In den Armen des Eroberers
die Natur; der schwere Hufschlag seines Pferdes dröhnte ihm in den Ohren. Er war ganz an seinen Sport hingegeben, hatte das Tier jedoch fest unter Kontrolle. Am Ende des Wegs riß er den Kopf des schnaubenden Braunen herum und ritt noch schneller zurück.
Sein Ärger darüber, daß seine Frau aufgrund der Ballvorbereitungen keine Zeit für ihn hatte, störte ihn, doch es wäre sinnlos gewesen zu leugnen, daß er eifersüchtig war und sich danach sehnte, mit ihr zusammenzusein. Schlechte Laune wühlte in seinem Inneren. Und dabei hatte er nicht einmal einen gerechtfertigten Grund für seine Klagen. Herzoginnen mußten Bälle geben. Honoria verhielt sich genau so, wie er es von seiner Frau erwartete – sie stellte keine albernen Forderungen, verlangte niemals nach Aufmerksamkeiten, die er nicht zu geben bereit war. Nein, sie nahm die Aufmerksamkeit, die er ihr nur zu gern gewidmet hätte, nicht einmal an.
Und das ärgerte ihn. Maßlos.
Mit finsterer Miene ließ Devil die Schultern kreisen. Er war ungerecht – er durfte nicht erwarten, daß seine Frau anders wäre, nach anderen Regeln lebte, die er nicht einmal hätte benennen können. Aber genau das wünschte er sich.
Devil preßte die Lippen zusammen und nahm die Zügel wieder auf. Er würde doch keinen Frieden finden, bevor er sein Sehnen gestillt hatte.
Sowohl er als auch der Braune hatten sich inzwischen abgekühlt. Devil beugte sich vor, tätschelte den glatten Hals des Pferdes und gab ihm dann die Fersen. Der Braune setzte sich gehorsam in Bewegung und verfiel geschmeidig in weit ausgreifenden Trab.
Die Rinde des Baums, vor dem er gestanden hatte, splitterte. Das Geräusch drang an Devils Ohren; er blickte zurück und sah die frische Wunde in dem Baumstamm, genau auf Brusthöhe. Im nächsten Moment hörte er auch den verräterischen Knall.
Er nahm sich nicht die Zeit zum Nachforschen; er zügelte das Pferd erst wieder, als er das Parktor erreichte, wo sich mittlerweile auch andere zum Morgenritt eingefunden hatten.
Devil hielt an und ließ den Braunen verschnaufen. Im Park waren keine Schußwaffen erlaubt. Die Wärter waren ausgenommen, aber worauf würden die schon schießen – auf Eichhörnchen etwa?
Der Braune hatte sich beruhigt; Devil, selbst gefährlich ruhig, machte sich auf den Heimweg zum Grosvenor Square.
Der Ball der Herzogin von St. Ives war ein unglaublicher Erfolg. Er fand nicht im großen Ballsaal, sondern in der intimeren Atmosphäre des Musikzimmers statt, und es herrschte eine fröhliche Ausgelassenheit, wie sie aufgrund der starren Regeln des ton nicht oft zu finden war.
Viele der Anwesenden waren freilich miteinander verwandt, die restlichen Gäste waren alte Bekannte. Gleich zu Anfang, als Herzog und Herzogin mit einem atemberaubenden Walzer den Tanz eröffneten, stellte sich gute Laune ein. Alle hundert Gäste waren nur zu gern bereit, die entspannte Atmosphäre, den reichlich fließenden Champagner, das exquisite Dinner und die ebenso exquisite Gesellschaft zu genießen. Etwa fünf Stunden nach dem Eintreffen der ersten Gäste verabschiedeten sich lächelnd, wenn auch müde, die letzten.
Mitten in der Eingangshalle blickte Devil auf Honoria an seinem Arm herab. In ihren Augen blitzte es noch immer fröhlich. »Ein Erfolg mit Signalwirkung, meine Liebe.«
Honoria lehnte den Kopf an seinen Arm. »Ich glaube, es hat gut geklappt.«
»O ja.« Devil legte die Hand über ihre und führte Honoria zur Bibliothek. Sie hatten sich angewöhnt, ihre Abende dort bei einem Glas Brandy zu beschließen. Auf der Schwelle blieben sie stehen; Diener und Stubenmädchen räumten Gläser fort und rückten die Möbel zurecht. Devil warf Honoria einen Blick zu. »Vielleicht sollten wir heute abend unseren Drink oben nehmen.«
Honoria nickte. Devil ließ sich von Webster einen leichten Kerzenleuchter geben, dann gingen sie gemeinsam die Treppe hinauf.
»Amelia und Amanda waren völlig erschöpft.«
»Wohl zum ersten Mal in ihrem Leben.«
Honoria lächelte voller Zuneigung. »Bis auf die Walzer haben sie keinen Tanz ausgelassen. Und wäre es ihnen erlaubt gewesen, hätten sie auch auf den Walzer nicht verzichtet.« Als sie den Blick hob, bemerkte sie das leichte Stirnrunzeln ihres Gatten und mußte innerlich lächeln. Die Anwesenheit der Zwillinge hatte in ihren Vettern eine merkwürdige Reaktion ausgelöst – es hatte einige tadelnde Blicke gegeben. Honoria ahnte schon interessante Szenen, die die fortschreitende Saison mit sich bringen
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