In den Armen des Eroberers
kitzeln vermochten – sehr beredt Zeugnis über sein Vorhaben ab. »Das alles war genau geplant.«
Devil, der es sich bereits auf der Decke gemütlich gemacht hatte, zog die Brauen hoch. »Natürlich – was denn sonst?«
Er erhaschte ihre Hand und zog zärtlich daran, so daß Honoria nichts anderes übrigblieb, als sich anmutig ebenfalls auf die Decke sinken zu lassen. Sie achtete darauf, daß der Picknickkorb sie von ihm trennte. »Du wußtest doch nicht einmal, daß ich dich begleiten würde.«
Seine Antwort war ein Blick, so herablassend, daß es ihr die Sprache verschlug.
Er grinste. »Hier.« Er griff in den Korb. »Bitte schön, eine Hähnchenkeule.«
Honoria holte tief Luft. Sie betrachtete das Hühnerbein, dessen Knochenende säuberlich mit einer Serviette umwickelt war, griff zu und biß hinein.
Zu ihrer Erleichterung versuchte Devil nicht, ein Gespräch in Gang zu bringen. Sie sah ihn verstohlen an. Er hatte sich auf der Decke ausgestreckt, lag auf einen Ellbogen gestützt da und arbeitete sich zielstrebig durch den Inhalt des Korbes. Honoria nahm einen großen Schluck Champagner – und überlegte, wie sie ihn und sich am besten ablenken konnte.
»Warum«, fragte sie schließlich, »ist Tolly über St. Ives gekommen und nicht über Cambridge? Wenn er dich unbedingt sprechen mußte, hätte er doch die kürzere Strecke wählen können.«
Devil zuckte mit den Schultern. »Wir alle reisen immer über St. Ives.«
»Aus naheliegenden Gründen?«
Er grinste. »Natürlich fühlen wir uns der Stadt eng verbunden.« Er blickte Honoria in die Augen. »Schließlich hat einer unserer Vorfahren die Brückenkapelle erbaut.«
Die Kapelle, die sie hatte besichtigen wollen. Mit keinem Wort hatte sie nach ihr gefragt. Honoria räusperte sich. »Als Buße wahrscheinlich.«
»Das ist anzunehmen.« Devil schlürfte seinen Champagner.
Honoria wandte sich wieder ihren Überlegungen zu. »Wann ist Charles auf dem Familiensitz eingetroffen?«
»Ich weiß es nicht – Vane sagte, er wäre bei seiner Ankunft, spät am Abend, kurz bevor das Unwetter losbrach, schon dagewesen.«
Honoria runzelte die Stirn. »Wenn Charles Tolly von London aus gefolgt ist, warum sind wir ihm dann nicht auf jener Straße begegnet?«
»Charles nimmt gewöhnlich einen anderen Weg.«
»Ich dachte, alle Cynsters reisen über St. Ives?«
»Alle außer Charles.« Devil richtete sich zum Sitzen auf und fing an, den Korb wieder einzuräumen. Er sah Honoria an und griff nach ihrem Glas. In einem Zug trank er es aus. »Charles gehört im Grunde nicht zu uns, falls du das noch nicht bemerkt haben solltest.«
»Ja, er scheint …« Honoria stützte sich mit einem Arm ab und vollführte mit dem anderen eine vage Bewegung. »… Er ist wohl von einem ganz anderen Schlag.«
Devil hob die Schultern. »Dem Aussehen und dem Wesen nach kommt er auf seine Mutter. Von einem Cynster hat er so gut wie gar nichts.«
»Hm.« Honoria lehnte sich bequemer zurück. »Wann ist seine Mutter gestorben?«
»Vor ungefähr zwanzig Jahren.«
»Dann hat dein Onkel fast sofort danach wieder geheiratet?«
Devil hatte den Korb zugedeckt und streckte sich nun lang aus, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, die Augen geschlossen. Doch unter den gesenkten Lidern hervor beobachtete er Honoria. »Onkel Arthurs erste Ehe war eine Katastrophe. Almira Butterworth schaffte, was vorher in der Familiengeschichte niemals vorgekommen war. Sie zwang einen Cynster zur Ehe, was ihr allerdings wenig eingebracht hat. Nach zwölf Jahren der Ehehölle starb sie an Schwindsucht. Knapp ein Jahr später heiratete Arthur Louise.«
»Wie war dann also Charles, der gar kein richtiger Cynster ist, zum Familiensitz gekommen? Ist er gefahren?«
»Er fährt nicht – frag mich nicht, warum. Er kommt stets über Cambridge, mietet sich dort ein Pferd und nimmt dann den Weg über die Hauptstraße. Er hat einmal geäußert, ein Herr käme immer zum Haupteingang herein, nicht durch die Hintertür.«
Charles, so dachte Honoria, war offenbar genauso unerträglich, wie sie ihn empfunden hatte. »Er kann also nichts beobachtet haben?«
»Er sagt, er wäre keiner Menschenseele begegnet.«
Honoria überlegte angestrengt, fand jedoch keinen Aufhänger für weitere Fragen. In der Sonne war es angenehm warm. Ihr Sonnenschirm lag geschlossen neben ihr im Gras. Sie hätte ihn aufspannen sollen, fühlte sich aber zu träge. Sie war durchdrungen von einem köstlich warmen, friedlichen Gefühl und wollte den
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