ich denke.«
    Sein Lächeln wurde angespannter. »Ich habe schließlich dabei geholfen, Sie zu erschaffen. Wir alle, die wir das Göttliche Organische meisterten, hatten Anteil an der Schöpfung Ihrer Blutlinie. Und Sie gehörten zu den Ersten, Mylady. Sie gehörten zu den Ältesten der Bannwächter. Zu den Ältesten und Schwierigsten. Natürlich habe ich keine Angst vor Ihnen.«
    Aber vor irgendetwas haben Sie Angst, dachte ich, als sein Blick zu der Rüstung auf meiner rechten Hand zuckte. Einen Moment lang glaubte ich, dass er versuchen wollte, sie mir abzubeißen. Das Gefühl war so stark, dass ich fast sehen konnte, wie mein Arm in seinem Schlund verschwand. Ich hoffte beinahe, er würde es versuchen. Die Jungs liebten es, Zähne auszubrechen.
    Aber Mr. Koenig griff mich nicht an. Er leckte sich die Lippen, und sein Kiefer bewegte sich, als kaue er. Erneut stellte ich ihn mir als diesen zerknitterten kleinen Mann vor, der unaufhörlich aß und sich Pizza in den Schlund stopfte, so als hätte er tausend Jahre ohne das Vergnügen des Essens durchmachen müssen und könnte einfach nicht genug davon bekommen: von dieser instinktiven menschlichen Befriedigung.
    Ich riss meinen Blick von seinem Mund los und stellte fest, dass er mich beobachtete.
    »Sie sind wie sie«, sagte er leise. »Ich habe es in Ihren Augen gesehen, als Sie meine andere Haut getötet haben. Etwas in
Ihnen ist gleich. Aber auch fünftausend Jahre können meine Erinnerung nicht schwächen. Ich erinnere mich an Ihre Ahnfrau, bevor sie von dieser Welt verschwunden ist, bevor sie im Labyrinth verschwand und damit zurückkehrte.« Erneut blickte er auf die Rüstung an meiner Hand. »Besser wäre es, wenn Sie das nicht zu lange behielten, Mylady. Objekte aus dem Labyrinth können vom Verstand der Sterblichen nicht kontrolliert werden. Diese Dinge besitzen ihren eigenen Verstand.«
    »Sie sind sterblich«, sagte ich. »Ich glaube, Sie sind sogar verdammt bereit zu sterben.«
    »Es gibt ein Sonnenlicht, das jünger ist als meine Spezies«, antwortete Mr. Koenig. »Selbst wenn diese dunklen Jahre vergessen wurden, um uns unseren Verstand zu bewahren. Ich denke, jetzt zu sterben wäre verfrüht.«
    »Verarschen Sie mich nicht.« Ich beugte mich so weit vor, dass wir uns hätten küssen können. Er roch wie ein Leichnam, ein frischer Leichnam, kalt und leer. »Sie haben doch Angst. Sie haben Angst vor Grant, und Sie haben Angst, hier zu sein, wenn der Gefängnisschleier fällt. Sie wissen, was diese Dämonen Ahsen angetan haben, als sie mit ihnen eingesperrt war.« Ich lächelte kalt. »Haben Sie Angst, ebenso missbraucht zu werden? Werden Ihnen die Knie weich, wenn Sie sich vorstellen, dass Sie die nächsten zehntausend Jahre lang irgendwelche Dämonschwänze lutschen müssen? Vielleicht gefällt es Ihnen ja aber auch, vielleicht wollen Sie ja genau das!«
    Ich provozierte ihn, ich wollte, dass er die Beherrschung verlor. Ich brauchte das, denn immer noch fühlte ich nichts von dieser finsteren Entität in mir, ich spürte nicht einmal den Hauch einer Bewegung hinter meinen Rippen. Ich war auf einer Mission hier - und bis jetzt vergeudete ich jede Sekunde einer kostbaren Gelegenheit.

    Mr. Koenig hörte auf zu tanzen und sah mich mit so unverhüllter, blanker Verachtung an, dass ich fast vergaß, dass er mich nicht verletzen konnte. Ich wollte nur weg von ihm, das war alles. Ich wollte flüchten, und

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