In Den Armen Des Schicksals
über ihre Wange. „Sie sind ganz voller Erde.“
Die Berührung war so sanft, dass sie am liebsten die Augen geschlossen hätte. „Das passiert eben, wenn man sich auf dem Boden wälzt.“
Er ließ seine Hand sinken. „Sind Sie verletzt?“
„Das ist schon okay. Wie geht es Ihrem Kopf?“
„Sitzt noch auf meinen Schultern, dank Ihnen.“
„Dank mir?“
„Aye. Er hätte mich mit dem Stein bewusstlos geschlagen, wenn Sie ihn nicht bei seinem … wenn Sie nicht etwas unternommen hätten.“
„Damit hätte ich also Ihren Gefallen von heute Morgen erwidert.“
„Kommen Sie, bringen wir Sie nach Hause.“
„Nein.“ Sie hielt ihn am Arm zurück. „Ich will Flora nicht zu Tode erschrecken. Erst muss ich irgendwohin, wo ich mich wieder herrichten kann.“
Er musterte sie. „Gute Idee. Ich bringe Sie zum Hotel zurück.“
„Ich brauche jetzt wirklich kein Bier mehr, und ich habe auch nicht unbedingt Lust, mir die Kommentare anzuhören.“
„Nein, nach oben in Duncans Wohnung. Vielleicht ist Mara noch wach. In besseren Händen können Sie nicht sein.“
„Mara?“
„Duncans Lady.“
„Ich wette, sie wird sich riesig freuen, mich kennenzulernen.“
„Das wird sie.“
Sie lächelte, weil sie seine Bemerkung als Kompliment auffasste. „Ich habe mich noch nicht bedankt, oder?“
„Das brauchen Sie auch nicht.“
„Wieso sind Sie eigentlich hier entlanggefahren?“
„Weil ich nach Ihnen gesucht habe.“
Wärme stieg in ihr auf und erfüllte sie mit einem wohligen Gefühl. „Wirklich?“
„Ich sah Fletcher direkt nach Ihnen gehen. Ich wollte nur sicherstellen, dass mit Ihnen alles in Ordnung ist.“
„Also halten Sie ihn doch für gefährlich.“
Einen Moment lang antwortete er nicht, dann hob er an: „Jeremy Fletcher hat es darauf angelegt, alles an sich zu reißen, was mir gehört.“
„Ich gehöre Ihnen nicht, Iain.“
„Seien Sie froh darüber, Billie.“ Seine Augen blickten sie leer an. „Seien Sie endlos froh darüber.“
5. KAPITEL
M ara war eine Frau, die man auf Anhieb hassen konnte. Ihr Haar sah aus wie die silbernen Strahlen des Mondes, und ihre Augen waren von der hellen frischen Farbe des Frühlings. Ihr Gesicht war fein geschnitten, und sie bewegte sich mit geradezu ätherischer weiblicher Grazie. Billie wollte sie hassen. Wirklich.
Es war ihr völlig unmöglich.
„Ich denke, Sie sollten vielleicht nicht ganz so fest schrubben.“ Mara stand hinter Billie und sah sie im Spiegel an. „Die Haut auf der Wange ist abgeschürft, und da bildet sich auch schon ein Bluterguss. Soll ich das für Sie machen?“
Gehorsam überreichte Billie Mara den Waschlappen.
„Setzen Sie sich ins Licht“, sagte Mara. „Ich werde vorsichtig sein.“
Duncans Apartment war geräumig und gemütlich und ganz anders eingerichtet als der Rest des Inns. Kein Stuck, keine viktorianischen Rüschen, nur gerade Linien und hier und da Werke moderner Kunst. So etwas würde man eher in Kalifornien erwarten als in Schottland.
Kinderspielzeug lag auf dem Boden verstreut, ein Plüschseehund neben dem Sofabein. Unter dem Fernsehtisch waren bunte Bilderbücher gestapelt.
Duncan hatte eine Tochter, das hatte Billie als Erstes erfahren. Sie hieß April, war sieben Jahre alt und war nicht Maras leibliche Tochter, aber wurde offensichtlich so sehr von Mara geliebt, als wäre sie es. Billie hatte sie allerdings noch nicht kennengelernt. Dafür hatte sie bereits Bekanntschaft mit Primrose gemacht, ganz augenscheinlich ein Bruder von Hollyhock und ebenso tapsig.
Billie setzte sich und schloss die Augen. Die Arme baumelten an den Seiten herunter, und schon spürte sie eine lange nasse Zunge an ihren Fingern. Sie lenkte den Blick zu Boden und sah Primrose neben sich sitzen. „Wo sind eigentlich Duncan und Iain?“
„Sie wollten Eis holen. Ich vermute, sie haben im Pub Halt gemacht, um Iains Kopfschmerzen mit einem kräftigen Schluck zu vertreiben.“
„Ich bin Iains schlimmster Kopfschmerz. Lassen Sie mich aus dem Bild verschwinden, und er fühlt sich wieder so gut wie neu.“
„Da gibt es sicherlich einige im Dorf, die glauben, ich könnte das.“
„Was? Mich verschwinden lassen?“
„Nun, mir eilt ein gewisser Ruf voraus.“
„Was für ein Ruf denn?“
„Ach, ein bisschen hiervon, ein bisschen davon.“ Mara lächelte. „Sind Sie so weit?“
Billie hatte inzwischen begriffen, dass heute nicht der Tag war, an dem sie Antworten auf Fragen erhalten würde, also schloss sie wieder die
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