In den Armen des Eroberers
kein Reiter, außer Tolly. Gibt es noch weitere Mietställe in der Stadt?«
Sie besuchten noch zwei, erhielten jedoch überall die gleiche Antwort. An jenem Tag hatte niemand ein Pferd gemietet, niemand hatte einen Reiter auf der Durchreise gesehen. »Was nun?« fragte Honoria, als Devil das Gefährt zurück zur Hauptstraße lenkte.
»Ich schicke Männer nach Huntingdon, Godmanchester und Ely, um sich dort umzuhören. Auch nach Chatteris, wenngleich die Gegend kaum noch in Frage kommt.«
»Und Cambridge?«
»Dort«, erklärte Devil, »liegt unsere Hauptchance. Cambridge ist nicht weit von London, und dort herrscht reger Kutschenverkehr.«
Honoria nickte. »Und wann fahren wir nach Cambridge?«
Devil warf ihr einen Blick zu. » Wir fahren nicht nach Cambridge – und auch nicht in irgendeine andere Stadt.«
Honoria sah ihn aus schmalen Augen an – seine Lippen zuckten.
»Ich bin zu bekannt, um Fragen stellen zu können, ohne Aufsehen zu erregen. In St. Ives verhält es sich anders – es ist unsere Stadt, und ringsum leben nur wenige bedeutende Familien. Und auch du kannst keine Fragen stellen. Meine Pferdeburschen können jedoch die Gastwirte bei einem Gläschen oder zwei ins Gespräch verwickeln und unbemerkt so einiges in Erfahrung bringen.
»Hm.« Honoria musterte ihn mißtrauisch.
»Ich werde Melton nach Cambridge schicken.«
»Deinen Stallmeister?«
»Sozusagen.«
Honoria hatte den Mann noch nicht zu Gesicht bekommen. »Er scheint nicht oft da zu sein.«
»Melton ist niemals da, wenn ich ihn brauche. Das ist Ehrensache für ihn.«
Honoria stutzte. »Warum läßt du dir das bieten?«
Devil hob die Schultern. »Er ist alt.«
»Nur deswegen? Weil er alt ist?«
»Nein.«
Verblüfft sah Honoria, wie seine strengen Züge weich wurden, nicht übermäßig, aber doch erkennbar.
»Melton hat mich auf mein erstes Pony gesetzt, er hat mich sozusagen reiten gelehrt. Sein ganzes Leben hat er auf dem Familiensitz zugebracht, und er versteht mehr von Pferden als irgendein anderer – sogar mehr als Demon. Ich konnte ihn nicht einfach auf die Straße setzen. Sein Schwiegersohn, Hersey, ist zum Glück ein vernünftiger Mensch. Er ist mein zweiter Stallmeister und macht im Grunde die ganze Arbeit allein.
Abgesehen von Sonderaufträgen – und der Betreuung Suliemans – besteht Meltons Arbeitsplatz nur auf dem Papier.«
»Aber er ist nie zur Stelle, wenn du Sulieman in den Stall bringst.«
»Auch nicht, wenn ich ihn herausführe. Wie gesagt, das ist Ehrensache für Melton.« Devil verzog belustigt den Mund. »Nur damit ich nicht alles vergesse, was ich von ihm gelernt habe. Seiner Meinung nach bin ich nicht von der Pflege meines Pferdes freigestellt, nur weil ich Herzog bin.«
Honoria hüstelte, gab dann aber auf und lachte hemmungslos. Devil warf ihr einen vernichtenden Blick zu und fuhr weiter.
Sie wischte sich noch immer die Augen und kämpfte gegen neuerliche Lachanfälle, als Devil schließlich die Pferde zügelte. Er lenkte die Tiere auf einen schmalen Weg, dann auf eine ausgedehnte Grasfläche und hielt an.
»Schau nur – das nördliche Cambridgeshire.«
Es war kaum zu übersehen – die Gegend breitete sich vor ihr aus, ein in Grün und Gold gewebter Teppich, gesäumt von den dunkleren Tönen der Wälder und Hecken.
»Dort drüben«, erklärte Devil, »siehst du die Dächer von Chatteris. Und jetzt ist es Zeit fürs Mittagessen.«
»Mittagessen?« Honoria fuhr zu ihm herum, doch er war bereits vom Wagen gesprungen. Im nächsten Moment hörte sie ihn im Gepäckfach rumoren. Als er wieder auftauchte, hielt er in der einen Hand eine Decke, in der anderen einen Picknickkorb.
»Hier.« Er warf ihr die Decke zu. In einer reinen Reflexbewegung fing Honoria sie auf. Ihr stockte der Atem, als Devil den freien Arm um ihre Taille schlang und sie vom Wagen hob. Mit unverhohlener Gier lächelte er sie an. »Laß uns ein geeignetes Plätzchen für die Decke suchen.«
Honoria funkelte ihn an, sprachlos, da ihr das Herz im Halse klopfte. Sie hatte kaum die Kraft, sich von ihm loszureißen. So entschlossen, wie ihre plötzlich schlotternden Gliedmaßen es zuließen, stapfte sie über den Rasen, breitete die Decke aus und marschierte zurück zum Wagen, um den vergessenen Sonnenschirm zu holen.
Als sie zurück zur Decke kam, legte der Imbiß, den Devil inzwischen ausgepackt hatte – zwei Weingläser, Champagner, eingehüllt in eine weiße Leinenserviette, und Delikatessen, die den Gaumen einer Dame wohl zu
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