In Den Armen Des Schicksals
Widerwort umdrehen werde, wenn es zu schlimm wird. Oh bitte, es wäre so schön, da oben hinaufzusteigen.“
Der einzige Ausdruck in seinen Augen war der der Resignation. Jäh wurde ihr klar, dass sie zu sehr gedrängt hatte, doch bevor sie noch ihre Bitte zurückziehen konnte, ging Iain schon auf den Turm zu. „Dann komm, bringen wir es hinter uns.“
Sie folgte ihm und wusste nicht, wie sie sich entschuldigen sollte. Sie hatte das sichere Gefühl, dass alles, was sie jetzt sagte, es nur schlimmer machen würde. Iain wartete bei der Tür. „Du gehst vor“, sagte er. „Da sind Griffmulden in der Wand. Halte dich auf jeden Fall fest und achte darauf, wohin du trittst. Es ist ziemlich eng da drinnen. Ich bin direkt hinter dir.“
Ihr war nicht klar gewesen, wie eng. Sie sah die Wendeltreppe hinauf, die sich scheinbar endlos nach oben wand. Einen Moment lang war sie nicht sicher, ob sie es schaffen würde. Ihre Abneigung gegen enge Räume griff wie eine eiskalte Hand nach ihrer Kehle und raubte ihr die Luft.
„Keiner zwingt uns, da hinaufzusteigen. Du wolltest es ja unbedingt“, sagte er dicht hinter ihr.
Mehr brauchte sie nicht als Herausforderung. „Ich gehe ja schon. Mal sehen, ob du mit meinem Tempo mithalten kannst.“ Sie stellte den Fuß auf die erste Stufe, dann den anderen auf die zweite. Sicher, es gab in die Wand eingelassene Mulden, doch Tausende von Händen hatten hier schon zugegriffen und den Stein glatt und rund geschliffen, sodass er keinen wirklichen Halt mehr bot. Ihr einziger Trost war, dass keine Spur von Eis auf den Stufen lag.
Während sie Stufe um Stufe erklomm, zwang sie sich, ihre Gedanken auf andere Dinge zu lenken. Was genau würde sie in ihren nächsten Bericht an das Fakultätskomitee schreiben, das sie bei ihrer Doktorarbeit betreute? Wen konnte sie im Dorf nach dem Geist fragen, der die Ansässigen vor heranziehenden Gefahren warnte? Und warum war sie dabei, sich in einen Mann zu verlieben, der mehr Geheimnisse hatte als die CIA?
Die letzte Frage lenkte sie so ab, dass sie prompt ausrutschte. Starke Arme ergriffen sie von hinten und stützten sie. „Es ist nicht mehr so weit. Die Hälfte haben wir schon geschafft“, versicherte Iain.
Sie spürte die Wärme seiner Arme an ihren Hüften und seine Handflächen an ihrem Po. „Das heißt dann wohl, es würde genauso lange dauern, wieder umzukehren, wie weiter nach oben zu steigen.“
„Du hast doch keine Angst, oder? Tut mir leid, wenn ich dich beunruhigt habe. Die Stufen scheinen in Ordnung zu sein.“
Sie hatte keineswegs die Absicht, ihm den Grund zu eröffnen, weshalb sie fast gestolpert wäre. Und noch weniger hatte sie vor, weiterhin in seiner warmen Umarmung stehen zu bleiben. „Alles in Ordnung, doch, mir geht’s gut. In engen Räumen bekomme ich nur manchmal ein mulmiges Gefühl, das ist alles. Seit ich mit meinen Brüdern als Kind Verstecken gespielt habe und in einem Bewässerungsrohr feststeckte. Sie haben eine volle Stunde gebraucht, um mich da wieder herauszuziehen.“
Sie begann, die Stufen zu zählen, und sagte sich vor, dass sie mit jeder weiteren der frischen Luft und dem offenen Himmel näher kam. Ihre zitternden Knie und die feuchten Hände ignorierte sie und beschleunigte den Schritt. Und sie bemühte sich verzweifelt, den Mann hinter sich zu vergessen, der ihr inzwischen schon viel zu viel bedeutete.
Als ihr kalte Luft entgegenschlug, wusste sie, dass sie oben angekommen war. Sonnenschein fiel durch die Öffnung, und schon trat sie hinaus in den schönsten Wintertag. Der Himmel war klar und strahlend blau wie im Sommer. Zur einen Seite des Rundgangs, der die Türme miteinander verband, schimmerte Loch Ceo wie eine polierte Silbermünze, zur anderen stand ein schmaler Waldstreifen in dunklem Grün am Rande der Moorlandschaft, die sich bis hinauf in die Berge zog.
„Das war es auf jeden Fall wert.“ Sie wartete, bis Iain neben ihr stand. „Es ist genauso schön, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ist es sicher, bis an den Rand zu gehen?“
„Hier ist alles sicher, außer natürlich die Stellen, wo die Mauern fehlen. Dem Rest vertraue ich mehr als allem, was heutzutage gebaut wird.“
Sie ging vom einen Ende des Rundgangs bis zum anderen. Der größte Teil der Wehranlage war intakt, einschließlich der Schießscharten für die geschickten mittelalterlichen Bogenschützen. Es gab ein paar Stellen, an denen der Stein zerbröckelt oder vielleicht auch abgetragen war, doch die mied sie achtsam
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