In den Armen des Highlanders
tanzen«, erbot sich Simon und neigte sich über seinen Bruder hinweg zu ihr.
Trotz der heißen Eifersucht, die Draven verspürte, sagte er nichts. Stattdessen konzentrierte er sich darauf, Emily das Essen vorzulegen. Dann beobachtete er, wie anmutig sie ihre Mahlzeit verspeiste. Als sie nach dem Kelch griff, den sie miteinander teilten, streiften ihre Lippen dieselbe Stelle, die zuvor die seinen berührt hatten. Der Anblick beschleunigte seinen Herzschlag, denn die Geste wirkte fast so intim wie ein Kuss.
»Schmeckt es Euch nicht?«, fragte sie mit gedämpfter Stimme, nachdem sie festgestellt hatte, dass er kaum einen Bissen zu sich nahm.
»Doch, es ist ganz ausgezeichnet.«
»Warum esst Ihr dann so wenig?«
»Weil ich nicht hungrig bin.«
»Wisst Ihr, Sir - bisher habe ich Euch immer so wenig essen sehen, dass es nicht einmal eine Biene sättigen würde. Wie seid Ihr so groß und stark geworden, obwohl Ihr Euch nur von Luft ernährt?«
»Dafür sorgt Simon«, erwiderte er trocken, »er stopft genug für uns beide in sich hinein.«
Lachend musterte Emily das Schneidebrett seines jüngeren Bruders, auf dem sich mehrere Hühnerschenkel, Fasanenbrüste, gebratene Apfel und Lauchstangen häuften.
»Was ist los?«, fragte Simon, als er Emilys Interesse bemerkte.
»Oh, sie bewundert nur deine Völlerei«, erklärte Dra ven.
Simon schluckte einen gewaltigen Bissen hinunter. Dann ergriff er seinen Weinkelch. »Gutes Essen, angenehme Musik, schöne Frauen - mehr brauche ich nicht, um glücklich zu sein. Ich hoffe nur, dass auch du eines Tages diese Kombination ausprobieren wirst.«
ln seinem Sessel zurückgelehnt weigerte sich Draven, die Herausforderung anzunehmen, was ganz und gar nicht zu ihm passte.
Doch im Augenblick fühlte er sich einfach nicht in der richtigen Stimmung und wollte ganz einfach in Ruhe gelassen werden.
Nur Emilys Gegenwart an seiner Seite tröstete ihn. Hingerissen schaute er ihr zu, wie sie in ein Hühnerbein biss und dann den Fleischsaft von ihren rosigen Lippen leckte. Da wandelte sich das Wohlgefühl, das er eben noch in ihrer Nähe empfunden hatte, in grausame Folter.
Natürlich wäre es unhöflich, die Halle zu verlassen. Das wusste er.
Trotzdem ...
Du hast schon Schlimmeres erduldet.
Wirklich? Draven erinnerte sich an keine Schlacht, die sein Blut so sehr erhitzt hätte wie Emilys Nähe.
Eine halbe Ewigkeit schien zu verstreichen, bevor die Musiker gerufen wurden und die Leute von den Tischen aufstanden. Blitzschnell griff Simon nach Emilys Hand und führte sie zur Tanzfläche am anderen Ende der Halle.
Von heftigem Neid gepeinigt, schaute Draven den beiden zu. Ein paar Sekunden lang wünschte er sich sogar, er hätte sich damals nicht vor das Pferd seines Vaters geworfen ...
Und dann schämte er sich dieses niederträchtigen Gedankens. Zweifellos war Simons Leben das steife Bein wert, das sich sein älterer Bruder bei der Rettungsaktion eingehandelt hatte.
Draven wünschte nur, er könnte wenigstens ein einziges Mal in seinem Leben tanzen.
Seufzend erhob er sich von der Tafel, floh aus der Halle und stieg zu den Zinnen hinauf, um Trost im nächtlichen Dunkel zu suchen.
Sobald Emily ihn zur Tür eilen sah, beendete sie den Tanz. Auf seinem Gesicht schien ein Schatten gelegen zu haben, als würde ihn das fröhliche Fest deprimieren.
»Wohin geht er?«, fragte sie besorgt.
Simon wandte sich in die Richtung ihres Blicks. »Wahrscheinlich zu den Zinnen.«
»Warum?«
»Das tut er, seit ich denken kann. In den meisten Nächten wandert er den Wehrgang entlang.«
Verständnislos zog sie die Brauen hoch. »Aus welchem Grund?«
Simon bedeutete ihr, ihm zu folgen, und führte sie in eine ruhige Ecke der Halle. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie nicht belauscht wurden, begann er zu sprechen. »Was ich Euch jetzt erzähle, dürft Ihr niemandem verraten, Lady Emily. Das müsst Ihr schwören.«
»Aye, ich schwöre es.«
Eine Zeit lang schwieg er, als versuchte er seine Gedanken zu ordnen. Trauer und Wehmut verdüsterten seine Miene. »Was für eine Kindheit Draven erlebt hat, das könnt Ihr Euch gar nicht vorstellen. Sein Vater hatte sich keinen eigenständig handelnden Sohn gewünscht, sondern einen Erben, der seine eigenen Anschauungen restlos verkörpern sollte. Deshalb sollte Draven ausschließlich zum Krieger ausgebildet werden, nicht zu einem vollständigen Menschen. Und so hat Harold of Ravenswood sein Bestes getan, um Dravens menschliche Seite
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