In den Armen des Eroberers
Wünschen beugte.
Die kühle Abendluft drang durch ihre Kleidung; sie fröstelte.
Devil hielt sie am Arm fest. »Wir sollten wieder ins Haus gehen.«
Honoria drehte sich halb um – und sah sich ihm gegenüber. Seine Miene wurde hart, er neigte sich ihr zu. Mit einem erstickten Schrei wich sie zurück – und spürte die Balustrade im Rücken. Er stützte links und rechts von ihr die Hände gegen einen steinernen Pfeiler und hielt sie so gefangen.
Atemlos, mit klopfendem Herzen sah sie ihm in die Augen. »Du hast versprochen, nicht zu beißen.«
Sein Gesichtsausdruck wurde ernst. »Ich habe dich nicht gebissen – noch nicht.« Er forschte in ihren Augen. »Nachdem du so erfrischend offen warst, will ich genauso mit dir verfahren – damit wir uns richtig verstehen.« Er ließ ihren Blick nicht los, und Honoria spürte die übermächtige Kraft seines Willens. »Ich werde nicht zulassen, daß du vergißt, wer du bist und was deine Bestimmung ist. Ich werde nicht zulassen, daß du dich in eine vertrocknete Gouvernante verwandelst oder in eine Exzentrikerin, die dem ton Zündstoff liefert.«
Honoria sah ihn fassungslos an.
Devil ließ nicht locker. »Du bist dazu geboren und erzogen, einen Platz an der Spitze der Gesellschaft einzunehmen – dieser Platz wird dir jetzt geboten. Du hast drei Monate Zeit, dich mit der Wirklichkeit anzufreunden. Glaub nicht, daß du davor weglaufen kannst.«
Blaß, innerlich bebend, riß Honoria ihren Blick von dem seinen los. Sie drehte sich um und zerrte an seinem Ärmel.
Devil stieß sich von der Balustrade ab, straffte sich und gab ihr den Fluchtweg frei. Honoria zögerte, drehte sich dann aber, mit genauso versteinerter Miene wie er, zu ihm um und sah ihm in die Augen. »Du hast kein Recht, darüber zu bestimmen, wie mein Leben beschaffen sein soll.«
»Ich habe jedes Recht.« Devils Züge wurden nicht weicher, sein Blick war erbarmungslos. »Du wirst das sein, was deine Bestimmung ist – nämlich meine Frau.«
Die Betonung, die er diesem Wort beimaß, traf Honoria bis ins Mark. Kaum fähig zu atmen, lief sie hocherhobenen Hauptes, mit raschelnden Röcken zurück in den Salon.
10
Drei Tage später stand Devil am Fenster der Bibliothek und schaute gedankenverloren zum Sommerhaus hinüber. Hinter ihm auf dem Schreibtisch stapelten sich aufgeschlagene Geschäftsbücher und Stöße von Briefen, die auf ihre Beantwortung warteten. Es gab noch Unmengen für ihn zu erledigen.
Von Tollys Mörder fehlte immer noch jede Spur, und eine so einfache Angelegenheit wie die Brautwerbung erwies sich als erstaunlich kompliziert. Letzere war entschieden lästiger als die erstgenannte – Devil war sicher, daß er Tollys Mörder früher oder später stellen würde. Auch in seiner Überzeugung, daß Honoria seine Frau werden würde, ließ er sich nicht erschüttern – allerdings war er nicht mehr so heiter-zuversichtlich im Hinblick auf den Zustand, in dem er sich am Tag der Hochzeit befinden würde.
Sie trieb ihn zum Wahnsinn. Welcher Teufel hatte ihn nur geritten, als er im Mondschein auf der Terrasse seine Absichten so nachdrücklich kundgetan hatte? Es war reiner Irrwitz gewesen, sich dermaßen tyrannisch zu zeigen – und doch spürte er jetzt schon beim bloßen Gedanken an Honoria denselben Drang, sie zu erobern, sie zu packen und für immer festzuhalten.
Zum Glück hatten ihr Starrsinn, ihr Trotz und ihr unüberwindlicher Stolz ihr verboten, auf seine überhebliche Erklärung hin die Flucht zu ergreifen. Sie hatte Michael allein abreisen lassen. Jetzt hielt sie ihn, Devil, hochnäsig und mit kühler Höflichkeit auf Distanz.
Nachdem er über ihre Vergangenheit unterrichtet war, riet ihm sein gesunder Menschenverstand, zumindest noch einmal gründlich nachzudenken. Doch der gesunde Menschenverstand hatte keine Chance gegen seine tief verwurzelte Überzeugung, daß Honoria ihm gehörte. Wenn es um sie ging, fühlte er sich wie einer seiner Eroberer-Vorfahren, der ein heißbegehrtes Objekt belagerte. Angesichts der inzwischen gewonnen Einsichten wäre ihre Kapitulation ein doppelt hoch zu bewertender Sieg.
Immerhin konnte sie später nicht behaupten, er hätte sie nicht gewarnt.
Seine Augen, immer noch auf das Sommerhaus gerichtet, blitzten auf, er griff nach der Klinke der Fenstertüren.
Honoria sah ihn kommen, mitten in der Bewegung hielt sie inne, um dann jedoch ungerührt in ihrer Stickarbeit fortzufahren. Zwei Stufen auf einmal nehmend, lief Devil die Treppe hinauf. Da hob
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