In den Armen des Freibeuters: Erst wies sie ihn ab - doch dann entflammte seine Leidenschaft ihr Herz (German Edition)
gefälligst auch dortbleiben.« Da war er gut aufgehoben – etliche tausend Meilen und viele Reisemonate von Boston und Jessica entfernt. Aber Harding als Bote für irgendwelche Leute? Der Mann war vielseitig. Mit ihm würde er sich jedoch später befassen, für den Moment war Jessica wesentlich interessanter.
Er hatte sich so gestellt, dass hinter Jessica nur die blanke Wand war, kein Spiegel und keine Kerzen, die Jessicas Kleid durchsichtig machten und zu viel von ihren Formen preisgaben, deren Anblick – wenn es nach ihm gegangen wäre – ihm allein vorbehalten sein sollte. Jacks Blick begann wie von selbst von Jessicas Lippen zu ihrem Dekolleté zu wandern, glitt über den hochgebundenen Busen, verweilte einige Momente darauf und streifte dann über die Taille, ihre Schenkel, die sich zuvor so deutlich unter dem leichten Stoff abgezeichnet hatten. Ähnlich bekleidet war sie als Kind einmal aus dem Bett gesprungen, um ihn bei seiner Heimkehr zu begrüßen. Allerdings hatte sie damals kein Ballkleid getragen, sondern ein Nachthemd.
Ein Bild stieg in ihm hoch – eine äußerst animierende Vorstellung: die erwachsene Jessica mit und ohne Nachthemd in seinem Schlafzimmer. Wenn er sie so betrachtete, so ließ das Kleid – vom rechten Blickwinkel aus gesehen – ohnehin nicht viel Spielraum für Vermutungen, wie sie ganz ohne aussah.
»Gefällt es dir nicht?«, sprach sie ihn, offenbar völlig entnervt, plötzlich an.
Jack riss augenblicklich seinen Blick von ihrem Dekolleté los. »Was?«
»Das Kleid! Du schaust es ständig von oben bis unten an!«
Eine heiße Röte stieg Jack ins Gesicht. Er hatte nicht unbedingt das Kleid angesehen, sondern sich eher reichlich intensiv mit dem Darunter beschäftigt. »Es ist reizend«, gab er zurückhaltend zu, »aber hoffentlich wird dir nicht zu kühl damit.« Jack zuckte mit den Schultern, als er Jessicas halb gekränkten, halb erstaunten Blick sah. »Vielleicht wäre es als Nachthemd besser geeignet als für so einen Abend.«
»Als Nachthemd?!« Jessica riss die Augen auf.
»Es ist durchscheinend, wenn du vor den Kerzenleuchtern stehst.«
»Ist es nicht!«, erwiderte sie empört. Die animierte Röte ihrer Wangen zog sich nun über den Hals hinab, und Jack brauchte seine ganze Selbstbeherrschung, um sie nicht bis zum Ansatz ihrer Brüste zu verfolgen.
»O doch«, erwiderte er überlegen, um im nächsten Moment, als er Jessicas zusammengepresste Lippen und die funkelnden Augen sah, abwehrend die Hände zu heben. »Tut mir leid, Jessie. Ich wollte nicht nörgeln. Es ist nur …«
»Ah ja, Captain O’Connor.« Farnsworth tauchte neben ihnen auf. »Es tut mir leid, Sie stören zu müssen, aber die anderen Gentlemen sind bereit. Sie entschuldigen uns doch, Miss Jessica?«
»Nun, ich …« Jack sah besorgt, wie sich Jessicas Gesicht verschloss. Es war schon schlimm genug, dass Harding hier auftauchte und Ärger machte, da musste er nicht auch noch mit Jessica eines Kleides wegen streiten oder sie kränken. Das Kleid war ja auch reizend und sie darin umwerfend. Er musste das klarstellen, bevor Farnsworth ihn wegschleppte, und Jessica vielleicht den Rest des Abends auf ihn böse war.
»Jessie, das Kleid ist …«
Sie hob die Hand. »Schon gut. Geh zu deiner Besprechung, und lass dich bloß nicht länger von mir und meiner Garderobe aufhalten.«
Jessica wandte sich Vanessa zu, die ebenfalls herangekommen war. Ihre Freundin hängte sich bei ihr ein, und Jessica sah beleidigt hinter Jack her, der sich mit einem unglücklichen Lächeln von ihr verabschiedet hatte. Nachthemd! Und dabei war allein Jack der Grund gewesen, weshalb sie an diesem Abend besonders hübsch und verführerisch hatte aussehen wollen. Sie hatte sich sogar die Mühe gemacht, ihr Haar über Nacht aufzuwickeln, und war den ganzen Tag mit einem Kopftuch und den Papilloten herumgelaufen, um die Locken erst am Abend zu frisieren. Ihr dichtes Haar war so schwer, dass diese künstliche Pracht meist nicht lange hielt.
Und wofür der ganze Aufwand? Für eine unglaublich dumme Bemerkung seinerseits!
Vanessa neigte sich ihr etwas zu. »Sieht Jack nicht großartig aus? Den Anzug habe ich ihm geschickt.«
»Hm. Ja.«
Vanessa blickte aufmerksam in Jessicas verärgertes Gesicht. »Was war denn?«
Jessica blieb vor einem Spiegel stehen, der von der Decke bis zum Boden reichte und in dem der Saal samt den vielen Kerzen zu sehen war. Sie musterte sich aus zusammengekniffenen Augen. »Er hat gesagt, es
Weitere Kostenlose Bücher