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In Den Armen Des Schicksals

In Den Armen Des Schicksals

Titel: In Den Armen Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
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schlafen.
    Am Fuße der Hügel, die in die Berge hinaufführten, blieb sie stehen, um diese Erkenntnis genauer zu überdenken. Dass sie und Iain nicht miteinander geschlafen hatten, lag nicht an ihrer Zurückhaltung. Am Weihnachtstag hätte sie sich ihm ohne zu zögern hingegeben. Nicht etwa, weil sie sich bedenkenlos hingab, sondern weil es ihr so richtig erschienen war. Iains Liebkosungen waren eine wunderbar neue Erfahrung gewesen und gleichzeitig so alt und unwandelbar wie die Zeit selbst.
    Ja, sie wusste genau, wie es sein würde. Fast konnte sie ihren Körper mit seinem verschmelzen spüren, konnte fühlen, wie seine Hände über ihre Haut strichen, fühlte die brennende Spur, die seine Lippen über ihre Brust zogen. Sie wusste, der Moment, in dem sie eins werden würden, wäre ein Moment solcher Vollkommenheit, dass sie sich von da an nie wieder ganz fühlen würde, wenn sie nicht in seiner Nähe war. Und das ausgerechnet ihr, der überzeugten – wenn auch nur der Theorie nach – Feministin.
    Sie war sich fast sicher, dass Iain sie liebte. In seinen Augen konnte sie Gefühle erkennen, die er nie in Worte fasste. Sie hatte die unmerkliche Reaktion gesehen, als sie ihn fragte, ob er sie liebe. Sie hatte gesehen, wie er sich gestählt hatte, um sie zu verletzen. Er machte sich zu viel aus ihr, er wollte ihr keine Schmerzen zufügen. Er war nicht der Mann, der sich rücksichtslos nahm, wonach ihm der Sinn stand, doch er war ein Mann, dem es leichtfiel, gleichzeitig einnehmend zu sein und Distanz zu wahren. Er würde Trost und Ablenkung bei einer Frau suchen, während er ihr gleichzeitig vermittelte, dass die Beziehung nichts als ein kurzfristiges Zwischenspiel bliebe.
    Solche Gedanken hegte er in Bezug auf sie nicht. Bei ihr befürchtete er, dass er sie nie wieder gehen lassen würde, wenn er mit ihr schlief.
    Vielleicht stimmte das sogar.
    Nur das Heulen des Windes war hier oben im Moor zu hören. Es klang wie das Klagen einer Frau, gepeinigt, durchdringend, herzzerreißend. Es zermürbte Billie. Zitternd rieb sie sich die Oberarme. Sie wusste, sie sollte umkehren, doch etwas rief sie zu sich.
    Christina war hier ums Leben gekommen. Es war ein kurzes und tragisches Leben gewesen, und doch hatte sie das volle Ausmaß von Ruaridhs Liebe erfahren. Billie beneidete Christina nicht, aber sie sehnte sich nach der Liebe, deren Stärke sich hier im Moor auf so grausame Weise bewiesen hatte. Von Anfang an hatten Christina und Ruaridh gewusst, wie gering die Chancen auf ein glückliches Leben waren, dennoch hatten sie sich für die Liebe und die Hoffnung entschieden, auch wenn es keine Aussicht auf einen guten Ausgang gegeben hatte.
    Iain dagegen hatte beides aufgegeben. Trotzdem bestand ebenso wenig Aussicht auf ein glückliches Ende. Für keinen von ihnen beiden.
    Billie begann den Anstieg, in der Dämmerung vorsichtig darauf achtend, welchen Schritt sie als nächsten tat. Vor ihr lag ein weiterer Hügel, und dahinter noch einer. Erhebung reihte sich an Erhebung, bis hinauf ins Vorgebirge. Sie wusste es eigentlich besser, dennoch trieb sie sich weiter an. Den nächsten Hügel würde sie noch erklimmen, dann würde sie umkehren und zu Maras Auto zurückgehen. Sie war jetzt noch nicht in der Lage, wieder zu Floras Cottage zurückzukehren, zurück zu Wärme und Frohsinn und Dorfklatsch. Die Moorlandschaft passte besser zu ihrer Stimmung, trotz bitterkaltem Wind und hereinbrechender Dunkelheit.
    Oder gerade deshalb.
    Sie konnte nicht sagen, wie lange sie schon gegangen war. Einmal stolperte sie auf dem unebenen Grund, und einmal blieb sie stehen und blickte zurück, nur um sich den Weg, den sie gekommen war, einzuprägen. Sie hatte das sich gesteckte Ziel fast erreicht, als sie abrupt stehen blieb.
    Ein Hügelgrab – ein Cairn, wie es die Schotten nannten – lag direkt vor ihr. Zu sehen war es erst, wenn man praktisch schon genau davorstand, weil die Steine überwachsen und von Flechten überwuchert waren. An diesem Steinhügel war nichts Zufälliges. Die Steine, wenn auch alle in verschiedenen Größen und Formen, waren in einem genauen Kreis angeordnet und auf eine ansehnliche Höhe aufgestapelt worden. Billie starrte auf das Cairn und erinnerte sich an einen weiteren Aberglauben, von dem Flora ihr erzählt hatte. Schon immer hatte es in Schottland strikte Regeln gegeben, wo ein Selbstmörder begraben werden durfte. Oftmals verwehrte man dem Toten die letzte Ruhe auf dem Kirchhof, und wenn er doch dort zur Ruhe

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