In Den Armen Des Normannen
unternehmen. Es tut mir Leid, dass ich nicht schon früher daran gedacht habe, meine Liebste.« Traurig sah sie ihre Tochter an. »Es tut mir so Leid. Es sind eine ganze Menge Dinge, die ich zu spät bedacht habe.«
Als Hilda mit ihrer Zofe Norah in Godstone ankam, war Lady Alison erschrocken über ihr Aussehen. Sie nahm Norah schnell beiseite. »Sie sieht sehr krank aus. Glaubt Ihr, Ihr könntet sie dazu bringen, sofort ins Bett zu gehen? Sie wird ihre Kraft in den kommenden Tagen brauchen. Genau wie wir alle auch.«
»Ich denke, sie wird froh sein, sich ins Bett legen zu können, Lady Alison. Es ging ihr den ganzen Weg über schlecht«, antwortete Norah.
Mit munterer Stimme wandte sich Alison an Hilda. »Komm, Hilda, dein Zimmer ist bereit, ich habe gerade noch ein warmes Feuer für dich anzünden lassen. Ich möchte, dass du dich ausruhst. Ich werde eine Weile bei dir bleiben, dann können wir uns ein wenig unterhalten. Du kannst mir sagen, was dir so sehr zu schaffen macht.«
»Es ist der Krieg, Alison! Er hat mir meinen Ehemann genommen, als ich noch ein junges Mädchen war, und jetzt wird er mir die Söhne nehmen. Er ist ein gieriges Monster, das sich niemals zufrieden gibt. Ich werde meine Söhne nicht mehr lebend wiedersehen!«, jammerte sie.
»Was für ein Unsinn!« Alison lachte und zeigte eine Zuversicht, die sie gar nicht fühlte. »Eindringlinge haben schon seit Hunderten von Jahren versucht, unser geliebtes England einzunehmen, bis jetzt ist es ihnen nicht gelungen. Unsere angelsächsische Armee ist unvergleichlich, unbesiegbar! Sie haben die Norweger zurückgeschlagen, haben sie vollkommen aufgerieben, und jetzt sind sie unterwegs, um die Normannen zurückzuschlagen. Aber genug jetzt von den Männern, sie können sich um sich selbst kümmern.« Sie wechselte das Thema. »Erzähl mir von dir. Hast du dich in letzter Zeit schlecht gefühlt, Hilda?«
Sie halfen ihr ins Bett. Norah zog die Decke über die ältere Frau und brachte ihr einen Becher mit Met.
»Nun ja, ich habe einen eigenartigen Traum gehabt«, erklärte diese erschöpft. »Es ist ein immer wiederkehrender Traum, dass ich einen Splitter in meiner Brust habe. Er war so wirklich, dass ich mich sorgfältig untersucht habe, und auch wenn ich kein Anzeichen eines Splitters gefunden habe, so kann ich doch einen Knoten fühlen, fürchte ich.«
Eine eisige Furcht ergriff Lady Alison, doch schnell sagte sie: »Wenn du mich einmal nachsehen lässt, Hilda, ich bin sicher, es ist eines dieser Phänomene, die man schlüpfrige Maus nennt. Wir alle haben so etwas von Zeit zu Zeit. Das ist nur ein wenig Knorpel, der sich bewegt, und er wird auch ganz von selbst wie durch ein Wunder wieder verschwinden.«
Als Alisons Finger den Tumor ertasteten, bestätigte sich ihre größte Furcht, aber sie beruhigte Hilda: »Ja, es ist genauso, wie ich es vermutet habe, eine schlüpfrige Maus!«
»Das ist eine große Erleichterung, Alison«, meinte die ältere Frau und schloss die Augen.
»Norah, komm mit in meine Vorratskammer, und ich werde dir einen beruhigenden Sirup geben, mit dem Hilda schlafen kann.«
Auf dem Weg zur Vorratskammer warnte Lady Alison Norah: »Ich fürchte, die Krankheit, die Lady Hilda hat, ist sehr unangenehm. Sie hat Schmerzen, aber sie versucht, es sich nicht anmerken zu lassen. Sehr bald wird das aber ganz unmöglich sein. Glücklicherweise habe ich weißen Mohn in meinem Garten. Wenn die Blütenblätter abfallen, wie sie es zu dieser Jahreszeit tun, dann bleibt eine Samenkapsel zuruck, die so groß wie eine Orange ist. Diese Samenkapseln sind mit einer bitteren Milch gefüllt, wenn man diese mit Honig und Wasser in einen Sirup mischt, dann verschwindet der Schmerz wie durch ein Wunder, und der Sirup bringt einen gesegneten Schlaf. Ich muss dich warnen, eine halbe Unze ist genug für einen Erwachsenen. Du darfst ihr niemals eine größere Dosis geben, ganz gleich, wie sehr sie dich auch darum bittet.«
»Wird es sie heilen?«, fragte Norah voller Hoffnung.
»Ich fürchte nicht.«
»Ich verstehe«, meinte Norah resigniert.
Die normannischen Eindringlinge, es waren insgesamt zwischen fünftausend und siebentausend, waren an der Küste von England gelandet. William, Herzog der Normandie, hatte in weiser Voraussicht Pferde mitgebracht, damit seine Armee reiten konnte. William inspizierte gerade die behelfsmäßigen Gebäude, die seine Zimmerleute als Unterkünfte gebaut hatten, als zwei seiner Pfadfinder in schnellstem Galopp
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