In den Armen des Highlanders
seidenen Bändern?
Allmächtiger, gib mir die Kraft, die ich brauche, um meinen Eid zu halten. Oder schick mir einen Erzengel, der mich tötet, bevor ich meine und ihre Ehre unheilbar verletze ...
Nein, niemals würde er dem Beispiel seines Vaters folgen und sein Wort brechen. Niemals!
Während er diesen edlen Vorsatz fasste, wandte sich Emily zu ihm und sah ihn an, die Augen voller romantischer Gefühle.
Draven blinzelte und lenkte seinen Blick hastig auf den Minnesänger. Auf irgendetwas musste er sich konzentrieren. Nur nicht auf sie.
Entschlossen lauschte er der Ballade über einen sarazenischen Krieger und eine normannische Prinzessin. Die jammervolle Liebesgeschichte eines Mannes, der sich für seine Angebetete erniedrigte, drehte ihm den Magen um.
Wenigstens wusste er, dass er sich nie im Leben wegen einer Frau zum Narren machen würde. Allein schon die Vorstellung - ein erwachsener Mann wanderte nackt in die Festung seiner Feinde, um seine Liebe zu beweisen ...
Wie lächerlich.
Widerwärtig.
Als der Minnesänger seine Darbietung beendete, seufzte Emily tief auf. »Was für eine wunderbare Geschichte! Die hat mir schon immer am allerbesten gefallen, seit ich ein kleines Mädchen war und ein Spielmann diese Ballade in der Halle meines Vaters gesungen hat.«
»Was für ein Dummkopf, der sich aus Liebe dermaßen demütigt!«, konterte Draven verächtlich. »Kein vernünftiger Krieger würde seinen Feinden nackt in die Arme laufen.«
»Aber Accusain liebte Laurette«, argumentierte sie. »Das wollte er ihr mit seiner Heldentat beweisen.«
Spöttisch kräuselte er die Lippen. »Solche haarsträubenden Fantasien überlasse ich Milchgesichtern wie dem Minnesänger da drüben. Kein Mann, der diese Bezeichnung verdient, würde sich dermaßen albern verhalten.«
»Vielleicht nicht.« Emily lehnte ihre Schulter an seinen Arm und gab ihm einen ganz sanften Stups. »Aber jede Frau träumt von solchen Geschichten. Da bin ich keine Ausnahme ...«
Draven weigerte sich, sie anzuschauen. Sonst wäre er ihrem Charme womöglich restlos verfallen. »Nun, dann glaube ich, Männer und Frauen haben viel gemein.«
»Wieso?«
»Jeder Mann, den ich kenne, träumt von einer Frau, die nackt in sein Schloss läuft und sich ihm an die Brust wirft.«
Dunkle Röte stieg auf ihre Wangen, und er merkte, dass sie schockiert war. Warum hatte er so etwas gesagt? Er verstand es nicht. Noch nie war er in der Gesellschaft einer Dame so vulgär gewesen.
Zu seiner Verblüffung lachte sie auf. »Sir, Ihr seid wirklich lasterhaft!«, warf sie ihm vor.
Unglücklicherweise nicht so lasterhaft, wie er’s gern sein wollte ... Wie genüsslich würde er ihr eine völlig neue Bedeutung des Wortes »lasterhaft« beibringen - und des Wortes »Sinnesfreuden« ...
Insbesondere, weil er dank ihrer Reize gerade neue Bedeutungen der Begriffe »maßlos erregt«, »verzweifelt« und »Verlangen« kennen lernte ...
Der Minnesänger säuselte noch zwei weitere ebenso schreckliche Lieder, bevor er eine Pause einlegte. Ehe Draven auch nur zu blinzeln vermochte, erhob sich Emily, zerrte an seinem Ärmel und drängte ihn, ebenfalls aufzustehen.
Als er ihren Wunsch erfüllte, spürte er einen heftigen Schmerz in seinem steifen Knie und verzog die Lippen. Dass er zusammengezuckt war, wusste er nicht, bis er Emilys sorgenvollem Blick begegnete. Ihre sichtliche Bestürzung überraschte ihn.
»Wobei wurde Euer Bein verletzt?«, fragte sie.
Aus einem ersten Impuls heraus wollte er sie mit einer lapidaren Antwort abspeisen. Doch ehe er sich eine ausdenken konnte, platzte er mit der Wahrheit heraus. »In meiner Jugend wurde ich von einem Pferd überrannt.«
Weitere Einzelheiten verriet er ihr nicht. Sein Vater hatte im Sattel gesessen. Und es war kein Unfall gewesen, sondern ein offenkundiger Versuch, Simon zu ermorden.
Erschrocken hielt Emily den Atem an. »Was für ein Glück, dass Ihr nicht lahm geworden seid!«
Draven drückte das kranke Knie durch. Allmählich verebbte der Schmerz. »Das verdanke ich einzig und allein meinem eisernen Willen.«
»Es muss doch furchtbar wehgetan haben.«
Draven gab darauf keine Antwort.
ln diesem Moment hörten sie den Schrei eines Kindes. »Mama?«
Emily spähte an Draven vorbei. Ehe er auch nur ahnte, was sie vorhatte, bahnte sie sich einen Weg durch die Menschenmenge und eilte zu einem kleinen Mädchen, das ein paar Schritte entfernt stand.
Mitfühlend kniete sie nieder und strich dem Kind über den Kopf.
Nach
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