In den Armen des Freibeuters: Erst wies sie ihn ab - doch dann entflammte seine Leidenschaft ihr Herz (German Edition)
der Sloop verschwendete, sondern nur daran dachte, in diesem Inferno zu überleben.
In diesem Moment kippte der Vormast. Er fiel nach Steuerbord, stürzte ins Wasser und zog die Segel mit. Das Schiff neigte sich zur Seite. Zwei Männer sprangen hinüber und schlugen mit Beilen auf die Taue ein, die das Segel hielten. Das Schiffneigte sich weiter. Vom Achterdeck hörte er Flüche.
Den beiden Männern gelang es, das Schiff aus dem Sog zu befreien, der die durchtränkten Segel unter Wasser ziehen wollte. Einer der beiden rannte zurück und an Jack vorbei, der sich aufbäumte und ihm die abgebrochene Messerklinge ins Bein stach. Der Mann stürzte, Jack verpasste ihm einen Fausthieb und entrang ihm das Beil.
Einige harte Schläge auf die Ketten, dann hatte er sie los. Die Manschetten waren immer noch um seine Fußgelenke genietet, aber er konnte immerhin die Beine frei bewegen. Mehr brauchte er nicht, um sich über Wasser zu halten und Land zu gewinnen. Der Mann, den er angegriffen hatte, hatte sich inzwischen herumgewälzt und aufgerichtet. Er hielt eine Pistole in der Hand. Jack schleuderte das Beil, das tief zwischen Schulter und Hals in den Körper seines Gegners eindrang. Dessen Brüllen ging während einer nochmaligen Salve der feindlichen Fregatte unter.
Jetzt war der Moment gekommen. Jack lief geduckt über das Deck, sprang über Mastteile, Spieren, Wanten, Tote und Sterbende. Dann hatte er die Reling erreicht und hechtete darüber. Sekundenlang war er in der Luft. Hinter ihm hörte er noch Musketen- und Pistolenschüsse, und dann tauchte er ins Wasser ein.
Als er wieder an die Oberfläche kam, rang er heftig nach Atem und versuchte, sich zu orientieren. Jetzt, vom Wasser aus gesehen, war das Land endlos weit entfernt. Aber er musste es schaffen. Er hatte Jessica gesagt, er würde sogar schwimmen, um zu ihr zurückzukehren. Das konnte er jetzt beweisen, auch wenn er es damals wahrhaftig nicht so wörtlich gemeint hatte.
»Madam, da ist ein … Mann, der Sie sprechen will.«
»Ein Mann?« Normalerweise waren die Angestellten dazu angehalten, Vanessas Besucher höflicher anzumelden. Das Mädchen war gerade erst drei Wochen hier, und Darnberry hatte vermutlich versäumt, es entsprechend einzuweisen. Vanessa hatte ihr früheres Dienstmädchen Alberta und Jessica mitgegeben. Peggy war ein verlässliches, kerniges Geschöpf, das nichts so leicht umwarf, nicht einmal ein starker Sturm. Eine gehörige Portion Abenteuerlust hatte sie veranlasst, Vanessas Vorschlag mit Begeisterung aufzunehmen. Jessica und Alberta brauchten eine vertrauenswürdige Frau, die sich um sie kümmerte.
»Ja, Ma’m. Ein Mann. Er will unbedingt …«
»Vielleicht lassen Sie mich doch kurz ein persönliches Wort mit Mrs. McRawley sprechen«, hörte Vanessa jetzt eine heisere, aber durchaus autoritäre Stimme. Das Mädchen trat zur Seite, und dann stand ein Mensch in der Tür, der Vanessa einen Ausruf des Schreckens abrang. Seine Kleidung war schmutzig und zerfetzt, ein mehrwöchiger, ungepflegter Bart zierte – oder vielmehr verunzierte – sein Gesicht, und das dunkelbraune Haar hing ihm strähnig bis auf die Schultern.
Und trotzdem sprang sie auf und fiel ihm um den Hals.
»Ich bin nicht sehr sauber«, krächzte Jack.
Vanessa lachte und weinte zugleich. »Nicht sehr sauber? Mein Liebling, du stinkst wie eine ganze Ziegenherde.« Sie küsste ihn dennoch auf die Wange, dann wandte sie sich an das staunende Mädchen. »Sorgen Sie dafür, dass sofort eines der Gästezimmer für Mr. O’Connor hergerichtet wird.«
»Ich kann aber auch …«
»Kommt überhaupt nicht in Frage!«, unterband Vanessa energisch jede Widerrede. »Und ein heißes Bad! Darnberry soll frische Kleidung bereitlegen und«, fügte sie nach einem kritischen Blick auf Jack hinzu, »ein sehr scharfes Rasiermesser. Entlausen könnte vielleicht auch nicht schaden. Die Kleidung verbrennen wir am besten gleich.«
Jack protestierte lachend, als sie ihn in die Halle und die Treppe hinaufschob. »Ich hatte es zuerst in der Wohnung versucht, aber es war niemand mehr in den Geschäftsräumen, der einen Schlüssel hatte. Und dann habe ich bei Martin geklopft, aber der scheint ausgegangen zu sein.«
Vanessa zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde. »Martin ist verreist.«
»Verreist?« Jack blieb auf dem ersten Treppenabsatz stehen. »Ist er etwa ohne mich nach Ostindien gefahren?«
»Ja …«, Vanessa klang unbehaglich. »Aber das erkläre ich dir später. Jetzt
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