In Den Armen Des Normannen
dachte.
»Wulfric, warum hast du es so eilig, dir eine neue Frau zu nehmen? Du willst doch sicher gern deine Freiheit noch eine Weile länger auskosten, oder?«, fragte er.
»Das war das beste Geschäft, das ich je gemacht habe, Junge. Athelstan wird immer älter, schon bald wird Godstone mir gehören«, meinte Wulfric und hämmerte den Zapfen in ein weiteres Fass.
Aedward war schrecklich wütend. »Du heiratest Lillyth wegen des Reichtums ihres Vaters?«
»Ich heirate Lillyth, weil dies die einzige Möglichkeit ist, sie zu bekommen. Ich würde sie sogar heiraten, wenn sie eine Bäuerin wäre. Ich will sie haben - und ich werde sie haben. So einfach ist das!«
Aedwards Hoffnung erstarb.
3
Bis zum Samstag, dem dreißigsten September, dauerte es Wulfric viel zu lange, während für Lillyth die Zeit viel zu schnell verging. Die kleine Kirche war mit spät blühenden weißen Astern geschmückt. Zwar war die Kirche sehr klein, da sie zwischen der Wassermühle und der Schmiede eingezwängt lag, doch das Altartuch war aus herrlichem Stoff mit roten und goldenen Fäden gewebt. In der Mitte des Altars stand ein großes goldenes Kreuz, das von einem geschickten Juwelier mit kostbaren Edelsteinen geschmückt worden war. Große Kerzenleuchter aus Silber standen zu beiden Seiten des Kreuzes, und in einem goldenen Becher, der mit herrlichen Edelsteinen besetzt war, wurde der Wein aufbewahrt.
Es hatte einen plötzlichen Regenguss gegeben, der kurz vor acht Uhr jedoch zu Ende war, eine blasse Sonne kam durch die Wolken, und der Morgen war kühl. Um neun Uhr waren beide Familien in der Kirche. Es war eine kleine Gruppe, bestehend aus Lillyth, ihrer Mutter und ihrem Vater und Wulfric und seiner Mutter, Lady Hilda. Aedward stand neben Wulfric, und Lillyth hatte Edyth neben sich, die eine Kusine zweiten Grades war.
Lillyth trug ein schneeweißes Wams und eine weiße Tunika aus Samt, die kunstvoll mit Perlen bestickt war. Das Haar trug eine Braut nur zu diesem einzigen Zeitpunkt in der Öffentlichkeit unbedeckt, an dem sie heiratete. Lillyths Haar fiel ihr bis zu den Knien und wurde von einem Ring aus Perlen gehalten. Das Paar kniete vor dem Priester, und Lillyths Finger waren eisig kalt, als sie ihre Hand in die von Wulfric legte. Im Gegensatz dazu schwitzten seine Hände sehr. Als die Mischung aus Kerzenwachs und Weihrauch in Lillyths Nase stieg, hüllte eine Woge aus Übelkeit sie ein.
Der Priester begann: »Willst du, Lillyth von Godstone, Wulfric von Oxstead ...«
Ihre Antwort war deutlich, leise, kontrolliert. Er stotterte bei seinen Antworten, dennoch wurden sie wirklich verheiratet, und ein schwerer Ring wurde an Lillyths Finger geschoben. Wulfric küsste die Braut, und es gelang ihr sogar, ein wenig zu lächeln. Anstatt der Tränen, die sie erwartet hatte, hatte eine Benommenheit von ihr Besitz ergriffen, es schien ihr so, als würde sie neben sich selbst stehen und sich beobachten. Ihrem Ehemann erschien sie abwesend und zurückweisender als je zuvor.
Als die kleine Gruppe die Kirche verließ, mussten sie Spießruten laufen, das heißt, sie mussten zwischen einer langen Reihe von Wulfrics Rittern auf der linken Seite des Weges und denen von Athelstan auf der rechten Seite hindurchgehen. Alle Menschen aus Godstone und sogar einige aus Oxstead warteten auf sie. Die jungen Mädchen warfen Blütenblätter, und der Braut wurde eine Garbe Ähren gereicht, damit sie fruchtbar wäre.
Die Leibeigenen feierten ihr eigenes Fest draußen im Freien, und es gab riesige Feuer, über denen Schafe geröstet wurden. Tische waren um den Hof herum aufgestellt worden, und Fässer mit Bier wurden herbeigebracht. Schon bald sangen und tanzten die Bauern, und die Kinder und Hunde waren so aufgeregt, dass ein ohrenbetäubender Lärm in der Luft lag. Die Jugendlichen machten akrobatische Kunststücke, und einer oder zwei von ihnen verstanden es, zu jonglieren. Schon bald wurde in einer Ecke des Hofes ein Hahnenkampf abgehalten, und es wurde hoch gewettet.
Als Lillyth an dem Ort dieses grausamen Sports vorbeigehen wollte, umfasste Wulfric ihr Handgelenk mit einem eisenharten Griff, und sie war gezwungen, den beiden schwarzen Hähnen zuzusehen, die einander die Augen auspickten, ehe man ihr erlaubte, die Halle zu betreten.
Edgar und May fühlten sich sicherer als seit vielen Monaten. Nach der Ernte hatten sie ihre Rationen an Lebensmitteln erhalten, die sie durch den Winter bringen würden. Edgar hatte die Säcke Mehl, die er aus der
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