In den Armen des Feindes
Gelegenheit, die Dinge richtig zu stellen.
Wo, um Himmels willen, konnte sie nur sein? Hatte sie den letzten einer Reihe von Plänen verwirklicht und sich endgültig von ihm befreit? Doch kaum tauchte der Gedanke in seinem Kopf auf, verwarf Malcolm ihn auch schon wieder. Tief in seinem Herzen wusste er, dass sie ihn nicht verlassen würde – nicht jetzt, wo es sehr gut möglich war, dass sie sein Kind unter dem Herzen trug. Und erst recht nicht, wo ihre Leute sie brauchten. Sie war eine Frau, die ihre Pflicht kannte.
Pflicht?
Das Wort versetzte ihm einen Stich. Bei Gott, er wollte mehr für sie sein als nur eine Pflicht. Mit plötzlicher Klarheit verstand er ihren Zorn über seinen kläglichen Versuch, ihr einen Heiratsantrag zu machen. Kein Wunder, dass sie davongestürmt war, um ihre Beherrschung wiederzuerlangen.
Wenn sie allerdings nicht für immer fortgegangen war, dann gab es nur noch eine Erklärung für ihr Verschwinden …
Furcht packte ihn, als ihm klar wurde, was das bedeutete – es war ihr etwas zugestoßen, nachdem sie ihn verlassen hatte. Und er war nur mit seinem eigenen Ärger beschäftigt gewesen. Geblendet durch die Vergangenheit, hatte er nicht gesehen, was vor seinen Augen geschah.
Liebe.
Malcolm verfluchte die Zeit, die er gebraucht hatte, um all das richtig zu verstehen. Jetzt konnte er nur noch hoffen, dass er nicht zu spät kam. Blitzschnell rannte er durch den nördlichen Turm zurück nach draußen. Er rief seine Brüder zu sich, damit sie umgehend die Suche nach Rosalind beginnen könnten. Wenn es sein musste, würden sie ihr durch ganz England und Schottland folgen. Und der Wahlspruch der McNairs – Zuerst die Familie – spielte in diesem Fall nur eine kleine Rolle für Ian und Jamie: Die englische Braut ihres Bruders hatte ihre Herzen bereits gewonnen, so sicher, wie sie Malcolms eigenes erobert hatte.
Er hoffte nur, dass er noch die Gelegenheit haben würde, ihr das zu sagen.
Rosalind erwachte von einem nicht enden wollenden schmerzhaften Rütteln. Sie hob den Kopf ein wenig an. Im selben Augenblick ergriff sie Übelkeit, und der jähe Schmerz, der ihr den Blick trübte, brachte ihr gleichzeitig die Erinnerung zurück. Der Streit mit Malcolm. Ihr Gang in den Garten, wo sie niedergeschlagen worden war …
"Bewegt Euch nicht", flüsterte ihr eine Frauenstimme schroff ins Ohr. "Dann tut es nicht so weh."
Verwirrt hielt Rosalind sich so still, wie es das andauernde Rütteln erlaubte. Langsam wurde ihr klar, dass das fortwährende Stoßen von den galoppierenden Hufen eines Pferdes kam und dass sie irgendwie am Sattel, hinter einem warmen Körper, festgebunden war.
Ein weiblicher Körper mit einer vertraut klingenden Stimme.
"Wer seid Ihr?" Sie konnte sich nicht vorstellen, welche Frau die Kraft haben sollte, sie niederzuschlagen und dann über ein Pferd zu legen.
"Schscht!", erwiderte die ungeduldige Stimme. "Ich bin Moira. Wir reiten als Gregorys Gefangene zum Lager des schottischen Königs."
Plötzlich schien Rosalinds Welt nur mehr aus dem dumpfen Schlag ihres Herzens zu bestehen.
Wie, um Gottes willen, hatte Gregory die Mauern von Beaumont durchbrechen können, die jetzt fester standen denn je? Malcolm selbst hatte doch den Bau der Verteidigungsanlagen überwacht. Jetzt konnte sie auch den Hufschlag anderer Pferde unterscheiden. Mindestens fünf Männer schienen dicht neben dem Pferd zu reiten, das sie sich mit der Dienerin teilte.
"Bist du auch eine Gefangene?" Rosalind verstand nicht, wie die einzige Verbündete, die Gregory auf Beaumont hatte, zu seiner Gefangenen werden konnte.
"Ich war gegen seinen Plan, Euch zu entführen."
Bevor Rosalind noch mehr Fragen stellen konnte, erklang eine männliche Stimme hinter ihr. "Deine Geisel scheint erwacht zu sein, Evandale."
Weiter vorne stieß ein Mann einen Pfiff aus, und die Pferde wurden langsamer.
Rosalind dachte bei sich, dass es wohl sinnlos wäre, so zu tun, als sei sie immer noch bewusstlos, und hob vorsichtig den Kopf, um zum ersten Mal einen Blick auf ihre Umgebung zu werfen.
"Stimmt." Von der Spitze der kleinen Gruppe her, die aus sieben Pferden bestand, näherte sich ihr Gregory. Einige der anderen Gesichter kamen ihr wegen ihres kurzen Ausflugs nach Burg Baliwick bekannt vor. Die anderen waren Fremde, doch sie sahen genauso verkommen aus. "Wir sind unterwegs, um große Taten zu vollbringen und bei den Schotten einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Ich bin überaus erfreut, dass du munter genug
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