In den Armen des Meeres
Entsetzen bemerkt haben sollte, so ließ er sich nichts davon anmerken. »Und keine Angst. Ich werde mich beherrschen. Ich werde nicht wieder an deine Tür kommen.«
Ihr Entsetzen war grenzenlos.
Kapitel 15
Erschüttert kehrte Elysse in ihr Schlafzimmer zurück und schloss die Tür. Dort stand sie, reglos, und starrte die Wand an, ohne etwas zu sehen. Was soll ich jetzt tun?
Trauer stieg in ihr auf und drohte sie zu ersticken. Die vergangene Nacht hatte Alexi nichts bedeutet. Nichts hatte sich geändert. Er machte ihr Vorwürfe wegen der Vergangenheit, hielt sie für Londons erfolgreichste Verführerin, und er liebte sie überhaupt nicht. Und doch hatte alles sich geändert, denn sie liebte ihn. Sie hatte nie aufgehört, ihn zu lieben, das wusste sie jetzt.
Sie hatte so vieles überlebt – William Montgomerys Tod, von Alexi verlassen zu werden und sechs Jahre übelsten Klatsch. Wie aber sollte sie jetzt seine Gleichgültigkeit überleben?
Er wollte einen Waffenstillstand.
Keine echte Ehe voll von Liebe und Leidenschaft, sondern Frieden.
Aber sie wollte, dass Alexi ihr Geliebter war, ihr Ehemann und ihr bester Freund. Sie wollte ein Leben voll von Liebe und Leidenschaft, keinen verdammten Frieden.
Draußen vor der Tür hörte sie Schritte. Schnell wischte sie sich das nasse Gesicht ab, lief zur Tür und öffnete sie. Alexi war schon den Korridor hinuntergegangen. Er war für einen Besuch in der Stadt gekleidet.
»Wohin gehst du?« Sie hörte, wie hoch und schrill ihre Stimme klang.
Er zögerte, blieb stehen und drehte sich um. Seine Miene war noch immer ausdruckslos. »Ich gehe aus, Elysse. Wenn ich früher als geplant nach China aufbrechen will, dann gibt es noch vieles, um das ich mich kümmern muss. Den größten Teil des Tages bis in den frühen Abend hinein werde ich bei Windsong Shipping verbringen.«
Entschuldigte er sich gerade dafür, dass er nicht nach Hause kam?
»Ich werde auch das Abendessen auswärts einnehmen«, fügte er hinzu. »Wenn du vorhast, heute Abend zu Hause zu bleiben, dann warte nicht auf mich.«
Sie hatte keine Ahnung, was für diesen Abend auf ihrem Kalender stand. Sie starrte Alexi nur an und fragte sich, ob ihr Gesicht irgendetwas von ihrer Anspannung verriet.
»Ich wünsche dir einen schönen Tag«, sagte er höflich, drehte sich um und ging die Treppe hinunter.
Wie in Trance ging Elysse zurück in ihr Schlafzimmer und schloss die Tür. Dann ließ sie sich auf den nächsten Stuhl sinken. Irgendwie gelang es ihr, die Tränen zurückzuhalten, aber sie zitterte heftig. Nachdem es ihr um ein Haar gelungen war, seine Liebe zu erringen, empfand sie nun den Schmerz einfach als unerträglich. Sie war fest davon überzeugt, jetzt nicht länger so tun zu können, als wäre sie eine liebende Ehefrau, wo sie doch genau das in Wirklichkeit sein wollte. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was sie tun sollte.
»Sie haben eine Besucherin, Mrs de Warenne.«
Mehrere Tage waren vergangen, seit Alexi mit ihr geschlafen und danach diese Nacht als unbedeutend abgetan hatte. Ihr Kummer lauerte gefährlich dicht unter der Oberfläche. Am ersten Tag war sie im Haus geblieben, unfähig auszugehen. Dann hatte sie die Fassade erneut errichtet, war Einladungen zu Mittag- und Abendessen gefolgt und sogar zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung gegangen. Es war ihr schwergefallen, mit Freunden und Bekannten zu plaudern, pausenlos zu lächeln und die richtigen Antworten zu geben. Mehrere Ladies hatten sie gefragt, ob sie krank sei. Mit heiterer Miene hatte sie verneint. Alles sei in Ordnung, sie habe nur eine leichte Erkältung.
Mehrmals hatte sie Alexi gesehen, aber nur im Vorbeigehen, innerhalb des Hauses. Sie sprachen nicht miteinander, aber er nickte ihr stets zu. Er war höflich, aber seine Miene blieb ausdruckslos.
Doch sie interessierte sich nicht für Einladungen zum Essen oder zum Tee, für Dinnerpartys und Wohltätigkeitsveranstaltungen. Sie interessierte sich auch nicht für Gäste. Jetzt sah sie von ihrem kleinen Schreibtisch auf, der in dem hübschen Salon stand, von dem aus der Blick in den Garten ging. Sie hatte einen Brief von ihrem Bruder Jack gelesen, der noch immer in der Wildnis Amerikas unterwegs war, auf der Suche nach Abenteuern und vielleicht auch einem Vermögen. »Ich empfange heute nicht, Reginald.«
»Es ist Lady St. Xavier«, erwiderte er.
Wenn sie Ariella sah, würde der Ring, den sie um ihr Herz gelegt hatte, zweifellos brechen. »Können Sie ihr nicht sagen, dass
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