In den Armen des Freibeuters: Erst wies sie ihn ab - doch dann entflammte seine Leidenschaft ihr Herz (German Edition)
Impuls war gewesen, bei Jessica aufzutauchen, er hatte sich dann jedoch entschlossen, ihr erst unter die Augen zu kommen, wenn er wieder halbwegs menschlich aussah, um sie mit seinem Aussehen weder zu erschrecken noch abzu stoßen. Aber nun, da es ihm besserging, war es an der Zeit, sie aufzusuchen. Zweifellos hatte sie sich nicht weniger Sorgen gemacht als Vanessa, und er wollte ihre Angst um ihn bald mit seinen Küssen zerstreuen. Der Gedanke an sie, der Wunsch, sie so schnell wie möglich wiederzusehen, hatte ihn die vergangenen Wochen angetrieben. Jessica schien immer bei ihm gewesen zu sein, Tag und Nacht, hatte ihm Kraft gegeben durchzuhalten, als er an Land geschwommen war und als er sich auf den endlosen Weg die Küste entlang gemacht hatte, um Boston zu erreichen. Er hatte auch Glück gehabt. Einmal hatte ihn ein Fischerboot mitgenommen, dann wieder war er hinten auf einem Karren mitgefahren, hatte dem Mann dafür beim Aufladen und Abladen geholfen und noch Essen dazu bekommen.
Er wusste noch nicht, wie er die Nachricht, dass Martin bereits abgereist war, aufnehmen sollte. Einerseits hatte er nun die Möglichkeit, sich rauszuhalten, alles zu vergessen und bei Jessica zu bleiben. Aber andererseits hätte er einen Freund im Stich gelassen.
Aber vorerst war Jessie wesentlich wichtiger als alles andere. Er wollte sie halten, sie küssen und dabei die vergangenen Wochen vergessen.
In seine Überlegungen hinein sagte Vanessa etwas, das ihn abrupt aus seinen Träumen riss. »Jessica ist nicht in Boston.«
Jack versuchte gleichmütig zu wirken, auch wenn die Enttäuschung ihm die Kehle zuschnürte. »Besucht sie ihre Verwandten in Hartford?« Das tat sie zweimal im Jahr, und er wusste, dass sie es für diese Zeit geplant gehabt hatte. Allerdings traf es ihn, dass sie ausgerechnet dann wegfuhr, wenn alle anderen auf der Suche nach ihm waren.
»Nein.« Vanessas plötzlich so verlegenes, sorgenvolles Gesicht ließ ihn sich hastig vorbeugen und nach ihrem Arm fassen.
»Ist etwas passiert? Geht es ihr nicht gut?«
Vanessa hob die Hände. »Es geht ihr gut. Zumindest nehme ich das an. Jedenfalls ist es ihr gutgegangen, als sie abgereist ist.«
»Und wohin ist sie nun gereist?«
Vanessa räusperte sich. »Nach Kalkutta.«
Jacks Gehirn war leer. Es begann nur ganz langsam und fast widerwillig zu arbeiten, gerade so viel, dass er tonlos fragen konnte: »Jessica ist nach Kalkutta abgereist? Das kann nicht Ihr Ernst sein.«
Vanessa sprach weiter, aber Jack hörte nur Bruchteile der Sätze. Der Name Charles Daugherty fiel. Jener Mann, von dem Jessica gesprochen hatte. Jacks Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. Er hatte das Gefühl, den guten Braten wieder ausspucken zu wollen.
Vanessa erzählte nervös von der Einladung, von ihrem Vetter, der dort lebte, und davon, dass auch Alberta mitgereist war.
Endlich hob Jack die Hand und unterbrach Vanessa. Er war überrascht, dass er nicht zitterte. »Moment. Damit ich das auch wirklich richtig verstehe. Ich werde niedergeschlagen, entführt, beinahe getötet, saufe fast ab, und Jessica reist seelenruhig zu diesem Charles Dingsda?«
Vanessa sah ihn gequält an. »Sie konnte ja nicht wissen, was mit dir passiert ist. Hat sie dir nie etwas von Charles erzählt?«
»Doch.« Und das hätte er verflucht ernst nehmen sollen. Aber er hatte sich ihrer nach dieser Nacht sicher gefühlt. Die Tatsache, dass dieser Verbrecher Jessica dazu gebracht hatte, Jack nach allem, was vorgefallen war, zu verlassen, war so ungeheuerlich, dass es im Moment jedes Gefühl betäubte. Er wusste noch nicht, was er später spüren würde. Zorn, Kränkung, Eifersucht. Mordlust. Alles zusammen vermutlich. Aber im Moment war er noch zu rationalem Handeln fähig und in der Lage, Fragen zu stellen. »Und das hat ihr Vater zugelassen?«, knurrte er. »Und Sie? Wussten Sie von diesem Mann?«
»Gewiss. Ich habe ihn hier getroffen. Mehrmals. Es war offen sicht lich, dass er Jessica den Hof machte. Und dann hat er ihr eben geschrieben.«
»Unbegreiflich, dass man den Kerl hier überhaupt ins Land gelassen hat. Man hätte ihm nicht einmal erlauben sollen, auch nur von Bord seines Schiffes zu gehen. Und Jessica hat nichts anderes zu tun, als kaum, dass ich weg bin, mit fliegenden Fahnen zu ihm zu rennen!« Sein Körper begann wieder zu arbeiten, und die Gefühle wurden wach. Sein Magen revoltierte, und sein Herz schlug hart und schmerzhaft. Kaum zu bändigender Zorn stieg in ihm hoch.
»Bist du jetzt
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