In den Armen der Nacht
die tintenschwarze Finsternis, die auf ihre Augäpfel zu drücken und sie allmählich um ihren Verstand zu bringen schien. Sie roch ihn jedoch, als Rurik sich dicht an ihr Ohr lehnte, und als er sprach, spürte sie seinen warmen Atem in ihrem Nacken. »Ich möchte ein Kind von dir, Tasya. Ich möchte sehen, wie mein Sohn in deinem Leib heranwächst, wie du ihn an deiner Brust stillst. Wenn ich könnte, würde ich dir ein Dutzend Söhne machen. Und mein Begehren würde mit jedem Orgasmus wachsen, mehr und immer mehr. Also entscheide dich, Tasya Hunnicutt. Mit Kondom oder ohne?«
Ihr grauste wie stets vor der Dunkelheit, gleichwohl vergaß sie in seinen Armen alles um sich herum. Es gab nur noch Tasya und Rurik, aufgepeitschte Erregung und entfesselte Leidenschaft.
Mit zitternden Fingern riss sie die Folie auf. Nahm das zusammengerollte Kondom, stülpte es über seine Penisspitze und ließ das Gummi behutsam abrollen.
Er muckste sich nicht. Verharrte bewegungslos wie eine in Marmor gehauene Statue.
Als sie fertig war, hielt sie ihn weiterhin in ihrer Hand. Sie dachte an die vielen Selbstverteidigungsgriffe, die sie sich irgendwann antrainiert hatte. Früher hatte sie nicht lange gefackelt, diese auch anzuwenden; eine Frau, die allein um die Welt reiste, fand sich gelegentlich in kritischen Situationen wieder.
Aber nicht bei Rurik. Er hatte die Geschichte von der Ermordung ihrer Eltern durch diese kaltblütigen Mörder ohne Einschränkung geglaubt, und er hatte sie jeden Schritt auf ihrer Reise begleitet.
Sie streichelte gedankenverloren über seinen Schenkel.
Ob ihm bereits schwante, dass sie vor ihm kapitulierte? Ganz bestimmt, er wusste, dass er gewonnen hatte.
Mit seinen Armen umschlang er ihr Becken, hob ihren Schoß an.
Sie stöhnte in wohliger Erwartung, wusste genau, was jetzt passieren würde.
»Vertrau mir.« Er stieß in sie. »Schenk mir dein Vertrauen. Für immer.«
Als Rurik die Jalousie hochzog, dämmerte bereits der Morgen, und Tasya konnte sich kaum noch vorstellen, wie es war, wenn er sie nicht ausfüllte. Er hatte ihre Lippen erobert, sie mit zärtlichem Zungenspiel verwöhnt. Er hatte sie mit seinem Mund, mit seinem Penis, mit seinen Fingern befriedigt. Er hatte neben dem Bett gekniet, sie auf seinen Schoß gezogen und sie genommen. Er hatte sie wieder und wieder verführt, und jedes Mal war er potent und prall, größer als andere Männer, die sie kannte, unermüdlich, entschlossen, ein Mann mit einer Mission.
Vertrau mir.
Er hatte es wieder und wieder gesagt.
Ihm vertrauen? Sie hatte es sich zum Prinzip gemacht, niemandem zu vertrauen, und war damit bisher immer gut gefahren.
Warum war sie auf einmal versucht, die harten Lehren, die das Leben ihr vermittelt hatte, einfach auszublenden? Wieso schien es möglich, dass sie endlich jemandem ihre Seele öffnen konnte und Gefühle empfand, die sie längst verloren glaubte?
Liebe und Vertrauen - wie hell und schön diese Emotionen heute Morgen anmuteten.
Tasya setzte sich behutsam auf, strich sich die Haare aus der Stirn. Sie spähte zu Rurik, der nackt neben ihr ausgestreckt lag und sie betrachtete, als könnte er nie genug von ihr bekommen.
Sie wusste nicht, was sie sagen, wie sie reagieren sollte. Wie konnte sie die Frau für ihn sein, die er begehrte?
Folglich schaute sie aus dem Zugfenster.
Sie hatten Ruyshvania erreicht.
Sie sah die Bergmassive mit ihren ausgezackten Gipfeln, worauf die Sonne ein flirrendes Spiel aus Licht und Schatten zauberte.
Sie betrachtete die Täler, Ebenen, durch die wilde Ströme rauschten, hier und da stand ein Bauernhaus.
Sie erkannte die Ruinen mittelalterlicher Burgen und die gigantischen Findlinge aus der Bronzezeit, stumm aufragende Zeugen einer längst vergangenen Ära.
Sie kannte diese Gegend, weil sie das erste Mal nach fünfundzwanzig Jahren wieder zu Hause war.
Heimgekehrt.
Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte sie Rurik. Ihren Reisebegleiter, mit dem sie die Nacht verbracht hatte, während der Zug unaufhaltsam weiterrollte. O Gott, sie würde ihn nie vergessen, obwohl sie sich halb wünschte, sie könnte es.
Wenn es bloß … wenn es bloß nicht so offensichtlich wäre, dass Rurik bereit war, sein Leben für sie und ihre Mission zu riskieren.
Unterbewusst machte sie ihn bereits jetzt zu einem Helden - zu einem Märtyrer.
Er beobachtete sie, seine Augen verschattet von tief empfundenen Emotionen - ein Blick, bei dem Tasya unbehaglich wurde. Er umschloss mit seinen Händen ihr Gesicht
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