In Den Armen Der Finsternis
mein Instinkt war so stark, dass ich nach hinten stolperte. Aber er ließ nicht los. Ich hatte noch nie so viel Schmerz gesehen.
Aber nicht meinetwegen. Er sah an mir vorbei, als erblickte er irgendeine schreckliche Erinnerung. »Wenn Sie keine Hure sind«, flüsterte er, »dann sind Sie eine Kriegerin. Sind Sie keine Kriegerin, so sind Sie eine Königin, aber sonst steht nichts zwischen uns und der Armee der Dämonenlords und -könige.«
Zee erstarrte auf meiner Haut. Die Jungs rührten sich nicht. Als hätte es sie zutiefst getroffen, diese Worte zu hören, als hätten sie ihnen Träume zurückgegeben, die sie vergessen hatten. Ich hätte mir gern die Arme gerieben, aber meine rechte Hand wurde noch festgehalten, und meine linke lag auf Mr. Koenigs gestohlenem Arm. Sein Blick zuckte zu mir zurück. Und in diesem winzigen Sekundenbruchteil schien er sich daran zu erinnern, wo er war und mit wem zusammen er sich dort aufhielt. Und der Hass in seinem Blick wich einer kalten Neugier, die ich ausgesprochen unangenehm fand.
»Der alte Jack«, sagte er gedehnt, »hat einige ziemlich unerwartete Dinge mit Ihnen angestellt.«
»Tatsächlich«, antwortete ich vorsichtig. »Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass Sie überhaupt irgendetwas überraschen kann.«
Er lächelte nicht. »Ihr Blut. Er ist in Ihrem Blut. Jeder Avatar, der eine Haut bewohnt, markiert diese Haut mit einem Abdruck, der jedem von uns eigen ist. Dieser… Abdruck… befindet sich in Ihnen, und er ist nur eine Generation entfernt. Ich kann ihn riechen.« Mr. Koenig riss mich an sich.
»An Ihrer Blutlinie herumzupfuschen würde nicht einmal ich wagen.«
»Sie haben versucht, mich zu töten.«
»Der Tod ist sicherer als die Alternative«, flüsterte er. »Sie sind jetzt unantastbar. Was bedeutet, Mylady, dass Sie lebendig wesentlich wertvoller für mich sind. Wenn die anderen Sie sehen, wenn sie erfahren, was der alte Jack getan hat, dann wird er leiden. Er wird noch mehr leiden als Ahsen.«
»Sie haben sie geliebt«, erwiderte ich eisig. »Deshalb hassen Sie ihn so sehr.«
Mr. Koenig stieß mich weg, und ich taumelte gegen die Tänzer. Keiner von ihnen gab überhaupt einen Laut von sich, und ich sah sie nicht an, als Seide raschelte und Metall an meinen Armen und Beinen schimmerte. Ich hatte nur Augen für Mr. Koenig.
»Wenn ich nicht besitzen kann, was ich brauche«, sagte er leise, »dann muss ich einen Weg ersinnen, es mir nehmen zu können.«
»Das können Sie ja gut.« Ich deutete auf die Tänzer, die stumm und aufmerksam schwankten. Das war unnatürlich: als wären sie geschaffen worden, nur um auf den eingravierten Linien des Labyrinths zu wandeln. »Sie haben sich ja auch schon so viel genommen.«
Mr. Koenig kehrte mir langsam den Rücken zu. »Ich habe überhaupt nichts genommen. All dies hier … wurde mir angeboten, damals, in jenen früheren Zeiten. Das hier ist mein Tempel. Und ich habe viel dafür zurückgegeben. Magie. Weniger gewöhnliche Leben. Es würde Sie verblüffen, wenn Sie wüssten, wie viele sich nach solch einfachen Dingen sehnen.«
Ich hatte erwachsene Frauen und Männer gesehen, die Blut
tranken und Sonnenlicht mieden, weil sie glaubten, dies würde Vampire aus ihnen machen. Ich hatte einige Versuche in Hexerei beobachtet oder Formen konzentrierter Meditation auf der Suche nach psychischen Kräften. Wir hatten das New Age erlebt, überall, ganz zu schweigen von UFO-Jägern. Selbst die Anbetung des Materiellen und des Geldes war genauso ein Mittel zur Flucht wie jede Fantasie des Außerirdischen.
Nein, ich war nicht verblüfft. Aber es ängstigte mich, dass es so einfach gewesen sein sollte.
»Wir haben den Krieg geführt«, fuhr Mr. Koenig fort. Er schien fast mit sich selbst zu sprechen. »Wir haben den Gefängnisschleier gebaut. Und das alles für dieses Juwel, dieses süße Eiland, um uns selbst und die Menschen zu retten, die uns wie Götter behandelt haben. Aber sie haben uns vergessen, als wir nicht mehr gebraucht wurden. Sie haben uns vom Sockel gerissen und ihre Welt mit Eisen geschaffen. Deshalb nehme ich mir, was mir gehört, wie es mein gutes Recht ist. Wie es das Recht von jemandem ist, der Sie erschaffen hat.« Er warf mir einen harten Blick zu. »Das Labyrinth wird sich mir nicht noch einmal widersetzen.«
Er klatschte in die Hände, und die Tänzer traten auseinander. Ich sah Vater Lawrence, der auf den Knien lag und seine Brust umklammerte. Nephele stand hinter ihm und hatte ihre Handflächen
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